DFB-Team überrollt Bosnien: Warum der Nagelsmann-Fußball ...

17 Stunden vor

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DFB-Team: Ein Nagelsmann-Kader – anders als beim FC Bayern

Die Entwicklung der deutschen Nationalmannschaft ist bemerkenswert. Beeindruckender und schneller Kombinationsfußball ist das Markenzeichen der noch jungen Ära von Julian Nagelsmann. Bekannt ist der Trainer für ein Konzept, das in Deutschland nicht immer auf Liebe gestoßen ist: Ein sehr starker Fokus auf die Mitte des Spielfelds. Während bei vielen Trainern die Vorgabe lautet, das Spiel insbesondere gegen tief verteidigende Mannschaften so breit wie möglich zu machen, setzt Nagelsmann auf eines seiner wichtigsten Prinzipien: Nur so breit wie nötig.

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In der Spielfeldmitte versammeln sich entsprechend viele Beine. Gegen Bosnien waren in der Grundformation zwei große Rauten zu sehen: Robert Andrich positionierte sich meist zwischen den beiden etwas höher positionierten Innenverteidigern, Pascal Groß komplettierte die tiefe Raute. Groß war zugleich der Beginn der hohen Raute, die durch Jamal Musiala und Florian Wirtz in den Halbräumen sowie Kai Havertz als Zehner komplettiert wurde. Breite wird durch die beiden hoch schiebenden Außenverteidiger gegeben, Tim Kleindienst agierte als freies Radikal ganz vorn.

Die drei Zehner sind aber das Herz des Nagelsmann-Fußballs beim DFB. Weil sie auf engstem Raum kluge Entscheidungen treffen und gut kombinieren können, passen sie richtig gut zum Zentrumsfokus des Trainers. Ein Grund, warum der Bundestrainer vor nicht allzu langer Zeit beim FC Bayern scheiterte, war, dass der Kader nicht optimal zu seinen Ideen passte. Statt zwei oder drei starken Zehnern hatte er es dort mit Leroy Sané, Kingsley Coman und Serge Gnabry zu tun. Drei Flügelspieler, die sich wohler fühlen, wenn sie auf den Außenbahnen Räume bekommen.

Nun kann man Nagelsmann vielleicht fehlende Anpassungsfähigkeit vorwerfen. Beim DFB-Team aber zeigt er, dass sein Fußball und seine Philosophie funktionieren, wenn mehr Zahnräder ineinandergreifen, als am Ende seiner Zeit beim FCB. Das Tempo, mit dem Deutschland kombinierte, war auf das hervorragende Zusammenspiel von Musiala, Wirtz und Havertz zurückzuführen. Die Schlussfolgerung daraus: Für Sané, Gnabry und alle anderen reinen Flügelspieler könnte es in Zukunft schwer werden oder schwer bleiben im System von Nagelsmann – zumindest wenn es um die Startelf geht. Denn gerade Sané zeigte wiederum nach seiner Einwechslung, dass er gegen müde und demoralisierte Gegenspieler dennoch eine echte Waffe sein kann.

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DFB-Team: Das Pressing und Gegenpressing werden immer besser

Ein weiterer Vorteil, den das System von Nagelsmann hat, ist das Gegenpressing. Verliert man den Ball im Zentrum, wird es schnell gefährlich – in der Theorie. In der Praxis des Bundestrainers sieht das oft anders aus. Denn wer viele Spieler im Zentrum eng und gut gestaffelt positioniert, der hat auch kurze Wege im Gegenpressing.

Auch hier ist die Offensive zu nennen, die nach Ballverlusten nie abgeschaltet hat, sondern immer wachsam blieb. Noch mehr aber sind die defensiven Spieler hervorzuheben, die gut nachgeschoben haben. Im Mittelfeldzentrum haben Andrich und Groß viel Laufarbeit verrichtet, die Lücken geschlossen und so auch viele Bälle in der zweiten Welle des Gegenpressings erobert. Bosnien kam so gut wie nie in offensive Umschaltmomente.

Wenn Bosnien mal etwas länger den Ball hatte, hielt Deutschland den Druck ebenfalls clever hoch, indem sie das Zentrum hoch und kompakt zustellten und dann auf den Flügeln aggressiv anliefen, wenn der Gegner dorthin eröffnete. Insgesamt ein sehr runder Auftritt – auch wenn der Gegner die Qualität nicht hatte, um Deutschland mit schnellen Kombinationen zu gefährden.

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DFB-Team: Tim Kleindienst könnte es Niclas Füllkrug schwer machen

Tim Kleindienst ist jetzt einer der vielen Torschützen in der Geschichte des DFB-Teams. Vor nicht allzu langer Zeit war das undenkbar. Für viele schien die Nominierung des Gladbachers nur ein Notnagel zu sein, doch mit seinen Leistungen unterstreicht er, dass er auch in Zukunft eine Rolle spielen kann und wahrscheinlich wird.

Eher noch muss sich Niclas Füllkrug langsam Gedanken machen, ob er seinen Platz in der Nationalmannschaft gerade verliert. Der ehemalige Dortmunder mag der etwas bessere Torjäger sein, wenn es nur um Abschlusspositionen geht. Doch Kleindienst ist der deutlich bessere Kombinationsspieler. Immer wieder reibt er sich an der Defensive auf, findet gute Anschlussoptionen für die beweglichen Spieler um sich herum.

Kleindienst passt hervorragend in das schnelle Kombinationsspiel unter Nagelsmann, während Füllkrug sich bei all seinen Qualitäten schwer damit tut, das Tempo seiner Mitspieler mitzugehen. Für den Bundestrainer ist es gut, zwei unterschiedliche Spielertypen auf relativ hohem Niveau zu haben. Als Zuarbeiter für die gefährliche Dreierreihe hinter der Neun hat Kleindienst im Moment aber die Nase vorn.

Deutschland vs. Bosnien-Herzegowina: Die Daten zum Spiel
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