Bundesligarückschau: Die Naivität des FC Bayern
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Nach dem 3:3 in Frankfurt müssen sich die Bayern die Frage gefallen lassen: Wie viel Risiko ist zu viel? Leverkusen bekommt derweil den Schlendrian. Alles vom 6. Spieltag
7. Oktober 2024, 9:16 Uhr
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Frankfurt gegen Bayern, weil es Anlass für fußballerische Grundsatzfragen bot: Wie viel Risiko ist gesund? Wo hört Mut auf und wo fängt Naivität an? Und warum trifft Omar Marmoush gerade jeden Ball? Nach dem 3:3 steht fest, dass die Bayern in diesem Jahr eigentlich nur an sich selbst scheitern können. Fast über das gesamte Spiel strahlten sie eine kaum fassbare Dominanz aus, erspielten sich Chancen wie aus einem Playbook. Die Frankfurter hatten eigentlich nie den Ball, wenn aber doch, trafen sie. In Halbzeit eins gingen sie nach ihrem zweiten Konter des Spiels gar 2:1 in Führung. Am Ende reichten den Hessen drei Gegenstöße, um einen Punkt zu holen, den sie wie einen Sieg feierten. Mann des Tages dabei: Omar Marmoush, der ein Tor vorbereitete und zwei selbst machte, auch den nochmaligen Ausgleich tief in der Nachspielzeit.
Sich bei eigener Führung auswärts in der 94. Minute auskontern zu lassen, das muss man erstmal schaffen. Fand auch der Dazn-Experte Michael Ballack, der mit Thomas Müller nach dem Spiel ein kleines fußballphilosophisches Proseminar abhielt. Ballack fand, dass die Bayern, wie schon bei der Niederlage gegen Aston Villa, zu viel Risiko eingingen. Müller war anderer Meinung (wie auch sein Trainer Vincent Kompany). "Es war ein Genuss, wie wir den Gegner eingeschürt haben." Und dass diese Dominanz eben mit einem gewissen Risiko einhergeht. Dass diese Spielweise langfristig aber die bessere sei, weil bei dem Verhältnis von herausgespielten zu zugelassenen Torchancen gar nichts anderes herauskommen könne als viele, viele Siege. "Wenn wir dieses Spiel noch 15-mal spielen, werden wir es 13-mal gewinnen", sagte Müller. Und nach drei Spielen ohne Sieg: "In dieser Krise befinde ich mich gerne."
Welches Spiel konnten Sie mit gutem Gewissen verpassen?Bremen gegen Freiburg. Die Bremer Fans verpassen bei Heimspielen seit einiger Zeit das Schönste am Fußball: den Torjubel. In den drei Heimspielen der bisherigen Saison traf ihre Mannschaft nie. Gleiches trifft auf den FC St. Pauli zu, aber in Bremen ist es besonders schade, weil auf ein Heimtor im Bremen traditionell eines der romantischsten Torjubelelemente der Liga ertönt, ein tiefdröhnendes Nebelhorn. Das Verstummen des Nebelhorns, das klingt wie ein mittelguter Krimi aus Norddeutschland, lässt die Werderfans tatsächlich frösteln. Beim 0:1 gegen Freiburg war die Bremer Offensivnot so groß, dass der Werder-Coach Ole Werner gar Oliver Burke einwechselte, obwohl der schottische Stürmer eigentlich schon aussortiert war und nur noch auf dem Bremer Gehaltszettel steht, weil sich im Sommer kein neuer Verein für ihn fand.
Wer stand im Blickpunkt?Kevin Vogt. Der kennt sich damit aus, auf Tore zu warten. Zuletzt hatte Vogt vor fast zehn Jahren getroffen, im Oktober 2014, da war Deutschland noch Fußballweltmeister. Nach 275 torlosen Spielen, nach 3640 Tagen, versenkte Vogt nun einen Elfer zum 1:0 gegen Borussia Dortmund. Noch nie in der Ligageschichte hatte ein Feldspieler länger auf ein Tor warten müssen als Vogt. Seine Hauptaufgabe als Verteidiger, das Toreverhindern, erledigte er gegen den BVB auch ordentlich, was aber auch am Morbus BVB lag: Auf ein gutes Spiel (Celtic Glasgow) folgte mal wieder ein schlechtes. Es ist das altbekannte Dortmunder Auf und Ab, das einen mal in ein großes Finale führen kann, aber sicher nicht zur Meisterschaft. Kevin Vogt wäre übrigens rein rechnerisch bei seinem nächsten Tor 43 Jahre alt.