Viele Fragen und viele Antworten zum U4-Lückenschluss in Frankfurt

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Stand: 28.09.2024, 07:00 Uhr

Von: Dennis Pfeiffer-Goldmann

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Bisher endet die U4 an der Bockenheimer Warte.

Bisher endet die U4 an der Bockenheimer Warte. © Renate Hoyer

Die Stadt stellt ihre Vorzugsvariante für den U4-Lückenschluss in Frankfurt vor. Eine Teure Lösung soll Bäume schützen. Nicht alle Bürger sind überzeugt.

Frankfurt - Ingo Trepte ist von der Aussicht nicht begeistert, dass „sein“ Botanischer Garten zerstört werden könnte. Er ist Mitglied im Freundeskreis des Gartens und an diesem Abend in die „Main-Arcaden“ gekommen. Dort stellt die Stadt die Machbarkeitsstudien für den U4-Lückenschluss vor. Für zwei der drei Varianten würde dabei eine riesige Zahl von Bäumen gefällt werden müssen, darunter Mammutbaumhain und Buchenwald im Botanischen Garten. „Das stinkt mir halt“, sagt Trepte.

Der Gartenfreund ist einer von rund 80 Bürgern, die sich informieren. Das überschaubare Interesse erstaunt einige der wenigen Römer-Politiker im Saal und der Verantwortlichen der Stadt und der städtischen Stadtbahn Entwicklung und Verkehrsinfrastrukturprojekte Frankfurt GmbH (SBEV). Sie und viele der Gutachter der neun Studien stehen an Tischen und Plakatwänden mit vielen Plänen Rede und Antwort.

Bürger diskutieren über U4-Lückenschluss in Frankfurt

Besonders intensiv wird nachgefragt, warum die entlang der Miquelallee geführten Direktvarianten so viele Bäume gefährden. Das will auch Ingo Trepte wissen. Genau im nördlichen Palmen- und westlichen Botanischen Garten würden die Tunnel an die Oberfläche kommen, die Strecke dann durch die Nordwestecke des Grüneburgparks führen. „Wäre es nicht möglich, den Tunnel weiterzuführen?“, fragt Martina von Holst, Linken-Ortsbeirätin im Nordend. „Das ist technisch nicht möglich“, erklärt SBEV-Geschäftsführer Ingo Kühn. Zu tief gründeten die Brücken des Miquelknotens. Das alles umzubauen wäre so teuer, „dass der Kostenvorteil der kurzen Varianten wegfiele“, wendet Mobilitätsdezernent Wolfgang Siefert (Grüne) ein.

Aber wäre die kürzere Variante nicht wegen der Fahrzeiten besser? „Die Fahrzeiten unterscheiden sich nur um Sekunden“, erklärt Kühn. Eine Station abgelegen am Rand des Botanischen Gartens zu platzieren, lehnt eine Seniorin rundweg ab. „Da wäre nach 22 Uhr kein Mensch mehr, dann bekommen wir nur Vandalismus und alles wäre kaputt.“ Eine Besucherin aus Bergen-Enkheim fände es gut, wenn das U-Bahn-Netz erweitert wird. Sie lobt die Veranstaltung. „Über alle Fragen wird hier nett, kompetent und sehr gründlich informiert.“ Nach dem, was sie an diesem Abend gehört hat, ist ihr Eindruck: „Es hört sich an, als wäre die Variante ,3i‘ die beste.“

Diese würde im Tunnel unter den Parks hindurch führen und hätte eine Station unterm Campus-Westend der Goethe-Universität. Sie hätte einen 2,2 Kilometer langen Tunnel, die kurzen Lösungen nur 680 Meter. „Sie setzt mehr CO2 frei“, wendet Hans-Jürgen Hammelmann von der Arbeitsgemeinschaft Westend ein. „Aber dafür sind die Bäume viel besser geschützt“, entgegnet ein Bürger.

BI Grüneburgpark nun gegen alle U4-Varianten

In der Nachhaltigkeitsbetrachtung aller Faktoren schneidet die mit 404 Millionen Euro Kosten teuerste Lösung mit großem Abstand am besten ab. Daher sei sie die Vorzugsvariante des Magistrats, sagt Umweltdezernentin Tina Zapf-Rodriguez (Grüne): „Sie hat keinen Eingriff in den Botanischen Garten, den Palmengarten und den Grüneburgpark.“ Die Uni-Lösung will eine große Mehrheit im Parlament: Die Koalition aus Grünen, SPD, FDP und Volt hat ihre Zustimmung avisiert, ebenso die CDU.

Eine weitere Besucherin schaut sich die Liste der Baumfällungen an: 3000 wären es bei den direkt geführten Varianten. „Das ist ja apokalyptisch.“ Diese Variante bevorzugen zwei Bürgerinitiativen, das Bündnis Verkehrswende und der Umweltverband BUND. Sie seien auch jetzt „nicht sakrosant“, betont BUND-Vorstand Wolf-Rüdiger Hansen. „Ich hätte erwartet, dass die Politik auch Varianten plant, die den Bäumen im Botanischen Garten nicht schaden.“ Wolfgang Siefert hakt ein: „Das haben wir ja, das ist die 3i“, also die Uni-Variante mit dem langen Tunnel.

Eine Besucherin fragt nach: Wie sicher es sei, dass der Tunnel die Bäume oben drüber nicht gefährdet? „100 Prozent“, erklärt Grün-Gutachter Albrecht Schaal. Und wo dann die 714 Bäume gefällt werden müssen? In der Miquelanlage nahe Bundesbank - das seien bei allen Varianten etwa gleich viele, da der Verlauf an dieser Stelle nahezu identisch sei, erklärt Siefert. Für Gisela Becker, zentrale Gegnerin der Uni-Lösung, ist das entscheidend. Mit ihrer Bürgerinitiative Grüneburgpark hatte sie erst die Gutachten eingefordert und dann angekündigt, die Ergebnisse nicht akzeptieren zu wollen. Nun sagt Becker: „Wir lehnen alle Varianten ab wegen der Baumfällungen.“

„Wir im Frankfurter Norden brauchen den Lückenschluss unbedingt“

Für Susanne Kassold, SPD-Ortsbeirätin in Kalbach-Riedberg, kommt ein Verzicht auf den Lückenschluss zwischen Ginnheim und Bockenheimer Warte nicht infrage. „Wir im Frankfurter Norden brauchen den Lückenschluss unbedingt, auch weil die A-Strecke so überlastet ist.“

Die Uni brauche die U4 ebenfalls, sagt Baubeauftragter Julian Kohlstock. „Frankfurt ist für viele Studenten zu teuer zum Wohnen, sie müssen in die Peripherie pendeln, und deshalb ist eine schnelle Direktverbindung zum Hauptbahnhof wichtig.“ Selbst, wenn diese erst in der zweiten Hälfte der Dreißigerjahre fertig ist, so der aktuelle Zeitplan der Stadt. (dpg)

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