Was über den Flugzeugabsturz in Kasachstan bekannt ist

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Flugzeugabsturz in Kasachstan

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Flugzeugunglück in Kasachstan Absturz oder Abschuss?

Stand: 26.12.2024 17:02 Uhr

Wurde die Passagiermaschine der Azerbaijan Airlines in Kasachstan von der russischen Flugabwehr abgeschossen? Womöglich versehentlich? Die Ermittlungen laufen. Was bislang bekannt ist.

Einen Tag nach einem Flugzeugabsturz mit 38 Toten und 29 Überlebenden hat Aserbaidschan der Opfer mit einem Trauertag gedacht. Die Nationalflaggen wurden auf halbmast gesetzt, um die Mittagszeit ruhte für eine Schweigeminute im ganzen Land der Verkehr. Die Ermittlungen zum Absturz laufen. Derweil gibt es auch erste offizielle Äußerungen und viele Spekulationen um einen möglichen Abschuss der Maschine.

Was ist passiert?

Am Mittwoch war ein Passagierflugzeug vom Typ Embraer 190 in der Nähe der kasachischen Stadt Aktau abgestürzt. Die Maschine mit der Flugnummer J2-8243 war laut Fluggesellschaft auf dem Weg von Baku, der Hauptstadt Aserbaidschans, nach Grosny in der russischen Teilrepublik Tschetschenien. Doch sie wich weit vom Kurs ab, flog über das Kaspische Meer und verunglückte nahe der Stadt Aktau in Kasachstan - an der Ostküste des Kaspischen Meeres.

Videos zeigen, wie das Flugzeug aus geringer Höhe an der Küste des Kaspischen Meeres abstürzte, ohne den nahe gelegenen Flughafen in Aktau zu erreichen. Nach Berichten von Augenzeugen flog die Maschine zwei weite Kreise, ehe sie beim Versuch eines dritten Kreises auf dem Boden aufschlug.

Beim Aufprall ging das Flugzeug zum Teil in Flammen auf, wie Videos in sozialen Netzwerken zeigten. Fotos zufolge wurde das Heck weniger beschädigt. Aus diesem Wrackteil wurden nach Medienberichten überlebende Passagiere gerettet. Bug und Mittelteil wurden dagegen zerstört.

Warum wich das Flugzeug vom Kurs ab?

Aserbaidschans Staatschef Ilham Aliyev erklärte nach dem Unglück, ihm lägen Informationen vor, wonach das Flugzeug wegen widriger Wetterverhältnisse zwischen Baku und Grosny den Kurs geändert und dann den Flughafen von Aktau angesteuert habe. Staatliche russische Nachrichtenagenturen meldeten, der Flieger sei wegen Nebels in Grosny umgeleitet worden.

Die russische Zivilluftfahrtbehörde hatte auf vorläufige Erkenntnisse verwiesen, wonach die Piloten sich für eine Umleitung entschieden hätten, nachdem ein Vogelschlag zu einem Notfall an Bord geführt habe. Auch die Fluggesellschaft Azerbaijan Airlines hatte zunächst angegeben, die Maschine sei mit einem Vogelschwarm kollidiert, diese Angabe jedoch später zurückgezogen.

Was führte zum Absturz?

Luftfahrtexperte Heinrich Großbongardt hält Nebel oder einen Vogelschwarm als Absturzursache für unwahrscheinlich. "Das realistische Szenario ist eine Einwirkung von außen", sagte er der tagesschau. "Das Flugzeug war extrem schwer beschädigt, nicht steuerbar. Das ist nichts, was zum Beispiel durch einen Vogelschwarm erzeugt wird, da fallen die Triebwerke aus, aber das Flugzeug bleibt steuerbar."

Aliyev sagte, in sozialen Netzwerken kursierten zwar viele Videos des Unglücks, "doch die Gründe für den Absturz sind uns noch unbekannt". Es gebe verschiedene Theorien. "Die Sache muss gründlich aufgeklärt werden." Der kasachische Senatspräsident Maulen Aschimbajew verurteilte Spekulationen über den Vorfall. Es sei derzeit nicht möglich zu sagen, was das Flugzeug beschädigt habe. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow warnte ebenfalls vor Spekulationen. "Wir müssen das Ende der Untersuchung abwarten", sagte er.

Bergungstrupps hatten am Abend am Unglücksort bei Aktau an der Küste des Kaspischen Meeres in den Trümmern der Maschine die Flugschreiber geborgen. Ihre Auswertung sowie die Funksprüche sollen Ermittlern helfen, die Absturzursache zu klären.

Könnte die Maschine unter Beschuss geraten sein?

