Rhein-Main-Gebiet: Auf das Unwetter folgt die Hitze

Frankfurt

Unwetter und Starkregen am späten Mittwochabend haben im Rhein-Main-Gebiet erhebliche Schäden angerichtet. In Frankfurt sprach die Feuerwehr am Donnerstagmorgen von etwa 400 Einsätzen in Zusammenhang mit dem Wetter.

Wegen der heftigen Regenfälle mussten am Frankfurter Flughafen Dutzende Flüge gestrichen werden. Die Bodenabfertigung wurde für zwei Stunden eingestellt, um die Mitarbeiter auf dem Vorfeld, das zum Teil unter Wasser stand, nicht zu gefährden. Dadurch konnten zahlreiche Maschinen nicht rechtzeitig starten. Zwar wurden Ausnahmegenehmigungen für Starts bis Mitternacht erteilt, aber auch das erweiterte Zeitfenster genügte nicht, um alle Flugzeuge rechtzeitig in die Luft zu bringen. Etwa 850 Fluggäste mussten daher in Frankfurt unverhofft übernachten.

Auch 25 Ankünfte waren verspätet, sieben weitere Flugzeuge seien auf Grund des Nachtflugverbots auf andere Flughäfen umgeleitet worden, da Verspätungslandungen nach Mitternacht – außer in Gefahrenlagen – nicht mehr möglich sind. Nach ersten Schätzungen des Frankfurter Flughafens waren Tausende Passagiere von den Problemen betroffen.

Mehr als 25.000 Blitze

Außergewöhnlich war die Zahl der Blitze, die am Abend registriert wurden: 25.289-mal hatte der Blitzinformationsdienst eine Entladung über dem Rhein-Main-Gebiet erfasst. Auch der Niederschlag war beträchtlich: Am Abend kamen über Frankfurt zwischen 50 und 60 Liter Regen je Quadratmeter herunter. Dadurch liefen zahlreiche Keller voll, die Wassermassen drückten Gullys hoch, Straßen wurden überflutet, Straßenbahnen mussten für mehrere Stunden umgeleitet werden, weil sich in Brückenunterführungen entlang der Stresemannallee, auf dem Ratsweg und der Mörfelder Landstraße das Wasser zu hoch für eine Durchfahrt gestaut hatte.

Am Südbahnhof gab es einen Wassereinbruch, die Wassermassen ergossen sich teilweise über die Rolltreppen, die zum Teil ebenso wie Fahrstühle immer noch außer Betrieb sind. Die Berufsfeuerwehr der Stadt Frankfurt und Fachkräfte pumpten das Wasser bis Mitternacht ab. An den Abgängen zur U-Bahn hätten jedoch sogenannte Wasserklappschotts Schlimmeres verhindert, teilt eine Sprecherin der Verkehrsgesellschaft Frankfurt mit. Sie lösen automatisch eine Sperre aus, wenn Wasser die Treppe herunterzufließen droht.

Tausende Notrufe in den Landkreisen

Bahnstrecken waren durch umgestürzte Bäume zwischen Hofheim und Lorsbach, bei Frankfurt-Höchst und Oberursel zeitweise blockiert. In Offenbach Ost war ein Blitz in das Stellwerk eingeschlagen und am Wiesbadener Hauptbahnhof behinderte ein Oberleitungsschaden den Verkehr, teilte eine Sprecherin der Deutschen Bahn mit.

Östlich von Frankfurt traf das Unwetter fast den gesamten Main-Kinzig-Kreis, das erste Gewitter wurde um 21.30 Uhr in Schöneck gemeldet. Danach gingen über Stunden hinweg Notrufe ein. Die Feuerwehren pumpten nach Angaben der Kreisverwaltung 246 vollgelaufene Keller aus, 36 davon in Hanau. Tatsächlich dürften nach Einschätzung der Verwaltung noch deutlich mehr Untergeschosse geflutet worden sein. Außerdem stürzten im Landkreis 24 Bäume um, Menschen wurden dabei nicht verletzt.

Im Wetteraukreis wurden binnen drei Stunden sogar 1500 Notrufe regis­triert. Im Main-Taunus-Kreis gingen 2000 Notrufe ein, das Personal in der Telefonzentrale wurde teilweise verdreifacht, weil bis zu 50 Anrufer gleichzeitig in der Leitung waren. 600 Einsätze mussten die Ersthelfer dort meistern. In Bad Soden wurde der Wertstoffhof unterspült, er bleibt mindestens bis Montag geschlossen. Hart getroffen hat es die Cretzschmarschule in Sulzbach, alle Klassen im Erdgeschoss wurden überschwemmt. Der Kreis bemüht sich, alle Schäden bis Ferienende zu beseitigen.

Das Wetter wird sich nach Einschätzung des Deutschen Wetterdienstes von Freitag an beruhigen. Allerdings warnen die Meteorologen dann vor großer Hitze: Sie sehen Temperaturen von mehr als 30 Grad voraus.

Ein Grund für die mitunter katastrophalen Folgen, die solche Unwetter haben können, ist die Tatsache, dass Starkniederschläge dieser Art fast immer extrem lokal niedergehen. Gewitter sind fast immer sehr „kleinräumige Phänomene“, wie es beim Wetterdienst in Offenbach heißt. Orte, die nur wenige Kilometer voneinander entfernt sind, können völlig unterschiedlich betroffen sein.

Selbst mit den modernen Methoden der Meteorologie lassen sich solche Wetterereignisse besonders schwer vorherzusagen. Moderne Technik, Hochleistungscomputer und extrem komplexe Rechenmodelle versetzen die Meteorologen zwar in die Lage, die Wahrscheinlichkeit von Unwettern recht gut berechnen. Eine räumlich und zeitlich exakte Prognose, wo genau und mit welcher Wucht sich ein Wolkenbruch entladen wird, ist aber immer noch nicht möglich. Einer der Experten vom Wetterdienst in Offenbach hat eine solche Gewitterlage einmal mit einem Topf kochendes Wasser verglichen: „Man weiß, dass es sprudelt und Bläschen aufsteigen. Aber man hat keine Ahnung, ob die nächste Blase in der Mitte oder am Rand hochkommt.“

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