Nach Wochen, in denen bei Eintracht Frankfurt quasi alles funktionierte, schleichen sich gegen den FC Augsburg ungewohnte Fehler und Ungenauigkeiten ein. Der Lauf der Hessen ist erst einmal vorbei, ein Grund zur Sorge besteht aber noch nicht.

Hojlund un Kristensen von Eintracht Frankfurt tragen Turban

Der doppelte Turban: Rasmus Kristensen (re.) und Oscar Höjlund als Sinnbild. Bild © Imago Images

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Eintracht-Trainer Dino Toppmöller

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Es ist bei Eintracht Frankfurt in dieser Saison Usus, dass Sportvorstand Markus Krösche unmittelbar nach den Spielen für eine ausgewogene Beurteilung des Geschehenen wirbt. Nach spektakulären Siegen bemängelt er mitunter etwas zu hart die Leistung der Mannschaft und erinnert daran, dass es noch viel zu verbessern gebe. Sein Ziel: Alle wach halten, bloß keine Zufriedenheit aufkommen lassen. Nach dem 2:2 gegen den FC Augsburg am Samstag sah man nun Krösches andere Seite.

Angesprochen auf den verpassten Sieg und die damit verpasste Wiedergutmachung der 0:3-Klatsche im DFB-Pokal bei RB Leipzig, musste der 44-Jährige erst einmal tief durchatmen. "Wir sollten das heute bitte richtig einordnen", sagte er in ernstem Ton. Seine Botschaft: Natürlich funktionierte bei den Hessen gegen den FCA bei Weitem nicht alles. Hinten schlichen sich Fehler ein, vorne ging die zuletzt so überragende Effizienz flöten. Dennoch: "Wir sollten die Kirche im Dorf lassen, das kann passieren", so Krösche. Und damit hatte er Recht.

Das Spiel gegen Augsburg tut weh

Nun ist es sicher nicht besonders kreativ, das Narrativ der Eintracht zu übernehmen. Wenn irgendein Spiel die perfekte Blaupause für einen verzeihbaren Ausrutscher liefert, dann ist es aber dieses Heimspiel bei Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt. Dass insgesamt vier Spieler eine Platzwunde davontrugen und das Spielfeld mit einem Dieter-Hoeneß-Gedächtnis-Turban verließen, beschreibt dieses Fußballspiel ganz gut. Arthur Theate spielte ohnehin mit einem Bänderriss, auch dem angeschlagenen Robin Koch merkte man in fast jeder Szene seine Wehwehchen an. Ganz klar: Vergnügen geht anders.

Und wenn dieser Ausrutscher dann eben nicht mit einer Niederlage, sondern einem Punktgewinn endet, kann und muss man diese Partie einfach schnell abhaken. Kann passieren, weiter geht’s. "Wir haben jetzt sehr viele Englische Wochen hinter uns, die stecken uns in den Knochen", unterstrich passend dazu auch Eintracht-Trainer Dino Toppmöller. "Wir haben uns sicher ein anderes Ergebnis gewünscht. Wir haben aber alles rausgehauen, was im Tank war." Der fast schon unheimliche Lauf ist nun erst einmal vorbei, die Eintracht zeigt in der Adventszeit menschliche Züge.

Es fehlt an Genauigkeit

Aber der Reihe nach: Nach dem Systemausfall von Leipzig hatte Frankfurts Coach Toppmöller eine Reaktion seiner Mannschaft gefordert – und dann zunächst genau diese gesehen. Bereits nach 16 Sekunden sah der Augsburger Innenverteidiger Keven Schlotterbeck nach einem Foul am davonsprintenden Omar Marmoush die erste Gelbe Karte. Die Eintracht drückte, attackierte früh und erspielte sich schnell die ersten Mini-Chancen. Wer es mit den Fuggerstädtern hielt, dem musste in der ersten Viertelstunde angst und bange werden. Allein: Der letzte Frankfurter Pass kam nicht an.

"Wir sind mit guter Energie ins Spiel gekommen, waren aber zu unsauber", fasste Toppmöller zusammen. Das Erstaunliche: Der FCA, der überraschend offensiv agierte, bot der Eintracht genau die Räume, die man der Eintracht eigentlich nicht bieten sollte. Die Hessen nahmen dieses vorweihnachtliche Geschenk aber zu selten an. In den Rücken der Abwehr kam die Eintracht dank klarem Tempo-Vorteil und klugen Pässen zwar immer wieder, im letzten Drittel fehlte aber stets die Genauigkeit.

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Im Hintergrund sieht man ein Fussballstadion, davor links das Logo von Eintracht Frankfurt und rechts das Logo vom FC Augsburg

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Ende des Videobeitrags Joker Uzun bewahrt Eintracht vor Niederlage

Nach dem Seitenwechsel belohnte dann zwar zunächst Hugo Ekitiké die beste Frankfurter Phase mit dem Führungstor (55.). In der Folge wackelte aber die Defensive und erlaubte sich gleich zwei folgenreiche Fehler. Vor dem Augsburger Ausgleich schob der zur Pause eingewechselte Nathaniel Brown zu zaghaft raus und hob somit die vermeintliche Abseitsposition von Ex-Lilie Phillip Tietz auf (60.), dann ließ Keeper Kevin Trapp einen harmlosen Abschluss nach vorne abprallen. Samuel Essende bedankte sich und schob zur zwischenzeitlichen Führung der Gäste ein (71.).

Sicher: Beide Patzer sollten einem Spitzenteam, und so bezeichnete auch Augsburgs Trainer Jess Thorup die Hessen, nicht passieren. An einem Nachmittag, an dem selbst die sonst unfehlbaren Rasmus Kristensen und Theate immer wieder Fehlpässe einstreuten und Überflieger Marmoush nicht den Hauch von Torgefahr ausstrahlt, hätte aber auch Schlimmeres passieren können. So brachte Toppmöller unmittelbar nach dem zweiten Augsburger Tor gleich drei neue Kräfte – allesamt übrigens 19 Jahre jung – und keine drei Minuten später sorgte mit Can Uzun einer dieser Joker für das 2:2. Auch das: eine neue Qualität.

Eintracht muss sich nochmal hochfahren

"Natürlich hätten wir uns heute alle einen Sieg gewünscht, wir schauen aber trotzdem weiter mit Stolz auf die Tabelle", sagte Toppmöller ganz am Ende des Abends. "Da sind wir immer noch Zweiter."

Klar ist: Die Eintracht muss sich für das Remis gegen Augsburg nicht schämen und darf es gerne als Panne deklarieren. Klar ist aber auch: Um nach der bislang sehr guten Hinrunde weiter mit einem sehr guten Gefühl in die Winterpause zu gehen, sollten bis Weihnachten nicht noch weitere Ausrutscher folgen. In Lyon, in Leipzig und gegen Mainz sollte die Eintracht die vielen Ungenauigkeiten wieder abstellen.