Einige Luftfahrt- und Militärexperten sagten, das Flugzeug könne versehentlich von russischen Luftabwehrsystemen getroffen worden sein, als es ein Gebiet im russischen Kaukasus überflog, aus dem ein ukrainischer Drohnenangriff gemeldet wurde. Ukrainische Drohnen haben bereits zuvor Grosny, die Hauptstadt der russischen Teilrepublik Tschetschenien, sowie andere Regionen im Nordkaukasus ins Visier genommen.

Löcher im Heck der Maschine könnten darauf hindeuten, dass sie unter Beschuss russischer Luftverteidigungssysteme geraten sein könnte. Der russische Blogger und Militärexperte Juri Podoljaka erklärte im Onlinedienst Telegram, die Löcher ähnelten den Schäden, die durch ein "Flugabwehrraketensystem" verursacht würden.

Bernard Legauffre, ehemaliger Experte der französischen Ermittlungs- und Analysebehörde für die Sicherheit der zivilen Luftfahrt (BEA), sagte der Nachrichtenagentur AFP, es gebe viele Schrapnell-Splitter am Wrack. Dieses Bild erinnere an die Boeing der Fluggesellschaft Malaysia Airlines, die 2014 auf dem Flug MH17 über der Ukraine von einer Boden-Luft-Rakete abgeschossen worden war.

Ein Notfallspezialist mit einem Hund an der Absturzstelle in der Nähe der Stadt Aktau, Kasachstan.

Wie die Nachrichtenagentur Reuters meldet, sprechen auch mit den Ermittlungen in Aserbaidschan vertraute Personen von einem Beschuss durch die russische Flugabwehr. Das berichtet auch die türkische Nachrichtenagentur Anadolu unter Verweis auf ranghohe Staatsvertreter in Aserbaidschan. Das Flugzeug hatte ein Gebiet in Russland verlassen, das das russische Militär noch vor Kurzem gegen Angriffe ukrainischer Drohnen verteidigt hatte.

Aserbaidschanische Medien berichten, das Flugzeug sei ersten Ermittlungen zufolge beim Anflug auf Grozny vom Verteidigungssystem Pantsir-S getroffen worden. Die Kommunikationssysteme seien komplett gestört gewesen.

In Baku berief sich das Internetportal caliber.az ebenfalls auf nicht genannte Regierungsquellen. Demnach sei das Flugzeug am Mittwoch beim Anflug auf die russische Stadt Grosny von einer Flugabwehrrakete getroffen worden. Nach Angaben von caliber.az baten die Piloten um eine Notlandung in den nächstgelegenen russischen Flughäfen Mineralnye Wody oder Machatschkala. Dies sei nicht genehmigt worden, sodass die Crew das beschädigte Flugzeug über das Kaspische Meer hinweg nach Aktau in Kasachstan gesteuert habe. 

Kasachstans Vize-Premierminister Kanat Bozumbayev erklärte am Nachmittag, er könne einen russischen Beschuss der Maschine weder bestätigen noch dementieren. Die Untersuchungen seien noch nicht abgeschlossen.

Wer war an Bord?

An Bord der Maschine waren 67 Menschen, unter ihnen fünf Besatzungsmitglieder, von denen nach letzten Angaben drei ums Leben kamen. 

An Bord waren kasachischen Behördenvertretern zufolge 42 aserbaidschanische Staatsbürger, 16 russische Staatsbürger, sechs Kasachen und drei Kirgisen. Bei einer Frau fehlten alle Angaben zur Person, ein elfjähriges Mädchen wurde mit deutscher Staatsangehörigkeit aufgelistet. Zur Frage, ob auch deutsche Staatsangehörige an Bord waren, hieß es aus dem Auswärtigen Amt in Berlin: "Wir gehen den Berichten mit Hochdruck nach."

Unter den Verletzten sind unter anderem russische, aserbaidschanische und kirgisische Staatsangehörige. Neun verletzte russische Passagiere wurden laut der staatlichen russischen Nachrichtenagentur Tass von einem Sonderflugzeug abgeholt, um in Moskau behandelt zu werden. Ihr Zustand werde als ernst eingeschätzt. Laut der aserbaidschanischen Nachrichtenagentur Asertac sollen zwölf Überlebende nach Aserbaidschan geflogen werden.

Die Leichen der ums Leben gekommenen Passagiere und Besatzungsmitglieder würden nach Aserbaidschan überführt, hieß es auf der Plattform X in einem gemeinsamen Statement der Fluggesellschaft und des aserbaidschanischen Ministeriums für Notfallsituationen. 

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