Sebastian Hotz im Shitstorm: Der woke Witzautor El Hotzo und die ...
Im Jahr 2022 stand Sebastian Hotz auf der Bühne der „re: publica“ in Berlin und sprach über Cancel Culture. Auf der Konferenz geht es um Phänomene im Internet. Hotz ist so ein Phänomen: Auf der Plattform X erreicht der heute 28 Jahre alte Witzautor als El Hotzo mit seinen oft gesellschaftskritisch gemeinten Witzen Hunderttausende Follower. 2022 klang das zum Beispiel mal so: „,Männer haben nunmal einen Jagdtrieb’ Kollege wir sitzen jeden Tag 10 Stunden an einem Bildschirm und fressen Dinge aus Plastikverpackungen, du bist kein Jäger, du willst einfach nur Frauen belästigen“.
Solche Posts kamen damals gut an in der linken Blase auf Twitter, mehr als 11.000 Likes sammelte El Hotzo dafür. Auf der „re:publica“ sprach er also als Star zu seiner Szene: „Die vielen angeblichen Opfer der bösen linken Cancel Culture laufen in Wirklichkeit sehr erfolgreich durch die echte Welt, stehen mit Büchern auf Bestsellerlisten, verkaufen riesige Hallen aus, sitzen in Talkshows und lachen sich ins Fäustchen, dass sie ihre kleinen Shitstorms unter dem Namen Cancel Culture verkaufen können und sich selbst als Opfer“, sagte er.
Wollte nach eigenen Angaben ein Opfer schützen
Aktuell kann El Hotzo selbst erleben, wie sich so ein „kleiner Shitstorm“ anfühlt. Am Donnerstag hatte eine Nutzerin, die selbst eine kleine Twitter-Bekanntheit ist, auf X geschrieben: „Stellt euch rein hypothetisch vor, ihr wart mal mit wem zusammen, der berühmt fürs Woke-sein ist, aber privat seit Jahren systematisch Frauen belügt und betrügt und sie mit tiefen mentalen Problemen zurücklässt. Wär blöd, oder?“
Woke sind laut Duden Menschen, „die in hohem Maß politisch wach und engagiert gegen (insbesondere rassistische, sexistische, soziale) Diskriminierungen“ sind. Das passt doch zu El Hotzo, dachten sich viele Nutzer, vor allem die, die wussten, dass die Nutzerin wohl mal mit dem Witzeschreiber zusammen war. Immer mehr Gerüchte verbreiteten sich, ein Fan-Account von Hotz veröffentlichte schließlich Anschuldigungen verschiedener Frauen gegen seinen Star und forderte eine Stellungnahme. Die bekam er am Sonntag: Laut der Darstellung des Betreibers des Fan-Accounts meldete sich Hotz am Nachmittag bei ihm und bat ihn, einen Tweet zu posten, unter dem er sein Statement posten könne. Antwortet man nur auf einen Post, bekommen die eigenen Follower den Tweet nicht automatisch angezeigt. So wollte Hotz angeblich eines der Opfer schützen, das „ungern die komplette Breitseite der Öffentlichkeit abbekommen“ möchte. Vielleicht wollte er aber auch nur, dass aus dem kleinen Shitstorm kein allzu großer würde.
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Jedenfalls schrieb El Hotzo zu den Vorwürfen: „Ganz kurz: das stimmt.“ Er sei in Beziehungen in den vergangenen Jahren wiederholt untreu gewesen und habe anschließend seine Taten in immer komplizierter werdenden Lügenkonstrukten vertuscht und die Glaubwürdigkeit seiner (Ex-)Partnerinnen diskreditiert. „Ich habe gelovebombt, gegaslighted, manipuliert und von Exklusivität gesprochen, Frauen hingehalten und Beziehungen verheimlicht, um nicht aufzufliegen.“
Viele der älteren, konservativen Menschen, die El Hotzo sonst gerne angreift, mussten da wohl erst mal Google anschmeißen: Dort konnten sie lernen, dass ein Lovebomber seine Partnerin oft schon kurze Zeit nach dem Kennenlernen mit Liebesschwüren oder Geschenken überhäuft, um Macht über sie zu gewinnen. Und beim Gaslighten werden Partner durch Lügen manipuliert. El Hotzo räumte auch ein, dass das nicht nur ein privates Fehlverhalten gewesen sei: Er habe seine Position und sein Image „als reflektierter Medienmann ausgenutzt und viele Menschen damit sehr verletzt“. Öffentlich vertrete er komplett andere Werte, während er „privat so komplett gegensätzlich gehandelt habe“. Das Management von Hotz bestätigte dem „Spiegel“ die Echtheit des Threads.
Hotz hat 2024 schon einen anderen Skandal hinter sich, nach dem er aber denkbar weich gefallen ist: Nach dem Attentat auf Donald Trump versuchte er sich auf X an einem Witz darüber, was Trump und der letzte Bus gemeinsam hätten: „Leider knapp verpasst“. Er ergänzte: „Ich finde es absolut fantastisch, wenn Faschisten sterben.“ Der RBB feuerte Hotz als Podcaster – aber ZDF-Moderator Jan Böhmermann, für den er schon Witze geschrieben hat, drehte mit ihm eine satirische RTL-Dokumentation, in der Hotz durch die USA reiste, um sich zu entschuldigen. Nach seinem neuen Skandal kann Hotz nun herausfinden, ob es mehr Konsequenzen hat, wenn man die rechte Ecke des Internets gegen sich aufbringt – oder vielleicht doch die linke.