Bei Bayer brennt's lichterloh: Lässt sich Kompanys ...

22 Stunden vor

Beim FC Bayern ist die Laune gut-schlecht. Geht nicht? Geht doch. Die Gemütslage beim Rekordmeister aus der bayrischen Landeshauptstadt München ist ein großes Paradoxon in dieser noch jungen Bundesliga-Saison. Und damit herzlich willkommen, liebe Leserinnen und Leser, bei den Lehren, die wir nach den ersten sechs Spieltagen ziehen können.

FC Bayern - Figure 1
Foto n-tv NACHRICHTEN

Der FC Bayern macht sich selbst Spaß - trotz "Ergebniskrise": Dietmar Hamann hatte den FC Bayern ja bereits in der vergangenen Woche wieder einmal angezündet, als er eine erneute Diskussion um Harry Kane aufmachte. Nach diesem Wochenende sieht sich der Klub erneut einer Debatte ausgesetzt: Taugt der riskante Spielplan von Trainer Vincent Kompany, um die großen Ziele zu erreichen? Anlass: Der FC Bayern hatte aus den drei bislang schwersten Spielen der Saison lediglich zwei Punkte geschleppt. Gegen den taumelnden Meister Bayer Leverkusen gab es ein Remis (1:1), in der Champions League bei Aston Villa eine Niederlage (0:1) und gegen Eintracht Frankfurt wieder nur ein Remis (3:3), erneut in der Bundesliga.

Der Mann, der auf all die Debatten in München reagiert, ist, Obacht, Max Eberl. Er ist der legitime Nachfolger, der wieder leiser gewordenen Stimme vom Tegernsee, von Uli Hoeneß. Hamann schleuderte er entgegen, ein wiederkehrender Tinnitus zu sein und den leisen Zweifeln an Kompanys (zu) riskantem Ansatz setzte er ein siebenminütiges Referat entgegen. Er kam aus dem Schwärmen für seinen neuen Trainer gar nicht mehr heraus. Er feierte die "außergewöhnliche" Spielweise, die "bemerkenswerte" Dominanz. Und gab nach dem späten Remis bei Eintracht Frankfurt dennoch zu, dass er "angekotzt" sei. Weil das Ergebnis eben nicht stimmte. Aber Zweifel, gar Besorgnis, die wollte er nicht, auf keinen Fall, aufkommen lassen.

Ebenso wie Thomas Müller; der klubeigene Radiosender brachte die folgende Botschaft in die Welt: "Das ist eine gute Spielweise, wenn du so einen starken Gegner auswärts so dominierst. Es war ein Genuss, wie wir den Gegner eingeschnürt haben. Wir haben jetzt dreimal nicht gewonnen, aber in dieser Krise befinde ich mich sehr gerne."

Noch ist es vielleicht die beste Krise seit langer Zeit, aber die Münchner laufen ein wenig Gefahr, dass sie sich von sich selbst blenden lassen. Toller Fußball ist super, macht Spaß, aber die Ergebnisse bringen die Silberware. Und die soll nach einer titellosen Saison gerne wieder in großer Zahl rangeschafft werden.

Bayer Leverkusen hat sich den Wahnsinn ausgetrieben: Beim Meister schrillen bereits früh die Alarmglocken. Es ist die Zeit für Brandreden. Erst von Granit Xhaka, dann vom wütenden Keeper Lukas Hradecky. Was ist nur los unterm Bayer-Kreuz? Nun, der Wahnsinn ist weg. Klar, Bayer kann immer noch späte Tore, aber das ist damit nicht gemeint. "Wir waren Meister, weil wir jedes Spiel angegangen sind wie die Verrückten. Heute habe ich nicht diese endlose Gier und den Willen gesehen, das Spiel zu killen", schimpfte der wütende Hradecky nach der Blamage gegen Aufsteiger Holstein Kiel (2:2). Trotz 2:0-Führung nach acht Minuten war das Spiel nicht unter Dach und Fach. Die frühe Bundesligapleite gegen RB Leipzig nach einer Saison ohne jede Niederlage konnte noch verkraftet werden (2:3), das vogelwilde 4:3 gegen den VfL Wolfsburg brachte dann Xhaka zur Verzweiflung und nun brodelte es erst in Hradecky und dann aus ihm heraus.

