Ampel-Aus: SPD-Generalsekretär fordert Entschuldigung von der ...
Matthias Miersch kritisiert nach dem Ampel-Aus das nach dem D-Day benannte Strategiepapier. Auch aus den Reihen der FDP werden erste selbstkritische Töne laut.
28. November 2024, 20:50 Uhr Quelle: ZEIT ONLINE, dpa, AFP, voi , lak
Die Veröffentlichung eines detaillierten Papiers der FDP zum Ausstieg aus der Ampelregierung sorgt bei den ehemaligen Koalitionspartnern für Empörung. SPD-Generalsekretär Matthias Miersch warf der FDP-Führung vor, die Öffentlichkeit wiederholt getäuscht zu haben und fordert eine Entschuldigung von Parteichef Christian Lindner. Neben weiteren Parteimitgliedern von SPD und Grüne äußerte auch ein FDP-Mitglied erstmals Kritik.
"Solch ein verantwortungsloses Handeln zerstört das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die demokratischen Institutionen", sagte Miersch dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). "Christian Lindner und seine FDP stehen in der Verantwortung, sich bei den Menschen in diesem Land zu erklären und zu entschuldigen."
Der SPD-Politiker kritisierte es außerdem als "zynisch", dass die FDP für den Zeitpunkt des Ampel-Aus' in ihrem Papier das Wort "D-Day" benutzt und den nachfolgenden Wahlkampf als "offene Feldschlacht" bezeichnet hat. "Die FDP-Führung hat die Verwendung dieser Begriffe stets bestritten. Sie hat somit die Öffentlichkeit offensichtlich wiederholt getäuscht", sagte Miersch.
Der englische Begriff "D-Day" lässt sich mit "Tag X" oder "Tag der Entscheidung" übersetzen, wird im Deutschen jedoch meist mit der Landung der Alliierten in der Normandie im Zweiten Weltkrieg in Verbindung gebracht, die den Beginn der Befreiung Europas vom Nationalsozialismus markierte.
Nach Veröffentlichung des Papiers sagte FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai in einem Interview mit WELT: "Das Papier ist auf Ebene der Mitarbeiter entstanden. Niemand aus der Führung der FDP kannte das Papier." Einen Grund zurückzutreten, sehe er nicht. In einem Interview mit RTL/ntv am 18. November stritt er die Verwendung noch ab. "Das stimmt nicht. Dieser Begriff ist nicht benutzt worden", sagte er.
Kritik von SPD und GrüneSPD-Chef Lars Klingbeil schrieb auf X: "Es ist gut, dass langsam alles ans Licht kommt und die Bürger sich ein Bild machen können."
Auch die Grünen-Fraktionsvorsitzende Britta Haßelmann kritisierte den ehemaligen Koalitionspartner auf X: "Ein Parlament ist kein Schlachtfeld, und das Ringen um die besten Ideen und Konzepte gehört zu unserer lebendigen Demokratie. Diese FDP sollte keine Verantwortung für unser Land übernehmen."
Robert Habeck (Grüne) warf der FDP indirekt vor, die Interessen der Partei über die des Landes gestellt zu haben. "Mein Amtseid lautete, meine Kraft dem Wohle des Volkes zu widmen – und nicht dem Wohle einer Partei", sagte der Vizekanzler am Rande einer politischen Veranstaltung in Berlin.
Selbstkritische Töne innerhalb der FDPAuch aus den eigenen Reihen gibt es erste kritische Äußerungen. FDP-Präsidiumsmitglied Marie-Agnes Strack-Zimmermann sagte der Nachrichtenagentur dpa, dass jetzt vor allem "Selbstkritik und Aufarbeitung" gefragt seien. Mit den verwendeten Begriffen im Papier wolle sie sich allerdings nicht beschäftigten. "Die Wortwahl ist der Sache nicht dienlich, eine Verschriftlichung mit dieser Tonalität nicht nachvollziehbar", sagte sie.
Grundsätzlich verteidigte Strack-Zimmermann, dass sich ihre Partei im Vorfeld des Koalitionsbruchs auf mögliche Wege zum Ausstieg aus der Regierung vorbereitet habe. "Dass man sich in einer Situation, wie wir sie in der Regierung hatten, mit Ausstiegsszenarien (...) auseinandersetzt, war folgerichtig, nicht nur für die FDP", sagte sie. Bei den entsprechenden Treffen sei sie aber nicht dabei gewesen.
Die FDP hat ihr Papier zu möglichen Ausstiegsszenarien aus der Ampelkoalition selbst veröffentlicht, nachdem eine ausführliche Recherche der ZEIT große Diskussionen über Ursachen und Urheber des Koalitionsbruchs ausgelöste. In mehreren Treffen der engsten FDP-Führung wurden demnach seit Ende September Szenarien für ein Ende der Koalition durchgespielt.