Fed-Chef Powell: "Falls nötig, erhöhen wir die Zinsen weiter"

21 Sep 2023
Fed-Chef Powell "Falls nötig, erhöhen wir die Zinsen weiter"

Die Fed belässt den Leitzins auf hohem Niveau. Aktuelle Inflationsdaten geben US-Notenbank-Chef Powell den Spielraum, die Entwicklung abzuwarten. Eine weitere Zinserhöhung in diesem Jahr hält er sich aber offen.

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21.09.2023, 08.54 Uhr

Zinspause verordnet: Fed-Chef Jerome Powell sieht Fortschritte, ist aber "bereit, die Zinsen weiter zu erhöhen".

Foto: EVELYN HOCKSTEIN / REUTERS

Nach kräftigen Zinserhöhungen im Kampf gegen die Inflation hält die US-Notenbank inne und zugleich die Tür für eine wohl letzte Anhebung offen. Wie an den Finanzmärkten erwartet, beließ die Federal Reserve (Fed) die Leitzinsspanne von 5,25 bis 5,50 Prozent. Fed-Chef Jerome Powell (70) machte nach dem Beschluss klar, dass noch Luft nach oben ist: "Falls nötig, sind wir bereit, die Zinsen weiter zu erhöhen." Die Währungshüter fassen in ihrem Ausblick noch einen Schritt von einem viertel Prozentpunkt nach oben für dieses Jahr ins Auge. Zudem dürften etwaige Zinssenkungen 2024 deutlich geringer ausfallen als bislang avisiert.

Der Fed-Chef betonte bei der Pressekonferenz nach der Sitzung, dass die Daten der kommenden Monate das Vorgehen der Notenbank bestimmen würden. Die US-Notenbank rechnet in ihrer aktuellen Prognose zum Jahresende im Mittel mit einem Leitzins von 5,6 Prozent. Für 2024 werden im Mittel 5,1 Prozent erwartet – im Juni waren es noch 4,6 Prozent. "Wir haben Fortschritte gesehen, und wir begrüßen das", sagte Powell mit Blick auf die Inflation. Man müsse nun aber abwarten, wie sich die Lage entwickle, mahnte er.

Der Zinsbeschluss kam bei den Investoren nicht gut an. Die Wall Street schloss im Minus. Die Aussicht auf eine mögliche weitere Zinserhöhung stützte dagegen zunächst den Dollar-Index.

"Erstaunlich robuste Wirtschaft"

Powell machte deutlich, dass der Zinsausblick kein fest gefasster Plan sei. Es spiegele sich darin aber die Ansicht vieler Währungshüter wider, dass angesichts der erstaunlich robusten Wirtschaft ein weiterer Zinsschritt im laufenden Jahr wahrscheinlicher sei als ein Verharren auf dem jetzigen Niveau. Doch sei die Notenbank nunmehr dem Punkt "ziemlich nahe", wohin sie wolle. Sie könne nach den Straffungen vorsichtig agieren und von Sitzung zu Sitzung entscheiden.

Die Fed strebt mittelfristig eine Preisstabilität bei einer Inflationsrate von zwei Prozent an. Seit März 2022 hat die Fed ihre Leitzinsen so stark und rasch angehoben wie seit den 1980er Jahren nicht mehr. Elfmal ging es nach oben – zuletzt im Juli um 0,25 Prozentpunkte. Der Zyklus gilt als eine der schnellsten und schärfsten Straffungsperioden in der Geschichte der Fed. Einzig im Juni hatten die Währungshüter nach zehn Anhebungen in Folge eine Pause eingelegt. Mit der erneuten Zinspause hatten Analysten gerechnet. "Wir haben viel erreicht, und die Auswirkungen unserer Straffung sind noch nicht in vollem Umfang zu spüren", sagte Powell.

Die neue Wirtschaftsprognose der Fed zeichnet allerdings ein recht positives Bild von der US-Wirtschaft. Die Fed sagt für dieses Jahr ein deutlich höheres Wirtschaftswachstum voraus als noch vor drei Monaten angenommen. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) der weltgrößten Volkswirtschaft wird demnach 2023 um 2,1 Prozent wachsen. Das wären 1,1 Prozentpunkte mehr als noch im Juni prognostiziert. Im kommenden Jahr soll die Wirtschaft dann aber wieder etwas langsamer wachsen – die Notenbanker sagen ein Wachstum um 1,5 Prozent voraus.

Entspannungssignale vom Arbeitsmarkt

Positive Signale kamen zuletzt auch vom Arbeitsmarkt. Zwar steigen die Nominallöhne immer noch recht deutlich. Die Beschäftigungszuwächse schwächen sich aber ab, während die Arbeitslosigkeit – auf sehr niedrigem Niveau – zu steigen beginnt. Für die Geldpolitik sind das gute Zeichen, die Fed wartet seit Langem auf solche Entspannungssignale. Denn der Arbeitsmarkt ist immer noch durch erhebliche Knappheiten geprägt, was für zusätzlichen Lohnauftrieb sorgen kann. Und weitere Inflationsrisiken können die Währungshüter nicht gebrauchen.

Die Teuerungsrate war im vergangenen Jahr auf gut neun Prozent gestiegen – und dann langsam gefallen. Im August waren die Verbraucherpreise gegenüber dem Vorjahresmonat der US-Regierung zufolge um 3,7 Prozent gestiegen. Die Fed rechnet nun für dieses Jahr mit einer Inflationsrate von im Schnitt 3,3 Prozent – eine leichte Korrektur nach oben um 0,1 Prozentpunkte. Für das kommende Jahr prognostiziert die Fed 2,5 Prozent. Damit geht die Inflation nach dem rasanten Anstieg nun stetig zurück. Powell mahnte jedoch an: "Prognosen sind sehr unsicher. Prognosen sind sehr schwierig."

Fed schaltet in den Wartemodus

LBBW-Analyst Elmar Völker verweist darauf, dass die Meinung innerhalb der Fed gespalten sei, ob eine erneute und mutmaßlich finale Zinsanhebung tatsächlich erforderlich sei. Da der Beschäftigungsaufbau sukzessive an Dynamik verliere und die Inflation auf dem richtigen Weg sei, spreche einiges dafür, erst einmal im Wartemodus zu bleiben. Dies auch, weil der bis dato robusten Wirtschaft Belastungen ins Haus stünden – darunter Streiks in der Automobilindustrie und ein möglicher Shutdown.

Dieses Szenario droht der US-Regierung Ende September. Dann könnte ihr das Geld ausgehen, wenn sich regierende Demokraten und oppositionelle Republikaner im Haushaltsstreit nicht einigen können. Bei einem "Shutdown" könnte die Regierung keine Löhne mehr zahlen und ein Teil der Verwaltung müsste schließen. US-Finanzministerin Janet Yellen sprach im Reuters-Interview mit Blick auf den Haushaltsstreit von einem "unnötigen Risiko für die Wirtschaft".

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