Europawahl: AfD gewinnt in Sachsen - Union deutschlandweit vorn

10 Jun 2024

Ein ganz bitterer Abend für die Ampel-Partner SPD, Grüne und FDP: Bei der Europawahl hängt die Union die Konkurrenz ab, die AfD landet mit großem Plus bundesweit auf Platz zwei. In Sachsen liegt sie sogar vorn.

Europawahl Sachsen - Figure 1
Foto Sächsische.de

Die AfD ist bei der Europawahl in Sachsen stärkste Kraft geworden.. © Joerg Carstensen/dpa

Die Union ist bei der Europawahl mit Abstand stärkste Kraft in Deutschland geworden. Nach dem von der Bundeswahlleiterin am frühen Montagmorgen bekanntgegebenen vorläufigen amtlichen Ergebnis steigert sich die Union leicht auf 30,0 Prozent, die AfD erreicht mit 15,9 ihr bislang bestes Ergebnis bei einer bundesweiten Abstimmung.

Im Osten wurde die Partei sogar stärkste Kraft. In Sachsen holte sie 31,8 Prozent der Stimmen, wie aus Daten des Landeswahlleiters nach Auszählung aller Gemeinden am frühen Montagmorgen hervorging. Die CDU musste sich mit 21,8 Prozent geschlagen geben. Das Bündnis Sahra Wagenknecht kam im Freistaat aus dem Stand auf 12,6 Prozent, dahinter landeten mit einigem Abstand SPD (6,9), die Grünen (5,9) und die Linke (4,9).

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Auch bundesweit lief es für die Ampelparteien alles andere als gut: Die SPD, die im Wahlkampf auch auf Kanzler Olaf Scholz als Zugpferd setzte, fällt auf 13,9 Prozent - ihr schlechtestes Ergebnis bei einer bundesweiten Wahl überhaupt. Die Grünen rutschen ab auf 11,9 Prozent. Nur leicht verliert die FDP, die auf 5,2 Prozent kommt.

Die Linke landet bei mageren 2,7 Prozent - ihr schlechtestes Ergebnis bei Europawahlen. Die Partei BSW erreicht aus dem Stand 6,2 Prozent. Die Freien Wähler kommen auf 2,7 Prozent, die Partei Volt liegt bei 2,6 Prozent.

Europawahl: Grüne mit starken Verlusten

Nach dem Wahlergebnis sind die Unionsparteien stabil und haben sogar leichten Zugewinn verbucht. Starke Verluste von mehr als acht Prozentpunkten verzeichneten die Grünen. Der AfD schadeten Korruptions- und Spionagevorwürfe, die sich gegen ihre Spitzenkandidaten richteten, offensichtlich nicht. Sie gewannrund fünf Prozentpunkte hinzu. Wagenknechts Erfolg geht in Teilen zulasten der Linken und der SPD.

Deutschland stellt 96 von insgesamt 720 Abgeordnete im EU-Parlament. Rund 65 Millionen Bürgerinnen und Bürger in der Bundesrepublik waren zur Wahl aufgerufen, EU-weit waren es rund 360 Millionen. In Deutschland konnten erstmals auch 16- und 17-Jährige abstimmen.

Sächsische Abgeordnete im EU-Parlament

Im bisherigen EU-Parlament saßen fünf sächsische Abgeordnete. Im neuen könnten es mehr sein. Einziehen dürften Staatskanzleichef Oliver Schenk (CDU) sowie erneut Matthias Ecke (SPD) und Anna Cavazzini (Grüne). Für die Linke schafft es wohl die Flüchtlingsaktivistin Carola Rackete ins Parlament. Auch der Dresdner AfD-Spitzenkandidat Maximilian Krah gewinnt demnach einen Sitz. AfD-Chef Tino Chrupalla will sich am Montag zur Zukunft Krahs äußern. Zudem dürfte für die AfD der Leipziger Siegbert Droese einziehen und für BSW der frühere Zwickauer Klinikdirektor Jan-Peter Warnke, der mittlerweile in Mecklenburg-Vorpommern lebt.

Kommentar zum AfD-Triumph bei der Europawahl: Was nun, Sachsen?

Im Bund prägten die Verluste für die Ampel die Debatte. CSU-Chef Markus Söder sagte: „Die Ampel ist de facto von den Bürgerinnen und Bürgern abgewählt worden.“ SPD-Chef Lars Klingbeil bezeichnete das Wahlergebnis als „bittere Niederlage“. „Es gibt nichts schönzureden“, fügte er hinzu. Chrupalla sprach von einem historischen Ergebnis für die AfD. BSW-Chefin Wagenknecht sagte, es gebe „ein großes Potenzial“, das sie bei folgenden Wahlen ausbauen wolle.

