"Ka Jausengegner" - Österreich trotz Niederlage stolz

18 Jun 2024
Frankreich Österreich

analyse

Unglückliches 0:1 gegen Frankreich "Ka Jausengegner" - Österreich trotz Niederlage stolz

Stand: 18.06.2024 08:10 Uhr

Österreich hat am Montagabend (17.06.2024) beim 0:1 gegen Frankreich viel richtig gemacht und war trotz der Niederlage zu Recht stolz. An den entscheidenden Dingen haperte es aber - Team Austria schwankte anschließend zwischen Selbstkritik und Zufriedenheit.

Wie die Mannschaft von Ralf Rangnick den großen Turnierfavoriten bearbeiten wollte, war sehr schnell erkennbar gewesen. In erster Linie: körperlich.

Allein in den ersten 15 Minuten hatten sich schon Konrad Laimer gegen Kylian Mbappé, Kevin Danso gegen Theo Hernández, Stefan Posch gegen Marcus Thuram und Max Wöber gegen Ousmane Dembélé unfair in Szene gesetzt. Die Absicht dahinter war eindeutig: Zeichen zu setzen, Präsenz zu zeigen, Eindruck zu hinterlassen. Doch all das wirkte etwas zu bemüht, zu plump.

Zur Halbzeit: 11:3 Fouls für Österreich

Die Konsequenz: Schon zur Pause hatten sich aus der Abwehrkette Wöber (16. Minute) und Philipp Mwene (34.) Gelb eingehandelt und konnten entsprechend bei den defensiven Umschaltmomenten gegen die schnellen Franzosen nicht mehr mit vollem Risiko in die Zweikämpfe gehen.

11:3 für Team Austria lautete bereits zur Pause die Foul-Bilanz, am Ende hatte der phasenweise völlig ohne Linie agierende Schiedsrichter Jesús Gil Manzano 18 Vergehen der Österreicher geahndet und fünf Gelbe Karten gezogen.

Grillitsch und Pentz hadern mit Manzano

Mittelfeldspieler Florian Grillitsch haderte nach der Partie in der Interviewzone durchaus nachvollziehbar: "Der hat gefühlt jede 50-50-Entscheidung gegen uns getroffen. Und bei jeder Emotion gleich Gelb zu zeigen, ist ein Unding bei so einem Turnier." Einfluss auf das Spiel hatte der Spanier in der Tat gehabt: Nach der größten Chance durch Christoph Baumgartner versagte er den Österreichern einen glasklaren Eckball (36.), die Franzosen kamen zu Unrecht in Ballbesitz und gingen keine zwei Minuten später in Führung.

Austria-Keeper Patrick Pentz wütend: "Vollkommen unverständlich, wie man so entscheiden kann. Eine komplett fragwürdige Leistung. Die Franzosen waren am Ende richtig happy, dass sie das Ding über die Zeit gerettet haben."

Grillitsch zur Sportschau: "Zu wenig Chancen erspielt"

Grillitsch sagte später noch zur Sportschau: "Wir können stolz sein, denn das war nicht irgendein Jausengegner, sondern der Turnierfavorit. Aber es gibt auch einiges, was wir verbessern müssen. Unser Pressing muss griffiger werden, wir müssen die Box besser besetzen, die Flanken präziser schlagen. Insgesamt haben wir uns zu wenige Chancen erspielt."

In der zweiten Halbzeit klappte das aggressive Anlaufen gegen die Franzosen, oft sogar tief in deren Hälfte, zwar besser, doch das große Manko nach den Ballgewinnen war der letzte Pass, das letzte Dribbling. In der Spitze fehlten zunächst Michael Gregoritsch und später Marko Arnautovic jegliches Durchsetzungsvermögen. Am Ende standen in knapp 100 Spielminuten nur sieben Abschlüsse zu Buche - und gefährlich war nur ein einziger.

Wenig zugelassen, gut hinten raus kombiniert

Den Reality-Check eines Geheimnisfavoriten, der vor dem 0:1 gegen Frankreich sieben Mal in Folge ungeschlagen war, haben die Österreicher in anderen Bereichen allerdings durchaus bestanden. Zwar konnten die Außenverteidiger Mwene und Stefan Posch die Tempoläufe der Franzosen nicht immer mitgehen, doch bis auf die Hundertprozentige von Kylian Mbappé in der 55. Minute, eine von Antoine Griezmann knapp verpasste Hereingabe und einen guten Versuch von Marcus Thuram kamen auch die Franzosen nie entscheidend durch.

Prentz: "Sie haben es nicht geschafft, gegen uns ein Tor zu schießen, das haben wir unglücklicherweise selbst gemacht. Aber dass unsere Top-Verteidiger Leute wie Mbappé, Dembélé oder Thuram weitgehend im Griff hatten, nehmen wir auf jeden Fall positiv mit."

Irgendwie typisch: Einwechslung klappt nicht

Was auch beeindruckte: Österreich ließ sich von den früh attackierenden Franzosen auch nach dem 0:1 durch Wöbers Kopfball fast nie zu langen Bällen verleiten, sondern spielte intelligent und passsicher aus der eigenen Deckung heraus - genau so, wie Rangnick sich das vorstellt.

Doch es lief an diesem Abend auch vieles nicht so, wie es der "Professor" sehen wollte. Irgendwie bezeichnend war dann am Ende eine Szene in der Nachspielzeit: Rangnick wollte noch einmal wechseln, doch die UEFA-Mitarbeiter an der Seitenlinie hatten nicht schnell genug die entsprechenden Nummern auf ihre Tafel gebracht, sodass Manzano weiterspielen ließ, ehe Rangnick seinen letzten Joker ziehen konnte. Es war halt einfach nicht der Abend der Österreicher - das muss aber für die beiden noch ausstehenden Gruppenspiele am Freitag (21.06.2024, 18 Uhr) gegen Polen und am 25. Juni gegen die Niederlande (21 Uhr, beides im Live-Ticker bei sportschau.de) wirklich gar nichts bedeuten.

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