Energiekonzern: Evonik baut radikal um und streicht bis zu 7000 ...
Evonik-Chef Christian Kullmann (55) reagiert auf die anhaltende Krise in der Chemiebranche: Er will den Essener Chemiekonzern deutlich verschlanken und verordnet dem Unternehmen deshalb den größten Umbau seiner Geschichte. Die bereits angekündigten Sparprogramme werden konkretisiert, zudem will sich Evonik von weiteren Geschäftsbereichen trennen.
In der neuen Struktur, die zum 1. April 2025 umgesetzt wird, steht der Konzern künftig auf zwei Säulen. Das Segment Custom Solutions stellt etwa Produkte für die Kosmetik- und Pharmaindustrie her. Der Bereich mit rund 7000 Mitarbeitern soll auch in Nischenmärkten aktiv sein und dort maßgeschneiderte Lösungen für Kunden entwickeln. Im Segment Advanced Technologies werden mit rund 8000 Mitarbeitern unter anderem Hochleistungskunststoffe und Wasserstoffperoxid sowie Ergänzungsmittel für die Tier-Nahrung produziert. Evonik sei in diesen Geschäften in der Regel führend, sagte Kullmann. Im Konzern sind zudem noch zahlreiche Mitarbeiter mit dem Betrieb von Anlagen sowie der Verfahrenstechnik beschäftigt.
Der Umbau wirkt sich auch auf den Vorstand aus – und auf das Management. Die beiden tragenden Säulen von Evonik übernehmen im Vorstand die Amerikanerin Lauren Kjeldsen und die Französin Claudine Mollenkopf. Die Vorstände Harald Schwager und Johann-Caspar Gammelin werden dagegen ausscheiden. Evonik will außerdem eine komplette Führungsebene im operativen Geschäft streichen. Rund 500 Stellen im Management sollen wegfallen, weitere 1000 Führungskräfte sollen bis Ende 2027 neue Aufgaben erhalten, kündigte der Manager an. Bisher steuerte Evonik das operative Chemiegeschäft in den Einheiten Specialty Additives, Nutrition & Care sowie Smart Materials. Dies wird nun anders.
Kullmann hat bereits Sparprogramme eingeleitet, durch die rund 2000 Stellen wegfallen. Außerdem sollen Geschäftsbereiche mit insgesamt knapp 4000 Beschäftigten an den Standorten Marl und Wesseling abgetrennt werden. Sie könnten dann möglicherweise verkauft oder in Gemeinschaftsunternehmen eingebracht werden, sagte Evonik-Chef Kullmann. Insgesamt und inklusive bereits laufender Verkaufsprogramme könnte Evonik damit mittelfristig rund 7000 Stellen streichen. Derzeit arbeiten rund 32.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei dem Essener Chemiekonzern.
Konzentration auf margenstarke Geschäfte, Verkauf des MassengeschäftsKullmann will Evonik durch den Umbau auf zukunftsträchtige und margenstarke Geschäfte ausrichten, in denen der Konzern weltweit technologisch führend ist. Von Massengeschäften verabschieden sich die Essener, weitere Verkäufe stehen noch an.
Die Chemieindustrie in Deutschland befindet sich in der Krise, die Hoffnung auf eine Belebung in diesem Jahr hat die Branche aufgegeben. „Unsere Industrie befindet sich in einer schweren Rezession. Die Nachfrage nach chemischen Produkten sinkt weiter, auch das Pharmageschäft schwächelt“, hatte der Hauptgeschäftsführer des Verbands der Chemischen Industrie (VCI), Wolfgang Große Entrup, in dieser Woche gesagt. Zahlreiche Konzerne haben mit Sparprogrammen und einem Abbau von Stellen reagiert.
Abschied von Randgeschäften: "Es wird nichts verramscht"Evonik hatte angekündigt, bis 2026 rund 2000 Stellen abbauen zu wollen, rund 1500 davon in Deutschland. Die Kosten sollen damit um rund 400 Millionen Euro gedrückt werden. Zudem steht auch das intern C4-Verbund genannte Geschäft mit über 1000 Mitarbeitern zur Disposition. „Wir werden die C4-Chemie dann verkaufen, wenn wir einen guten Preis bekommen und einen sicheren Hafen für sie finden. Es wird nichts verramscht“, sagte Kullmann.