FC Bayern - Figure 2
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Defensiv ist das Team überraschend anfällig. Eine Lösung, dringend gesucht. Eine Erklärung gibt es aber womöglich bereits für die herausexorzierte "Verrücktheit des Teams". Auf der Jagd nach der perfekten Saison wuchs die Mannschaft im vergangenen Spieljahr über sich hinaus, knallte immer wieder großes Spektakel auf den Rasen, rettete sich oft in wilden Nachspielzeiten. Physisch und psychisch war das am Limit oder darüber hinaus.

Doch Zeit zum Aufladen der Akkus gab's kaum. Die Stars Jonathan Tah, Robert Andrich und Florian Wirtz erlebten eine große und aufreibende Zeit bei der Heim-EM, Xhaka glänzte beim gleichen Turnier mit der Schweiz. Die Schlüsselspieler des Teams von Xabi Alonso rannten weiter, immer weiter. Und auch jetzt ist keine Pause in Sicht. Ein Großteil der Leverkusener ist auf Länderspielreise, Dinge wieder ins Gleichgewicht zu bringen, ist kaum möglich. Danach kommt Eintracht Frankfurt. "Wir müssen jetzt lernen, aber ja: Wir haben nicht viel Zeit", gestand Alonso ein. "Aber wir müssen weiter lernen." Am besten schnell.

Der BVB wird die alten Geister nicht los: Die gute Nachricht für alle Dortmunder vorweg: Die Tabellenspitze ist noch in Reichweite. Vier Punkte sind es auf den FC Bayern. Das ist das unbestechliche Faktenwerk. Emotional sieht die Lage dagegen ganz anders aus. Die Mannschaft als Meisterkandidat? Eher steigt der FC Schalke 04 auf. Nein, keine Bange, so fürchterlich ist die Lage dann doch (noch) nicht.

Aber das Team von Trainer Nuri Şahin gibt den Fans neue Rätsel auf, macht es ihnen derzeit nicht leicht, Geduld zu bewahren. Der neue Coach hatte Euphorie geweckt, auch die großen Transfers von Serhou Guirassy, Waldemar Anton, Pascal Groß, Maxi Beier und Yan Couto taugten als Vorfreude-Push auf die neue Saison. Doch spätestens nach diesem sechsten Spieltag ist die Stimmung im Keller angekommen. Bei Union Berlin gab's eine 1:2-Niederlage und eine erste Halbzeit, die alle im Verein aufschreckte. So gehe es einfach nicht, schimpfte der Sportdirektor Sebastian Kehl.

Und so schleicht das M-Wort mal wieder durch Dortmund. Gegen den VfL Bochum hatten sie noch reichlich Argumente gesammelt, über eine robuste Mentalität zu verfügen, eine katastrophale erste Halbzeit noch zu einem guten Ende zu bringen. Gegen Celtic Glasgow im folgenden Champions-League-Spiel legte die Künstler in den schwarzgelben Triktos eine surreale Gala hin (7:1), um dann wieder einen herben Rückschlag zu kassieren.

Was aber auffällig ist und bleibt: Die Mannschaft hat Probleme mit der Restverteidigung. Das ist eben nicht nur eine Sache der Positionierung, sondern auch des Willens. Gerade gegen Gegner, die nicht aus dem obersten Regal des nationalen oder internationalen Fußballs kommen. Schon Sahins Vorgänger Edin Terzić kämpfte mit diesen Problemen. Die Schwankungen dieser Mannschaft bleiben das (seit Jahren schon) wohl größte Mysterium der Bundesliga. Und eine zumindest schnelle Lösung scheint nicht in Sicht: "Wir sind auf der Suche, das ist doch klar. Weil wir wissen, was uns am Ende blüht, wenn wir womöglich wieder in diese Rolle reinkommen", sagte Kehl.

