Marktbericht Aktien bleiben gefragt

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DAX auf Rekordniveau Aktien bleiben gefragt

Stand: 17.10.2024 18:20 Uhr

Der DAX hat heute nach einer erneuten Zinssenkung der Europäischen Zentralbank und guten Nachrichten von Unternehmen ein weiteres Rekordhoch markiert. Ein Wert sticht besonders heraus.

Es ist eine brisante Mischung, die derzeit die Aktienkurse an der Börse stetig antreibt. Sinkende Zinsen bei gleichzeitig stabilen Unternehmensergebnissen ermutigen die Anleger, bei Aktien zuzugreifen. Ein Szenario, das genau so auch auf die Weltleitbörse in New York zutrifft, die ebenfalls auf Rekordkurs ist und von der der deutsche Leitindex DAX kräftig profitiert.

Konkret ist das, was sich schon heute am Vormittag abzeichnete, nach der wie erwartet ausgefallenen Zinssenkung der Europäischen Zentralbank um einen Viertelpunkt eingetreten. Der DAX markierte im weiteren Verlauf bei 19.674 Punkten ein neues Rekordhoch, die alte Bestmarke hatte bei 19.633 Zählern gelegen. Am Ende schloss der deutsche Leitindex bei 19.583 Punkten um 0,77 Prozent höher und leicht unter seiner neuen Bestmarke. Der MDAX der mittelgroßen Unternehmen stieg moderat um 0,36 Prozent.

Leitzins nun bei 3,25 Prozent

Es war heute, wie von fast allen Marktteilnehmern erwartet, die zweite Zinssenkung der EZB innerhalb von nur fünf Wochen. So etwas hat es seit 13 Jahren nicht mehr gegeben. Der maßgebliche Einlagensatz fällt damit von 3,5 auf 3,25 Prozent. Auf ihrer Pressekonferenz erklärte Zentralbankchefin Christine Lagarde, die Inflationsrisiken seien mehr abwärts als aufwärts gerichtet. Gleichzeitig betonte sie, das Vorgehen der Notenbank werde weiterhin datengetrieben bleiben, man werde "von Sitzung zu Sitzung" entscheiden.

"Die EZB drückt leicht aufs Tempo bei den Zinssenkungen. Sie zollt damit der enttäuschenden Konjunkturentwicklung im Euroraum und in Deutschland Tribut. Es handelt sich aber eher um einen vorsorglichen Schritt als um eine dringende Notwendigkeit", kommentierte Ulrich Kater, Chefökonom der Dekabank.

Zuvor gab es für die EZB gute Nachrichten im Kampf gegen die Inflation: Waren und Dienstleistungen verteuerten sich im September im Euroraum nur noch um durchschnittlich 1,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat, wie das Statistikamt Eurostat mitteilte. Die Energiepreise sanken um 6,1 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat und sorgten mit dafür, dass die Teuerungsrate auf den niedrigsten Stand seit rund dreieinhalb Jahren gedrückt wurde.

Sartorius ragt im DAX heraus

Unter den Einzelwerten im DAX ragte die Vorzugsaktie des Göttinger Pharma- und Laborzulieferers Sartorius mit einem Kurssprung von über 16 Prozent heraus. Das Unternehmen sieht nach einer Prognosesenkung zum Halbjahr Anzeichen der Besserung.

In den ersten neun Monaten sei der Umsatz um 2,8 Prozent auf 2,47 Milliarden Euro gesunken, das operative Ergebnis (Ebitda) ging im aktuellen Berichtszeitraum um 6,4 Prozent auf 686 Millionen Euro zurück. Der Auftragseingang stieg Unternehmensangaben zufolge aber deutlich um 5,7 Prozent auf 2,3 Milliarden Euro.

Analystin Delphine Le Louet vom US-Analysehaus Bernstein Research urteilte: "Die Geschäfte von Sartorius haben sich im dritten Quartal stabilisiert. Und das ist, was wir von dem Unternehmen sehen wollten."

Merck baut verstärkt auf KI-Anwendungen

Auch die Papiere des Darmstädter Merck-Konzerns legten kräftig um über sieben Prozent zu. Gleichzeitig profitierten sie dabei nach Händlerangaben auch von den Sartorius-Ergebnissen.

Mit Blick auf Merck ziehe neben den eher positiven Signalen seitens Sartorius wohl das Stichwort "Künstliche Intelligenz" (KI), sagte der Händler weiter. Dass Merck nach zwei Studienflops mit wichtigen Medikamenten seine mittelfristigen Wachstumsambitionen für die Pharmasparte eindampfte, war laut den Experten des Analysehauses Jefferies zudem keine Überraschung.

