Franziska Brantner und Felix Banaszak: Bilden sie die neue Grünen ...

2 Stunden vor
Felix Banaszak
Grünen-Kandidatur Stehen Brantner und Banaszak bald an der Spitze der Grünen?

Habeck-Vertraute Brantner und Duisburger Banaszak wollen Parteivorsitzende werden. Es zeichnet sich ab, wie Habeck die miesen Werte der Partei abschütteln will.

Zwei Tage nach dem Rückzug der gesamten Parteispitze der Grünen kandidieren nun zwei Bundestagsabgeordnete und Wirtschaftspolitiker als neue Vorsitzende. Die Habeck-Vertraute und Wirtschaftsstaatssekretärin Franziska Brantner (45) und der Duisburger Haushalts- und Wirtschaftspolitiker Felix Banaszak (34) wollen auf dem Parteitag im November gewählt werden. Ricarda Lang und Omid Nouripour treten als Bundesvorsitzende mitsamt den vier anderen aus dem Parteivorstand zurück.

Fast genauso wichtig wie das Vorsitzenden-Duo dürfte auch der Job des Bundesgeschäftsführers sein, dieser managt den Bundestagswahlkampf. Für die Aufgabe bewirbt sich der Bundestags-Fraktionsvize Andreas Audretsch (40), zuständig für Wirtschaft und Soziales.

In dem verbliebenen Jahr bis zu Bundestagswahl ist die wichtigste Aufgabe der Grünen-Führung, um Unterstützung und Stimmen zu kämpfen. An der Spitze will Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck stehen, der die Kanzlerkandidatur anstrebt und bei der Neubesetzung maßgeblich mitbestimmt hat. Das sprach Banaszak bei seiner Vorstellung am Freitag in Berlin auch aus.

Noch ist nicht ausgemacht, dass die drei ohne Konkurrenz bleiben. Kampfkandidaturen sind bei den Grünen immer mal wieder üblich. Dieses Mal dürfte sich beim Parteitag im November in Wiesbaden auch die Frage stellen, wie sehr Habeck die Fäden ziehen darf hinter dem bei den Grünen üblichen Vorsitzenden-Duo.

Grün soll wieder Hoffnung machen

Sowohl Brantner als auch Banaszak, sie als Reala, er vom linken Flügel, nannten ausdrücklich als Ziel, die Grünen wieder mit positiven Botschaften verbinden und bei Wahlen erfolgreich machen zu wollen. Nach sechs Wahlschlappen in den Ländern sowie wie bei der Europawahl sind die Grünen aus zwei Landtagen geflogen und wahrscheinlich aus fünf Regierungen.

„Wir wollen liefern und den Neustart gestalten“, verkündete Brantner, die Abgeordnete für den Wahlkreis Heidelberg ist und als sehr effizient wie effektiv gilt. Sie ist Parlamentarische Staatssekretärin bei Minister Habeck und gilt als enge Vertraute. Sie war bereits für die Führung im Wahlkampf vorgesehen. Es gehe darum, „Kräfte zu befreien“, damit der Wohlstand und die Wirtschaftskraft erhalten bleibe.

Banaszak legte sich inhaltlich noch nicht fest, sondern betonte seinen Willen, in der Partei verbinden und führen zu wollen. „Zwei Leute zu wählen ist noch keine Strategie,“ sagte der frühere Vorsitzende der NRW-Grünen und ehemalige Vertreter der Grünen Jugend. Jetzt stehe viel Arbeit an. Banaszak hat sich in letzter Zeit immer wieder mit Vorschlägen zur Stützung der angeschlagenen Stahlsparte von Thyssenkrupp hervorgetan.

Ein Jahr vor der Bundestagswahl steht bei den Grünen also vieles auf Anfang. Viele in der Partei sind nervös. 

Mieses Klima, miese Umfragen

Kein Wunder: Die Ampel-Koalition ist unbeliebt wie kaum eine Regierung. Die Grünen können mit ihrem Leitthema Klimaschutz derzeit wenig durchdringen und stürzen in Umfragen in die Einstelligkeit ab. An Bundeswirtschaftsminister und Vizekanzler Robert Habeck hängt ein bevormundendes und verkorkstes Heizungsgesetz wie ein Mühlstein. Die Wirtschaft lahmt schon länger.

Am Mittwoch wirkte es zunächst auf Außenstehende wie eine Auflösungserscheinung, als Lang und Nouripour den Rückzug erklärten. Die Vorsitzenden übernehmen Verantwortung, und sie verschaffen Robert Habeck damit außerdem „Beinfreiheit“ für ein ziemlich verwegenes Projekt: den Marsch in die Mitte.

Der bekannteste unter den grünen Spitzenleuten möchte nicht nur bei der Bundestagswahl 2025 als Kanzlerkandidat ins höchste Regierungsamt streben. Schon das eine gewaltige Herausforderung. Er möchte zudem dafür seine eher aufmüpfige und diskussionsfreudige Truppe so aufstellen, dass sie ihm nicht ins Gehege kommt. Ein Plan mit vielen Fallstricken. 

Dazu passt aber, dass der Herr des Heizungsgesetzes die Verantwortung für die schlechten Werte zwar auch bei sich sieht, aber einen Rückzug nicht in Betracht zieht. Im Gegenteil. Habeck setzt alles auf eine Karte, auf sich. Der Flensburger hat etwas von einem Florettfechter, im Auftritt überlegt, aber im Kopf angriffslustig.

Er bat seine Partei bereits um Beinfreiheit für den Bundestagswahlkampf. Doch in Wahrheit war das keine Bitte, sondern die Bedingung, bevor er sich beim Bundesparteitag im November in Wiesbaden auf das Schild für die Wahl 2025 heben lässt. Er treibt seinen Preis vorher hoch, um später unabhängiger von der oft chaotischen und auf Quote bedachten Partei zu sein.

Auch wenn Robert Habeck die beiden Noch-Parteivorsitzenden nicht ausdrücklich zum Rückzug gedrängt haben mag. Jetzt startet das Endspiel um die Enttäuschten und das Projekt „Beinfreiheit für Robert“. So mächtig wie er bei den Grünen war zuletzt ein gewisser Joschka Fischer.

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