Die Ergebnisse gelten auch als Stimmungstest für die sächsische Landtagswahl im September. Im Freistaat waren zunächst nur CDU, AfD und BSW im zweistelligen Bereich, die anderen Parteien schnitten einstellig ab.

Das sind die Reaktionen aus Sachsen

Sachsens AfD-Chef Jörg Urban zeigt sich vom Wahlergebnis der Europawahl zufrieden. "Wir sind deutschlandweit zweitstärkste Kraft geworden. Darüber freue ich mich außerordentlich", hieß es in einer Mitteilung vom Sonntagabend.

Die sächsische Europaabgeordnete der Grünen, Anna Cavazzini, hat den Wiedereinzug ins Parlament geschafft, kündigte aber eine kritische Aufarbeitung an: "Das heutige Ergebnis kann uns nicht zufriedenstellen. Wir sind deutlich hinter unseren Möglichkeiten geblieben." Cavazzini sprach von "massiven Kampagnen und Einschüchterungsversuchen von Rechtsaußen".

Sachsens SPD zeigte sich enttäuscht vom Ausgang der Europawahl. "Mit dem Ergebnis für meine SPD kann ich nicht zufrieden sein, auch wenn wir im progressiven Lager wieder die stärkste Partei sind (...)", sagte der sächsische Spitzenkandidat Matthias Ecke. Ecke war im Wahlkampf in Dresden überfallen und krankenhausreif geschlagen worden. "Es war der härteste Wahlkampf, den den wir bisher erlebt haben - mit Angriffen verbal und physisch. Das ist für die Demokratie eine Herausforderung. Das müssen wir ernst nehmen und aufarbeiten, damit wir für die Zukunft die richtigen Lehren ziehen."

Das Wahlergebnis sei weit hinter den Erwartungen zurückgeblieben, sagte Parteichef Henning Homann und blickt schon voraus. Bei der Landtagswahl am 1. September gehe es um Sachsen. Da müssten auch Landesthemen im Mittelpunkt stehen.

Europaweit zeichnet sich Mitte-Rechts-Sieg ab

In ganz Europa gewann das Mitte-Rechts-Bündnis EVP mit der deutschen Spitzenkandidatin Ursula von der Leyen. Nach einer ersten offiziellen Prognose des Europäischen Parlaments kann die CDU-Politikerin trotz starker Zugewinne von Rechtsaußen-Parteien auf eine zweite Amtszeit als Präsidentin der EU-Kommission hoffen. Insgesamt bleibt das klar proeuropäische Lager weiter das mit Abstand größte.

In vielen EU-Staaten, darunter Deutschland, war bereits vor der Wahl ein Plus für rechte Parteien erwartet worden. So hatten Umfragen die AfD zwischenzeitlich bei mehr als 20 Prozent gesehen. Vorwürfe gegen ihren Spitzenkandidaten Maximilian Krah und die Nummer zwei auf der Europawahl-Liste, Petr Bystron, brachten die Partei aber in Schwierigkeiten. Beide gerieten wegen möglicher Verbindungen zu prorussischen Netzwerken in die Schlagzeilen, im Fall Krah geht es zudem um mögliche China-Verbindungen.

In den 27 EU-Staaten waren rund 360 Millionen Bürger wahlberechtigt, davon knapp 61 Millionen Deutsche. Gewählt wurden von Donnerstag bis Sonntag - je nach Land - 720 Abgeordnete für das neue Europäische Parlament, davon am letzten Tag 96 in Deutschland. Abgesehen von der Parlamentswahl in Indien ist es die größte demokratische Abstimmung weltweit - und die einzige Direktwahl über Staatsgrenzen hinweg.

Kommissionspräsidentin von der Leyen strebt zweite Amtszeit an

Nach der Wahl schließen sich die meisten Abgeordneten einer der Fraktionen im EU-Parlament an, also der christdemokratischen EVP, den Sozialdemokraten, den Liberalen, Linken, Grünen oder einer der beiden rechtsgerichteten Gruppen.

Eine der ersten Aufgaben des neuen Parlaments ist die Bestätigung der neuen EU-Kommission, der Exekutive der Union. Die bisherige Kommissionspräsidentin von der Leyen strebt eine zweite Amtszeit an. Die frühere Bundesverteidigungsministerin bewarb sich im Gegensatz zu den anderen Kandidaten nicht um einen Sitz im Europäischen Parlament. (mit dpa)

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