Jahn in Liga 2: Bei Eintracht Braunschweig war für Regensburg ...
Braunschweig. Ein deutlich verbesserter SSV Jahn lässt im Kellerduell bei Eintracht Braunschweig nichts zu – und hat erstmals in dieser Saison optisch klare Vorteile. Letztlich ist das Remis bei den Niedersachsen, die 10 von 12 Punkten im Eintracht-Stadion einfuhren, zu wenig.
Die Erwartungshaltung der Regensburger Fans im Eintracht-Stadion vor 19.500 Zuschauern dürfte sich nach zuletzt überschaubaren Leistungen in Grenzen gehalten haben. Für diese Ausgangslage gelingt den Oberpfälzern eine kleine Überraschung.
Der SSV Jahn ist von Beginn an das aktivere Team, presst deutlich früher in der gegnerischen Hälfte, wirkt wacher und mutiger als bei den enttäuschenden Partien auf Schalke (0:2) und gegen Magdeburg (0:1). Der Lohn: Eintracht Braunschweig kommt so gar nicht in sein schnelles Umschaltspiel, hat in der ersten Hälfte einen „expected goal“-Wert von 0,06, also unsichtbar.
Jetzt darf man sich den Auftritt der Regensburger umgekehrt nicht wie einen Sturmlauf auf das Tor des ab und an unsicher wirkenden Eintracht-Keepers Marco Johansson vorstellen, der mal mit Verweis auf die blendende Sonne – Tipp: eine Kappe kann helfen – einen eher harmlosen Ball zur Ecke wischt (42.), mal die Kugel unbedrängt ins Seitenaus kickt (44.).
Bei Regensburg sorgen, wenn überhaupt, einmal mehr die Flügelzangen Kai Pröger und Bryan Hein für Gefahr. Der unermüdliche Pröger ist dabei hin und wieder zu eigensinnig und lässt mindestens zweimal den besser postierten Christian Kühlwetter ins Leere laufen. Und Heins gute Dribbelansätze versanden meist, weil der junge Linksverteidiger zu selten den Kopf hebt, um nach Anspielstationen Ausschau zu halten (49.).
Von der Sonne geblendet: Eintracht-Keepers Marco Johansson patscht einen Ball zur Seite. Foto: jrh Mittelfeld zu fehleranfälligDie Oberpfälzer hätten das Spiel noch dominanter gestalten können, wenn im Spielaufbau nicht viel zu oft Christian Viet, aber auch Kapitän Andi Geipl leichte Fehler unterliefen. Deshalb kann man den nach wie vor torlosen Mittelstürmer Kühlwetter für seine Wirkungslosigkeit nur in Teilverantwortung nehmen – etwa, wenn er die wenigen passablen Zuspiele aufgrund mangelnder Spritzigkeit nie bis in die Box transportieren kann.
Es drängt sich die Frage auf, warum Jahn-Coach Andi Patz die Sturmalternative Eric Hottmann, der in den bisherigen Kurzauftritten mehr Zielstrebigkeit ausstrahlt als Stammspieler Kühlwetter, nicht auch mal wieder von Beginn an eine Chance einräumt – und warum er Noah Ganaus nicht früher als schnelle Konter-Option ins Geschehen wirft. Selten war die Chance für einen Auswärtsdreier so zum Greifen nah wie heute – womit der Jahn bis auf zwei Punkte an Braunschweig herangerückt wäre.
Dominik Kother gibt in Braunschweig alles, Jahn-Trainer Andi Patz guckt etwas teilnahmslos. Foto: jrh Bulic kompromisslos, Wurm mit ÜbersichtIn der Abwehr räumt Rasim Bulic kompromisslos alles ab, was auf ihn zukommt: Mit etwas mehr Übersicht könnte er auch mal auf den schnellen Ball ins Seitenaus verzichten und sich am Spielaufbau beteiligen. Mit fehlerlosem Stellungsspiel überzeugt auf der rechten Seite Leopold Wurm, der sich sogar hin und wieder ins Umschaltspiel einschaltet.
Weitgehend solide ist auch der Auftritt von Luis Breunig, der freilich schon proaktiver in Erscheinung getreten ist. Und tadellos ist der Job von Keeper Felix Gebhardt: Nach seinem Patzer gegen Magdeburg wird der Jahn-Torhüter allerdings auch kaum gefordert, ist bei einer Ecke in der zweiten Hälfte mit starker Reaktion aber dann gegen Paul Jaeckels Schuss im Fallen zur Stelle (83.).