Dagegen äußerte sich das Merck-Management beim Kapitalmarkttag zuversichtlich, mittelfristig wieder zu nachhaltigem Wachstum zurückkehren zu können. Dabei dürfte Merck eigenen Angaben zufolge dank des Booms von KI-Anwendungen von einer beschleunigten Entwicklung in seiner Elektronik-Sparte mit Halbleitermaterialien profitieren. Für diesen Bereich hob Merck seine Mittelfristziele denn auch an. Dies sei angesichts des zuvor konservativen Ansatzes der Unternehmensleitung verständlich, schrieb Analyst Matthew Weston von der Schweizer Großbank UBS.

Auch Wall Street auf Rekordkurs

Unter der Führung der Chipaktien geht es in New York ebenfalls nach oben, wenn auch nicht mehr ganz so stürmisch wie zu Sitzungsbeginn. Alle großen Aktien-Indizes liegen weiter im Plus, dabei hat der marktbreite S&P-500-Index in den ersten Handelsminuten bei 5.878 Punkten eine neue Bestmarke aufgestellt. Der Leitindex Dow Jones gewinnt 0,3 Prozent, die Nasdaq gut 0,5 Prozent. Die Märkte knüpfen damit an ihre Erholung vom Vortag an.

Neben der erfolgreich angelaufenen Berichtssaison sorgt der aufgehellte Ausblick der Taiwan Semiconductor Manufacturing (TSMC) für gute Laune im Sektor. Der Nettogewinn stieg im Vergleich zum Vorjahresquartal um 54,2 Prozent auf 325,26 Milliarden Neue Taiwan-Dollar (9,31 Milliarden Euro), wie der Konzern mitteilte. Der Umsatz legte um 36 Prozent auf umgerechnet 21,65 Milliarden Euro zu.

TSMC sieht eine weiterhin hohe Nachfrage nach Chips für Anwendungen rund um KI und gab für das vierte Quartal höher als von Analysten erwartete Geschäftsziele aus. Auch die Papiere von Applied Materials und AMD eröffnen mit Gewinnen.

Platzhirsch Nvidia steht derweil nur noch einen Wimpernschlag unter seinem alten Rekordhoch von 140,76 Dollar und legt im frühen Geschäft 3,4 Prozent zu. Der zunehmende Optimismus von TSMC dürfte die Sorgen um die weltweite Chipnachfrage und die Nachhaltigkeit des Booms bei Künstlicher Intelligenz mildern.

Travelers an der Dow-Spitze

Stärkster Einzelwert im Dow Jones ist aber der Versicherer Travelers, dessen Aktie um über sieben Prozent steigt. Dank geringerer Ausgaben bei Privat- und Anleihenversicherungen sowie höherer Investmenterträge im dritten Quartal hat das Unternehmen einen Gewinnsprung hingelegt. Nach einem Überschuss von 404 Millionen Dollar ein Jahr zuvor häufte sich in den drei Monaten bis Ende September nun ein Gewinn von 1,26 Milliarden Dollar (1,16 Mrd. Euro) an, wie die Gesellschaft heute in New York mitteilte.

Einzelhandelsumsätze über Erwartungen

Zur guten Börsenstimmung heute tragen auch neue Konsumdaten bei. Denn die Umsätze des US-Einzelhandels sind im September etwas stärker gestiegen als erwartet. Die Erlöse kletterten im Vergleich zum Vormonat um 0,4 Prozent, wie das Handelsministerium heute in Washington mitteilte. Volkswirte hatten im Schnitt mit einem Anstieg um 0,3 Prozent gerechnet. Ohne die volatilen Umsätze mit Autoverkäufen stiegen die Einzelhandelserlöse im September sogar um 0,5 Prozent. Erwartet worden war hier nur ein Zuwachs von 0,1 Prozent.

Euro bleibt weiter unter Druck

Die europäische Gemeinschaftswährung fällt derweil am späten Nachmittag weiter zurück auf 1,0837 Dollar. Bereits am Vormittag hatte der Euro vor dem Zinsentscheid der EZB nachgegeben. Fundamentaler Gegenwind kam zudem aus Deutschland von den Auftragszahlen der deutschen Industrie. Auch die Rentenmärkte tendieren leichter. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,0866 (Mittwoch: 1,0897) Dollar fest.

Auftragspolster der Industrie wird dünner

Das Auftragspolster der deutschen Industrie ist im August wegen der schwierigen Lage der Autobranche wieder dünner geworden. Die noch offenen Bestellungen fielen um 1,0 Prozent geringer aus als im Vormonat, wie das Statistische Bundesamt heute mitteilte. Gemessen am Vorjahresmonat nahm der Auftragsbestand inflationsbereinigt um 4,7 Prozent ab, im Juli hatte es wegen Großaufträgen einen Zuwachs gegeben.

"Der Zuwachs im Vormonat war nur eine Eintagsfliege", kommentierte der Chefvolkswirt der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank AG, Alexander Krüger, die Entwicklung. "Die Auftragslage ist schwierig und die Stimmung mies. Kein Wunder, dass sich der Bestand nach Süden entwickelt." Ein Ende dieses negativen Trends sei kaum absehbar.

