Halbe Gastronomie unterm Hammer: Besondere Versteigerung in ...

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Erstellt: 05.06.2023, 06:00 Uhr

Von: Sabine Schramek

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„Es tut weh, dass unser Lieblingsplatz für immer weg ist“, sagen Stammgäste. Eine beliebte Gastronomie am Flughafen Frankfurt ist Geschichte. Zahlreiche Erinnerungsstücke kamen unter den Hammer.

Frankfurt - Vor 29 Jahren hat im Terminal 1 am Flughafen Frankfurt Käfer’s Bistrot Airport mit Blick auf Flugzeuge und Landebahn eröffnet. Ein gemütlicher feiner Treffpunkt für Reisende, Geschäftsleute und Liebhaber. Im Jahr 2020 musste die Kuffler-Gruppe aus München wegen Corona dann schließen. Jetzt kamen zahlreiche Antiquitäten, Kunst und Porzellan unter den Hammer. „Wir sind bestimmt 15 bis 20 Jahre mindestens einmal in der Woche hergekommen. Zum Frühstücken, zum Flugzeuge gucken und um die wunderbare Atmosphäre hier zu genießen. Der Charme hier ist einzigartig“, sagen Bianca und Réne aus Frankfurt wehmütig.

Jetzt sind sie gekommen und suchen nach Tellern und Schalen mit dem Käfer-Logo, nach Bildern und Kleinigkeiten, die ein Stück Erinnerung für sie bleiben sollen. „Es tut weh, dass unser Lieblingsplatz für immer weg ist“, sagen sie und blicken Christoph Bouillon an, der einen antiken Hammer aus Ebenholz aus dem Jahr 1900 in der Hand hält. Insgesamt 106 Posten ruft er zur Versteigerung auf.

Käfer’s Bistrot Airport am Flughafen Frankfurt: 106 Posten aufgerufen

„Das sind tolle Sachen, die man nicht oft so sieht“, sagt der Kunstsachverständige und öffentlich bestellte und vereidigte Versteigerer für Kunst und Antiquitäten. Das gesamte Inventar des Nobel-Kult-Lokals kommt unter den Hammer zugunsten des Vereins Nestwärme, der sich für Eltern mit beeinträchtigten Kindern einsetzt. Vom ambulanten Kinderhospiz bis zu geflüchteten Müttern mit ihren Kindern aus der Ukraine. „Mentale Gesundheit und Resilienz geben ihnen Hilfe zur Selbsthilfe und dafür machen wir uns stark“, so Dirk Hense vom Verein.

Christoph Bouillon (Mitte mit Hammer) hatte 106 Posten zur Versteigerung aufzurufen. Liebhaber und Sammler waren gekommen, um sich einige der seltenen Stücke zu sichern.

Christoph Bouillon (Mitte mit Hammer) hatte 106 Posten zur Versteigerung aufzurufen. Liebhaber und Sammler waren gekommen, um sich einige der seltenen Stücke zu sichern. © RüfferProminente Gäste im Käfer’s Bistrot Airport am Flughafen Frankfurt

Von 1994 bis 2020 war das Käfer’s im Terminal 1 am Frankfurter Flughafen nicht wegzudenken. Ein Gästebuch voller prominenter Namen spricht Bände. Rudi Carell war hier, Pierre Richard, Franz Beckenbauer, Steffi Graf, Michael Groß, Willi Bogner, Peter Maffay, die Scorpions oder Pit Krüger sind nur einige, die sich in dem Buch, das mit blauem handgeschöpften Papier eingebunden ist, verewigt haben. Mit Corona kam allerdings das Aus. Zwei Lokale am Münchner Flughafen mussten Stephan und Sebastian Kuffler ebenso schließen, wie das „Lambertus“ im Wiesbadener Kurhaus. Mit der Fraport wurde vereinbart, dass das Inventar bleibt, ein Nachfolger war nicht in Sicht. „Die Mietverträge hier im Terminal 1 zwischen A und B laufen jetzt nach und nach aus und es wird komplett umgebaut“, erklärt Patrick Behm vom Vermietungsservice der Fraport. Alle Gastronomien und Geschäfte hier werden künftig hinter der Kontrolle im Wartebereich sein, der Sicherheitsbereich rutscht nach vorne, weil die Kontrollstellen für das Screening zu eng geworden sind. Drei Jahre lang soll der Umbau dauern, mehrere Mieter kämen dann wieder zurück. Zuerst soll das Käfer’s Airport Bistrot mit seinem Pariser Flair rückgebaut werden. „Es wäre zu schade um die edle Einrichtung. Darum gibt es heute die Versteigerung.“

Erinnerungen an Käfer’s Bistrot Airport am Flughafen Frankfurt austauschen

Schon Stunden vorher kommen Flughafenmitarbeiter, Gastromomen, Neugierige und auch Antiquitätensammler, um sich umzusehen in dem Bistrot, das so wirkt, als könne es gleich wieder öffnen. Es wird gefachsimpelt und gestaunt, erinnert und gesucht. Zur Versteigerung kommen viele Fans.

Christoph Bouillon behält den Überblick. „So eine Versteigerung habe ich noch nie gemacht“, sagt er. Einzelstücke aus Grand Hotels habe er schon mehrfach versteigert, aber noch nie ein ganzes Lokal voller Schätze. Er wusste nicht, was für Leute kommen und wie viele. „Zum ersten, zum zweiten und zum dritten“, sagt er immer wieder, bevor der Hammer fällt. Kleinteiliges wie Geschirr, Besteck, Bücher und einige Fotos gehen beim Flohmarkt gegen Spende weg.

Alle 106 Posten der Versteigerung wechseln in anderthalb Stunden den Besitzer. Insgesamt 15 000 Euro kommen zusammen. Gehofft hatten sie auf 5000 Euro Einnahmen für den Verein Nestwärme. Antikes wandert in Wohnzimmer und Lokale. Einen letzten Blick auf das Vorfeld des Flughafens nehmen alle mit. Das Bistrot ist nach 29 Jahren endgültig Geschichte. (Sabine Schramek)

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