Jahn-Abräumer Rasim Bulic einmal selbst abgeräumt. Schiri Patrick Alt kümmert sich. Foto: jrh Jetzt kommt Kellers Köln ins Jahn-StadionIn der Summe sprechen die stärkere Laufleistung der Regensburger (115 zu 11 Kilometer), 17 zu 8 Torschüsse bei 10:2 Ecken sowie die etwas bessere Zweikampf- (53 zu 47 Prozent) und Luftkampfquote (56 zu 44 Prozent) für die latent sichtbare Regensburger Überlegenheit. Schwachpunkte nach wie vor: die mäßige Passquote (69 zu 80 Prozent) und nur 48 Prozent erfolgreiche Dribblings.
Am kommenden Sonntag muss der SSV Jahn gegen den 1. FC Köln (6. Platz) von Ex-Sportchef Christian Keller einige Schippen mehr drauflegen, um gegen die Geißböcke eine reelle Chance zu haben – selbst in den besten Monstermentalitätszeiten reichte oft eine 2:0-Führung nicht zum Punktgewinn.
Begleitet vom langsam anschwellenden Unmut und leisen Pfiffen der Eintracht-Fans marschieren die Teams in die Katakomben.
Und wieder kommt der Jahn aktiver in die Puschen: Hein versucht links außen den Slalom gegen vier Braunschweiger und bleibt hängen, anstatt zu passen (49.). Wurm antizipiert einen Gegenangriff schon in der gegnerischen Hälfte, bedient Pröger, Johansson muss nachfassen (50.). Kühlwetter mal mit guter Vorarbeit auf Pröger, der zu lange braucht, sodass Jaeckel die Situation bereinigen kann (51.). Kother kommt langsam in Fahrt, geht links durch, Schuss aus spitzem Winkel, Johansson mit Kopfabwehr im kurzen Eck (55.). Beste Kombination des Spiels: Kother setzt Hein in Szene, Rückgabe von der Grundlinie, Ehlers hindert Kühlwetter gerade so am Abschluss, stochert die Kugel noch an ihm vorbei, aber Ehlers klärt letztlich zur Ecke (56.). Nach einer Stunde legt Regensburg plötzlich ein Nickerchen ein, überlässt Braunschweig das Feld – Gomez dribbelt sich am rechten Flügel zum Freistoß (64.). Philippe mit Verlegenheitsschüsschen aus 18 Metern, die Kugel plätschert deutlich am rechten Pfosten vorbei (65.). Jahn-Trainer Andi Patz‘ erster später Wechsel: Eric Hottmann kommt für Kühlwetter (69.). Wieder Kother über links, Hottmann unterläuft die Flanke, Hein mit dem zweiten Ball nach innen, Ehlers klärt vor Pröger zur Ecke – Viet verlängert den Eckstoß am kurzen Pfosten an den Rücken des eingewechselten Walid Ould-Chilkh, den Abpraller wischt Johansson zur Seite (81.). Erste gefährliche Aktion der Braunschweiger: Ecke an den zweiten Pfosten, Pass in die Mitte, Jaeckel mit Seitfallzieher, Jahn-Keeper Felix Gebhardt reagiert blitzschnell (83.). Bulic blockt Gomez, Köhler krallt sich die Kugel und knallt sie weit links vorbei (84.). Noch späterer Wechsel: Noah Ganaus für den ausgepumpten Pröger (84.). Wieder starke Antizipation von Wurm, kurzer Antritt zur Strafraumkante, Krauße blockt zur Ecke (86.). Bell Bell vertändelt am eigenen Sechzehner den Ball, Ould-Chikh stoppt Kother mit einem Foul – der versucht’s aus 20 Metern selbst, enttäuschend klar drüber (88.). Hottmann spielt Kother frei, Bicakcic klärt zur Ecke – Kothers Ecke fällt aufs Tordach (89.). Warum Robin Ziegele für Kother jetzt offenbar den Punkt sichern soll, erschließt sich beim momentanen Chancenübergewicht nicht ganz (89.). Das hätte sich auch fast noch gerächt: Ould-Chikh mal mit Dribbling in die Box, durchgesteckt zum ebenfalls gerade eingewechselten Max Marie, der gegen Hein ins Straucheln kommt – Schiri Alt zeigt auf den Punkt, den Jahn-Fans stockt der Herzschlag, das hätte jetzt noch gefehlt, dass den chancenarmen Braunschweigern in der 93. Minute der Dreier am Silbertablett serviert wird. Pustekuchen, Missverständnis, Abstoß, Aus (93.).