FC Bayern - Figure 3
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VfB merkt Qualitätsverlust: Der VfB Stuttgart wäre in der vergangenen Saison die ganz große Sensation im deutschen Fußball gewesen, hätte es da nicht den ungeschlagenen Meister aus Leverkusen gegeben. Im Sommer zahlte der Verein einen hohen Preis für das eigene Spektakel. Mit Anton, mit Guirassy und Hiroki Ito gingen gleich drei Leistungsträger, immer konnten der umworbene Chris Führich und Leihspieler Deniz Undav (für viel Geld) gehalten werden. Aber nach sechs Spieltagen und der Belastung durch Champions League und DFB-Pokal bekommt der VfB zu spüren, dass im Sommer viel Qualität weggebrochen ist. Hinzu kommen teilweise aberwitzige Verletzungsprobleme in der Abwehr. Noch ist die Lage beherrschbar, aber die Belastung wird noch größer. Mittlerweile spielen sechs Stuttgarter in der deutschen Nationalmannschaft. Keine andere Mannschaft stellt mehr. Belohnung für großartige Arbeit, aber auch Herausforderung, das erreichte Level zu halten.

Der SC Freiburg überrascht und kaum jemand nimmt es wahr: Überregional kaum geredet wird in dieser Saison bislang über den SC Freiburg. Dabei ist dem Klub etwas Erstaunliches gelungen. Es gibt kein Gerede über Christian Streich, die Bundesliga-Ikone hatte die Freiburger nach Ewigkeiten in diesem Sommer verlassen. Sportlich war er über jeden Zweifel erhaben, moralisch sogar noch ein bisschen mehr. Streich mischte die Liga auf, rüttelte die Gesellschaft wach. In seine Fußstapfen zu treten, dürfte das undankbarste Erbe gewesen sein, das es im deutschen Fußball-Oberhaus seit langer Zeit gegeben hat.

Doch Julian Schuster gelingt es bislang auf stille und große Weise, die Post-Streich-Ära zu gestalten. Der Sportclub steht auf Platz vier der Tabelle (Hand aufs Herz, wer hätte das ohne nachzuschauen gewusst?), hinter dem FC Bayern, hinter den vor allem defensiv brutal starken Leipzigern (erst zwei Gegentore) und hinter dem anderen Überraschungsteam Eintracht Frankfurt. Dort ist es Dino Toppmöller gelungen, aus einer durchwachsenen Saison die richtigen Schlüsse zu ziehen und mit klugen Transfers eine furiose Mannschaft um Superstürmer Omar Marmoush zusammenzubauen.

Zurück nach Freiburg: Patrick Osterhage fasste vor wenigen Tagen in Worte, was ihn an Schuster begeistert: "Er ist ein junger Trainer und sprüht vor Energie. Er will Dinge vermitteln, uns mit ins Boot holen, das finde ich super." Das Miteinander sei mit dem Freiburger Urgestein "mehr auf Augenhöhe, als ich es schon kennengelernt habe", sagte Osterhage.

Hier ist Krise angesagt: Natürlich beim VfL Bochum! Gerade einmal einen Punkt hat die Mannschaft bisher geholt, nach einer enttäuschenden Leistung gegen Holstein Kiel. Eine Trainerdiskussion gibt es "anne Castroper" aber offiziell nicht, Peter Zeidler darf die Bochumer in den Horror-Herbst führen, mit Spielen gegen den FC Bayern, gegen Bayer Leverkusen und den VfB Stuttgart.

Aber zunächst geht es nach der Länderspielpause gegen die TSG Hoffenheim, dort gelingt es Trainer Pellegrino Matarazzo gerade ganz langsam, seinen Trainersitz wieder zu stabilisieren. Gerade erst mit einem Sieg in der Europa League und einem Remis beim VfB Stuttgart. Woche für Woche war zuletzt davon ausgegangen worden, dass er umfällt. Eine Niederlage gegen den VfL würde Matarrazos Stuhl allerdings wieder ins Wanken bringen, vermutlich sogar ins Umkippen. Auf wackeligen Pfaden wandelt weiter auch Gerardo Seoane. Der Trainer von Borussia Mönchengladbach hat im Sommer mit Kevin Stöger und Tim Kleindienst zwei Toptransfers gelandet. Aber noch galoppiert das lahmende Fohlen nicht.

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