LG Dortmund: Fünf Freisprüche im Fall Mouhamed Dramé
Seit seinem Tod gab es immer wieder Solidarisierungsaktionen für Mouhamed Dramé. Foto: picture alliance / Snowfield Photography | Snowfield Photography
Mit Spannung war das Urteil im Fall der Tötung von Mouhamed Dramé durch Polizisten erwartet worden. Nun hat das Gericht entschieden: Freispruch für alle Angeklagten.
Ein Jahr nach dem Start im Prozess um die tödlichen Polizeischüsse auf einen 16 Jahre alten Flüchtling hat das Landgericht (LG) Dortmund alle Angeklagten freigesprochen. Weder beim Einsatzleiter noch bei den am fatalen Einsatz in einer Dortmunder Jugendwohngruppe beteiligten Beamten vermochte sich das Gericht von der Schuld zu überzeugen (Urt. v. 12.12.2024, Az. 39 Ks 6/23).
Mouhamed Dramé, ein Jugendlicher aus dem Senegal, war damals von fünf Schüssen aus einer Maschinenpistole der Polizei getötet worden. Er hatte in einer Nische gelehnt und sich - vermutlich in Suizidabsicht - ein Messer an den Bauch gehalten. Um ihn zu entwaffnen, hatte der Dienstgruppenleiter den Einsatz von Pfefferspray angeordnet. Daraufhin bewegte er sich mit dem Messer in der Hand auf die Beamten zu. Die seitens der Beamten eingesetzten Taser stoppten ihn nicht, direkt darauf schoss ein als Sicherungsschütze eingeteilter Beamter.
Die Staatsanwaltschaft hatte diesen 31 Jahre alten Polizeibeamten ursprünglich wegen Totschlags (§ 212 Abs. 1 Strafgesetzbuch, StGB) angeklagt. Ein Kollege und zwei Kolleginnen waren wegen gefährlicher Körperverletzung im Amt (§§ 340 Abs. 1, 224 Abs. 1 StGB), der Vorgesetzte wegen Anstiftung (§ 26 StGB) zu dieser vor Gericht gekommen.
Staatsanwaltschaft forderte Freisprüche für vier AngeklagteNach der Beweisaufnahme hatte die Staatsanwaltschaft jedoch ihre Einschätzung geändert und für vier von fünf Angeklagten Freisprüche gefordert: So habe etwa der Schütze - wenn auch irrtümlicherweise - geglaubt, sich in einer Notwehrlage zu befinden.
Wiederum hatte die Staatsanwaltschaft in ihrem Plädoyer dem Dienstgruppenleiter noch fahrlässige Tötung (§ 222 StGB) vorgeworfen: Er habe zu Unrecht und zu unüberlegt den Einsatz von Pfefferspray angeordnet und so den fatalen Lauf der Dinge erst in Gang gesetzt.
Die Polizisten hatten ihr Handeln vor Gericht stets verteidigt: Durch das Pfefferspray sollte der sich mutmaßlich selbst gefährdende Jugendliche dazu gebracht werden, das Messer fallen zu lassen. Als er dies nicht getan habe, sondern augenscheinlich zum Angriff übergegangen sei, hätten sie sich verteidigen müssen, so die Argumentation der Polizisten.
Der Polizeieinsatz und das anschließende Strafverfahren hatten große Aufmerksamkeit ausgelöst, immer wieder gab es Solidaritätsbekundungen mit Dramé. Insbesondere Fragen des strukturellen Rassismus in der Polizei sowie den polizeilichen Umgang mit psychischen Ausnahmesituationen drängten sich insoweit auf, auch über das Strafverfahren hinaus.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, eine Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) ist möglich.
dpa/jb/LTO-Redaktion
Zitiervorschlag
Polizeigewalt vor dem LG Dortmund: . In: Legal Tribune Online, 12.12.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/56101 (abgerufen am: 12.12.2024 )
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