Habeck-Vertraute gilt als Favoritin für den Grünen-Vorsitz
Berlin. Franziska Brantner spielt bei den Grünen eine bedeutende Rolle – bisher vor allem hinter den Kulissen. Das kann sich jetzt ändern.
Bei den Grünen sind Ricarda Lang und Omid Nouripour zurückgetreten, die Suche nach neuen Vorsitzenden läuft. In jeder Partei gibt es Leute, die in der zweiten Reihe stehen und der breiten Öffentlichkeit kaum bekannt sind – und dennoch beträchtlichen Einfluss ausüben. Sie sind erfahren und bestens vernetzt. Wenn wichtige Entscheidungen anstehen, kommt es auch auf ihr Wort an. Und sei es deshalb, weil sie mithelfen können, Mehrheiten zu organisieren.
In diese Kategorie gehört bei den Grünen die Heidelberger Bundestagsabgeordnete Franziska Brantner. Zumindest bislang – denn nun wirft die 45-Jährige offenbar ihren Hut für den Parteivorsitz in den Ring. Die Partei sucht ein neues Führungsduo. Laut Statuten muss mindestens eine Frau darunter sein. Gewählt wird Mitte November auf dem Parteitag in Wiesbaden.
Auch interessantAus der Partei ist zu hören, dass Brantner für einen der beiden Chefposten nahezu als gesetzt gelte. Aber wer bei den Grünen an die Spitze will, muss erst die oft streitlustige Partei überzeugen. Brantner ist eine Vertreterin des Realo-Flügels der Partei. Und sie ist eine enge Vertraute von Vizekanzler Robert Habeck. Dem Wirtschaftsminister dient sie auch als Parlamentarische Staatssekretärin.
Robert Habeck und Franziska Brantner im vertraulichen Gespräch im Bundestag. © DPA Images | Kay Nietfeld
In dieser Funktion ist sie für internationale Themen zuständig, unter anderem kümmert sie sich um Rohstoff-Partnerschaften mit anderen Ländern. Ihr Auftrag lautet etwa, Deutschlands Versorgung mit Lithium zu sichern, das für die Produktion von Batterien benötigt wird. Dass der Vizekanzler die extrem ehrgeizige Baden-Württembergerin als oberste Bodenschatz-Beauftragten des Landes um die Welt schickt, demonstriert das große Vertrauen, das Habeck in Brantner setzt.
Parteivorstand der Grünen tritt zurück
Franziska Brantner gilt als Arbeitstier, aber nicht unbedingt als TeamspielerinKann Habeck zu wichtigen Debatten im Bundestag nicht persönlich kommt, sitzt häufig Brantner in der ersten Reihe der Regierungsbank, direkt neben Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Habeck hatte seine Vertraute schon vor einiger Zeit auserkoren, für die Grünen den Wahlkampf 2025 zu managen – in den der Minister nach Lage der Dinge als Kanzlerkandidat ziehen wird.
Als Vertreterin des mitgliederstarken Landesverbands Baden-Württemberg verfügt die promovierte Politikwissenschaftlerin über eine starke Hausmacht in der Partei. Grünen-Insider verweisen allerdings darauf, dass sie nur bedingt als Teamspielerin gelte. Brantner ist als Arbeitstier bekannt: Ob es um Chinas Aufstieg zur globalen Supermacht, die innenpolitischen Ereignissen in anderen europäischen Ländern oder die Entwicklung der Europäischen Union geht, wer sich mit Brantner unterhält, trifft auf eine in vielen Bereichen bestens informierte Gesprächspartnerin.
Auch interessantIhre größte Leidenschaft ist die Europapolitik, insbesondere nach Frankreich ist die mehrsprachige Abgeordnete bestens verdrahtet. Brantner wurde in Lörrach geboren und wuchs direkt an der deutsch-französischen Grenze in Neuenburg am Rhein auf. Ihr Abitur machte sie am deutsch-französischen Gymnasium in Freiburg. Später studierte sie Politikwissenschaften in Paris und New York.
Hauptstadt Inside von Jörg Quoos, Chefredakteur der FUNKE ZentralredaktionHinter den Kulissen der Politik - meinungsstark, exklusiv, relevant.
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Bevor sie 2013 erstmals in den Deutschen Bundestag einzog, war sie EU-Abgeordnete in Straßburg und Brüssel. Sie hat eine gemeinsame Tochter mit dem Tübinger Oberbürgermeister und früheren Grünen-Politiker Boris Palmer. Allerdings sind die beiden schon seit vielen Jahren kein Paar mehr. Was ihr Privatleben angeht, hält Brantner sich bedeckt. Auf ihrer persönlichen Internetseite gibt sie anders als andere Politiker und Politikerinnen keine Informationen über ihre Familie oder Freizeitbeschäftigungen preis, auch Fotos aus Kinder- oder Jugendtagen sind dort nicht zu finden. Brantner ist Vollblutpolitikerin.
Ricarda Lang: „Es braucht neue Gesichter“Vielen Bürgerinnen und Bürgern dürfte sie trotz ihres prominenten Jobs im Ministerium für Wirtschaft und Klimaschutz bislang weitgehend unbekannt sein. „Es braucht neue Gesichter, um die Partei aus dieser Krise zu führen“, sagte die scheidende Parteivorsitzende Lang, als sie gemeinsam mit Nouripour ihren Rücktritt erkläre. Eines der Gesichter könnte das von Franziska Brantner sein.
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