Friedrich Merz: Der Wüterich will auch mal präsidentiell

8 Tage vor

Friedrich Merz bestimmt in der Asylpolitik längst die Geschicke der Ampel mit. Bei der Generaldebatte im Bundestag überrascht der CDU-Chef mit einer neuen Strategie.

Friedrich Merz - Figure 1
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11. September 2024, 15:18 Uhr

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CDU-Chef Friedrich Merz im Bundestag nach seiner Rede © Kay Nietfeld/​dpa

Hinter kleinen Symbolen verstecken sich in der Politik manchmal große Wahrheiten. Die Rednerliste zur Generaldebatte im Bundestag für Mittwochmorgen zum Beispiel: Da steht nicht als Erstes der Oppositionsführer am Rednerpult, wie es eigentlich üblich wäre. Der Oppositionsführer führt nicht, er ist der Regierungstreiber.

CDU-Chef Friedrich Merz hat es erneut geschafft, der Ampel ein Asyl- und Sicherheitspaket abzutrotzen, für das die Bundesregierung andernfalls kaum die Kraft aufgebracht hätte. Ein Mann ohne Kabinettsposten bestimmt mit über die Geschicke der Bundesregierung. Es wirkte zuletzt phasenweise, als sei Merz fast da, wo er – das darf man unterstellen – immer hinwollte: im Kanzleramt.

Die Rolle auf der Oppositionsbank ist ihm offenbar zu klein geworden. Und so bricht Merz an diesem Morgen im Plenum mit einer Tradition: Normalerweise wäre es an ihm, die Aussprache über den Haushalt des Bundeskanzleramtes zu eröffnen – und der Regierungschef darf antworten. Stattdessen steht da Alexander Dobrindt als Erster hinter dem Rednerpult.

Die Strategie ist offensichtlich: Der Chef der CSU-Landesgruppe heizt der Regierung ein. Scholz muss als Zweiter ran. Und Merz will den Staatsmann spielen und antworten.

Dobrindt schimpft und wütet

Zumindest der erste Teil dieses Spiels geht auf. Dobrindt wütet, schimpft und fuchtelt. Das Land sei in einem "besorgniserregendem Zustand", die Regierung sei eine "Koalition des Abstiegs". Und direkt an Olaf Scholz gerichtet: "Sie haben einen Doppelwumms versprochen. Geliefert haben Sie eine Doppelnull."

Und dann, als Scholz ans Rednerpult tritt, wirkt es für einen kurzen Moment, als habe sich der Kanzler gefügt und längst kapituliert. Scholz’ Antwort beginnt dröge, graue Sätze purzeln ihm aus dem Mund aufs Manuskript. "Die AfD ist schlecht für unser Land, die AfD wird dafür sorgen, dass unser Land absteigt." Selten kam Antifaschismus müder daher. "Wir werden alles dafür tun, dass diese politische Formation wieder an Bedeutung verliert."

Scholz: "Sie haben sich in die Büsche geschlagen"

Bis doch noch ein Ruck durch den Kanzler fährt und Scholz zeigt, dass wenigstens etwas Leben in dieser Koalition steckt. Er greift Merz persönlich an, trifft ihn an dessen Schmerzpunkt, dem mangelnden Staatsernst. "Sie sind der Typ von Politiker, der glaubt, mit einem Interview in der Bild am Sonntag hätte er schon die Migrationsfrage gelöst." 

Scholz hat plötzlich Momentum, kritisiert, dass die Union die Asylgespräche am Dienstagabend ergebnislos verlassen hat: "Sie haben sich in die Büsche geschlagen. Das ist nicht gut für Deutschland." Dazu passt, dass der CDU-Chef gerade noch Dobrindt den Vortritt ließ und es sich im Plenum gemütlich macht – als wolle er erst mal ankommen in der Debatte. "Sie können es nicht", ruft der Kanzler unter dem Applaus seiner Fraktion Merz entgegen. Merz' Motto in der Migrationspolitik sei: "Sprüche klopfen, nichts hingekriegt".

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