Kretschmann gegen Eisenmann - So lief das TV-Duell zur Landtagswahl

Er: Kräutertee, warm. Sie: Wasser, medium. Neben den Getränken stellte der Moderator, SWR Chefredakteur Fritz Frey, zu Beginn des Duells die Regeln dieses besonderen Aufeinandertreffens zwischen Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und CDU-Spitzenkandidatin Susanne Eisenmann vor - mit ausgeloster Position und Reihenfolge.
So unterschiedlich die Getränke, so unterschiedlich die Temperamente der beiden zu Beginn auf der Bühne in den Stuttgarter Wagenhallen: Kretschmann laut und vehement, Eisenmann unterkühlt. Das sollte sich aber später ändern. Zuerst ging es in diesem Duell in Corona-Zeiten in der ersten Hälfte vor allem um die Maßnahmen in der Pandemie. Dabei entstand, was Kretschmann gerne als Fingerhakeln am Kabinettstisch bezeichnet - jetzt auch vor laufenden Kameras. Doch ob gegenseitige Schuldzuweisungen helfen, Menschen beim Kreuz auf dem Wahlzettel zu überzeugen?
Erst Sticheleien, später KonfrontationFür CDU-Kandidatin Eisenmann ist der Grünen-Sozialminister Manfred Lucha für ein Gesamtkonzept zuständig. Schnelltests gebe es jetzt "besser spät als nie", stichelte sie. Für Ministerpräsident Kretschmann ist die Kultusministerin für die Organisation in den Schulen zuständig. Sie bemängelte außerdem süffisant, erst aus der Presse von einem Papier ihres Gegenübers für die nächsten Öffnungen in der Krise erfahren zu haben - "aber ich kann ja zum Glück Zeitung lesen". "Da steht nichts drin, was die CDU nicht will", konterte Kretschmann.
Kaum zu glauben, dass die Vorschläge für die nächste Runde an Beschlüssen in der Pandemie nicht zumindest auf Arbeitsebene ausgetauscht wurden. Aber das wäre dann wirklich etwas zu kleinteilig für eine Spitzenrunde. Hier gebe es jedenfalls noch Gesprächsbedarf innerhalb der Regierung, räumten beide ein. Sie beteuerten aber gleichzeitig, eigentlich nicht so weit auseinanderzuliegen. Richtig konfrontativ wurde es hier nicht. Noch nicht.
Baden-Württemberg
Bildung, Corona-Maßnahmen oder Verkehrspolitik: In diesen Themen sind Amtsinhaber Kretschmann und CDU-Spitzenkandidatin Eisenmann gegeneinander im TV-Duell angetreten. mehr...
Gleich zweimal stichelte Eisenmann gegen Kretschmann wegen seines Alters. Eigentlich rieten Strategen in der CDU auch davon ab, das zu thematisieren. Aber Eisenmann knipste ihr herzlichstes Lächeln an und entschärfte die Situation gleich wieder, wenn sie etwa davon sprach, sie müsse aufgrund der Impf-Reihenfolge "altersbedingt erst dem Ministerpräsidenten beim Impfen zuschauen".
In der zweiten Hälfte des TV-Duells ging es dann um Visionen. Wie soll die Schule der Zukunft aussehen? Hier ging dann Kretschmann in die Offensive und griff indirekt seine Ministerin an: Viel zu wenig werde daran gearbeitet, wie neue Technik in der Schule kommen solle. Es sei "höchste Eisenbahn, dass da mal was vorgelegt wird". "Wir arbeiten seit fünf Jahren daran", entgegnete Eisenmann und weiter: "Ersetze Buch durch Laptop - das ist keine Pädagogik!"

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Erst in der Schlussphase des Duells, beim Thema Mobilität der Zukunft, wurde es kurz hitzig. Eisenmann hatte offenbar ihre Betriebstemperatur gefunden und wurde angriffslustig: Eine "Politik der ruhigen Hand ist sinnvoll, aber die Hand sollte dabei nicht einschlafen", griff sie Kretschmanns präsidialen Regierungsstil an. Runde Tische wie etwa mit der Autoindustrie seien ja gut, aber ihr fehle die Umsetzung.
Der Ministerpräsident wies das zurück, zählte Projekte auf. Außerdem sei das kein runder Tisch, an dem "man mal ein bisschen plauscht - da wird richtig gearbeitet". Eisenmann setzte nach, zitierte aus dem Grünen-Wahlprogramm, dass in Zukunft jeder zweite Weg in Baden-Württemberg zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurückgelegt werden solle. "Dann stelle ich mir die Oma vor, die 20 Kilometer läuft", erwiderte Eisenmann, "oder einen Handwerker". Kretschmann nannte das "polemisch".
"Duell der vertanen Chancen"Doch trotz der späten Konfrontation bekamen die beiden Spitzenkandidaten das Dilemma nicht gelöst, dass sie sich ein Duell liefern sollten, aber miteinander regieren. Die Politikwissenschaftlerin Andrea Römmele aus Mannheim nannte die Diskussion deshalb auch ein "Duell der vertanen Chancen". Keiner habe sich vom anderen absetzen könne. "Was wir in den ersten 45 Minuten gesehen haben, war letztlich Corona-politik hoch und runter. Da unterscheiden sich die beiden nicht, weil beide in der Regierungsverantwortung sind." Einen Punktsieger habe es nicht gegeben, so die Politikwissenschaftlerin.
In den Umfragen der vergangenen Monate lagen sowohl Eisenmann als auch die CDU stets hinter Kretschmann und den Grünen. Ob ihr der anfangs lauwarme Austausch mit zwischenzeitlich hitzigen Momenten beim TV-Duell gereicht hat, um ihre Chance zu nutzen, werden die kommenden zwei Wochen zeigen.