EM 2024: Dabei sein ist alles

19 Nov 2023
EM

Wer bei der Fußball-EM 2024 mitspielen will, hat noch Zeit, sich zu empfehlen. Wer mitarbeiten will, muss sich sputen. Am 15. Dezember läuft die Anmeldefrist ab für das Turnier vom 14. Juni bis 14. Juli: 16 000 Helfer werden gebraucht in den zehn deutschen Spielorten. Schon jetzt sind 138 000 Bewerbungen eingegangen - Rekord, teilt der Deutsche Fußball-Bund (DFB) mit. Für die länderübergreifende EM 2020, die wegen Corona erst 2021 stattfand, waren es 37 000.

Das große Interesse erstaunt insofern, als die Jobs unbezahlt sind: Gesucht werden freiwillige Helfer, sogenannte Volunteers. Die sollen, je nach Aufgabe zwischen fünf und 25 Tage zur Verfügung stehen, zwischen sechs und neun Stunden pro Tag. Definiert sind 25 Einsatzbereiche, von der Akkreditierung bis zum Zugangsmanagement. Dabei werden die Helfer mit Essen, Trinken und einheitlicher Kleidung versorgt; ansonsten werden ihnen nicht mal Unterkunft oder Reisekosten bezahlt. Umso bemerkenswerter, dass fast 100 000 Bewerber aus dem Ausland kommen wollen, vor allem angrenzenden Ländern wie Österreich, Polen, Benelux.

Corinna Mergner, beim DFB fürs Volunteer-Programm verantwortlich, führt diese Resonanz auf "die Kraft des Fußballs" zurück. Die ziehe ein breites Publikum an. "Von 18-Jährigen bis Achtzigjährigen ist alles dabei", sagt sie: Die Bewerber seien "so bunt und vielfältig wie die Gesellschaft". Thomas Freyer bestätigt: "Den 08/15-Volunteer gibt's nicht." Er ist zuständig für internationale Veranstaltungen beim Deutschen Handballbund, der im Januar ebenfalls eine EM ausrichtet.

Die Handballer kommen in ihren sechs Spielorten mit insgesamt 1000 Helfern aus, beworben hatten sich mehr als dreimal so viele. "Es war nicht so, dass wir proaktiv suchen mussten", sagt Freyer. Er kennt Leute, die sich extra Urlaub nehmen, um dabei zu sein. Mergner weiß von Freundeskreisen, die sich gemeinsam bewerben; da sei so was wie eine Volunteer-Community entstanden. Deren größte Motivation sei, so Mergner und Freyer übereinstimmend, einen Blick hinter die Kulissen des Sportbetriebs werfen zu können.

"Den Einsatz von Freiwilligen bei kommerziellen Großevents sehen wir kritisch", sagt indes Tobias Kemnitzer, Geschäftsführer der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freiwilligenagenturen (bagfa); dort sind überwiegend gemeinnützige Institutionen organisiert. Die Begeisterung für den Sport dürfe "nicht ausgenutzt" werden, findet er: "Freiwillige sollten nicht als Ersatz für hauptamtliche Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen dienen."

Die geldwerte Leistung der Volunteers ist den Sport-Funktionären bewusst. "Ich mag das gar nicht ausrechnen, wenn ich 1000 Personen für zwei Wochen anstellen müsste", gibt Freyer zu. Auch Mergner will keine Kostenersparnis berechnen. "Das Turnier würde auch ohne Volunteers funktionieren", glaubt sie, "aber es hätte einen anderen Charakter." Die Freiwilligen seien ja "oft die ersten Ansprechpartner an Flughäfen, Bahnhöfen oder Stadien. Sie sind die Botschafter des Turniers, die freundlichen Gesichter, die helfenden Hände". Kurzum: diejenigen, die einen speziellen Spirit verbreiten. Und das ist sowieso unbezahlbar.

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