Ölpreise stabilisieren sich

Nach dem jüngsten Rückgang haben sich die Preise am Ölmarkt stabilisiert. Die Rohöl-Sorte Brent aus der Nordsee tendiert am späten Nachmittag um gut 0,3 Prozent moderat schwächer, US-Öl der Sorte WTI kostet 0,2 Prozent mehr. Für schlechte Stimmung hatte jüngst die OPEC gesorgt, als sie vor allem wegen der schwächelnden Konjunktur in China ihre Bedarfsprognosen für 2024 und 2025 erneut gesenkt hatte.

Geschäft des Scheinwerfer-Herstellers Hella stagniert

Der Scheinwerfer-Hersteller Hella hat in einem schwierigen Marktumfeld die Erlöse stabil gehalten. In den ersten neun Monaten des Jahres stagnierten die Umsätze im Vergleich zum Vorjahreszeitraum bei 5,9 Milliarden Euro, wie das im MDAX notierte Unternehmen heute auf Basis vorläufiger Zahlen mitteilte. Währungsbereinigt stiegen die Erlöse um 0,8 Prozent auf sechs Milliarden Euro.

Nokia: Starke Zahlen und Stellenstreichungen

Dank strikter Kostenkontrolle und besserer Geschäfte in ertragsstarken Märkten hat Nokia ein überraschend starkes Gewinnplus bekanntgegeben. Das Unternehmen steigerte das operative Ergebnis um neun Prozent auf 454 Millionen Euro, obwohl der Umsatz um acht Prozent auf 4,33 Milliarden Euro schrumpfte.

In China hat das finnische Unternehmen nach Angaben von Insidern derweil rund 2.000 Mitarbeiter entlassen, ein Fünftel der Belegschaft. In Europa wolle der finnische Telekom-Ausrüster weitere 350 Stellen abbauen. Dies bestätigte der Konzern: Gespräche über den Stellenabbau in Europa hätten begonnen. Eine Stellungnahme zu China lehnte Nokia jedoch ab. Die Kürzungen stehen nach Angaben der Insider im Zusammenhang mit den im vergangenen Jahr angekündigten Sparmaßnahmen.

Nordea erhöht das Renditeziel

Die skandinavische Bank Nordea hat nach einem etwas besser als erwartet ausgefallenen dritten Quartal die Prognose für das laufende Jahr erhöht. Bei der Eigenkapitalrendite werde jetzt ein Wert von mehr als 16 Prozent erwartet, teilte die im europäischen Auswahlindex EuroStoxx 50 notierte Bank heute in Helsinki mit. Bisher hatte Nordea eine Eigenkapitalrendite von mehr als 15 Prozent angepeilt. Die neue Prognose der Bank liegt über den bisherigen durchschnittlichen Analystenerwartungen von 15,8 Prozent. Nordea-Aktie standen an der Indexspitze.

Sony verliert vor EuGH im Streit um Schummel-Software

Im Streit um Schummel-Software für Spielkonsolen kassiert der Playstation-Hersteller Sony eine Niederlage vor Europas höchstem Gericht. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschied in Luxemburg, dass sogenannte Cheat-Software nicht grundsätzlich gegen Urheberrecht verstoße, solange sie lediglich vorübergehend Daten im Arbeitsspeicher einer Konsole verändere.

Im konkreten Fall geht es um ein Autorennspiel für eine inzwischen nicht mehr produzierte mobile Spielkonsole. Dank der zusätzlichen Funktionen durch Cheat-Software war es Spielern hier zum Beispiel möglich, den "Turbo" unbeschränkt zu nutzen oder von Anfang an Fahrer auszuwählen, die eigentlich erst ab einem höheren Punktestand zur Verfügung stehen sollten. Der Playstation-Hersteller Sony forderte deswegen von den Entwicklern und Verkäufern der Cheat-Software Schadenersatz wegen einer Verletzung von Urheberrechten.

Nahrungsmittelriese Nestle kappt Prognose erneut

Der Nahrungsmittelriese Nestle schraubt seine Prognose erneut zurück. Der Hersteller von Nespresso, Maggi und KitKat peilt für das laufende Geschäftsjahr nun ein organisches Wachstum von rund zwei Prozent an, wie Nestle heute mitteilte. Im Juli hatte der Schweizer Konzern die Prognose bereits auf mindestens drei (zuvor vier) Prozent eingedampft. In den ersten neun Monaten 2024 erwirtschaftete Nestle einen Umsatz von 67,2 Milliarden Franken. Analysten hatten einer vom Unternehmen selbst erhobenen Umfrage zufolge einen Umsatz von 67,6 Milliarden Franken geschätzt.

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