BCG-Report: M&A-Geschäft zieht wieder an – außer in Deutschland

2 Tage vor
BCG-Report M&A-Geschäft zieht wieder an – außer in Deutschland

Getrieben von steigender Aktivität in den USA, zieht das Geschäft mit Fusionen und Übernahmen weltweit wieder an. Die größten Bremsklötze derzeit: China und Deutschland.

Deutschland - Figure 1
Foto manager-magazin.de

16.10.2024, 07.00 Uhr

Abgehängt: Die Übernahme des Logistikers DB Schenker durch den dänischen DSV gehörte mit einem Volumen von 16 Milliarden Euro zu den Großdeals hierzulande. Im dritten Quartal dürfte die Übernahme von Covestro durch Adnoc folgen. Insgesamt hat sich der Wert der Deals in Deutschland aber mehr als halbiert.

Foto: Cathrin Mueller / REUTERS

Firmenjäger und Investmentbanker haben Grund für vorsichtigen Optimismus: Das weltweite Geschäft mit Fusionen und Übernahmen (Mergers and Acquisitions, kurz: M&A) ist in den ersten drei Quartalen des Jahres um rund 10 Prozent gestiegen. Zwischen Januar und September wurden weltweit Deals im Wert von rund 1,6 Billionen Dollar gemeldet, wie aus dem jährlichen M&A-Report der Beratungsgesellschaft Boston Consulting Group (BCG) hervorgeht, der dem manager magazin vorab vorlag. Es seien Zeichen einer Erholung zu sehen, heißt es in dem Report. Aber es werde keine rasante Erholung sein – zu viele Unsicherheiten bremsen derzeit den Markt.

Größter Treiber der Erholung sind derzeit die USA. In Nord- und Südamerika habe der Wert der Fusionen und Übernahmen 958 Milliarden Dollar erreicht, eine Steigerung um 13 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Davon entfielen knapp 880 Milliarden Dollar auf Nordamerika: Die USA und Kanada sind damit für mehr als die Hälfte des weltweiten M&A-Geschäfts verantwortlich. Die meisten Käufer in dieser Region waren US-Unternehmen.

M&A-Geschäft in Deutschland mehr als halbiert

Gegenüber den USA fällt Europa stark ab. In Europa wurden zwischen Januar und September lediglich Unternehmen im Wert von 353 Milliarden Dollar gekauft oder fusioniert, so der Report. Für die Steigerung von insgesamt 14 Prozent sind vor allem Großbritannien und Schweden verantwortlich, die ihre Aktivität gegenüber Vorjahr jeweils mehr als verdoppelt haben. In Deutschland dagegen hat sich das M&A-Volumen mehr als halbiert (minus 52 Prozent), während es in Österreich um rund ein Drittel (34 Prozent) zurückging.

Die Schwäche des deutschen M&A-Marktes liegt auch darin begründet, dass Unternehmen aus den Schlüsselbereichen wie Autoindustrie oder Maschinenbau ihr Geld zusammenhalten und Sparprogramme aufgelegt haben. Statt in einer teuren Übernahme suchen viele Unternehmen derzeit ihr Heil in strategischen Kooperationen, wie auch die Kooperation zwischen VW und dem US-Autobauer Rivian  zeigt. In den USA haben zudem die Telekom-Tochter T-Mobile US und KKR ein Team gebildet, um Metronet gemeinsam zu übernehmen.

China: Markt auf Zehnjahrestief

In Asien ist das M&A Volumen um 5 Prozent auf 263 Milliarden Dollar zurückgegangen und erreichte das tiefste Niveau seit zehn Jahren. Verantwortlich dafür ist vor allem China mit einem Rückgang um 41 Prozent – ein Rückgang, der immer noch etwas kleiner ausfiel als in Deutschland. Auch Australien verbuchte einen Rückgang um 7 Prozent. In anderen Regionen Asiens sprang das Geschäft dagegen wieder deutlich an: Indien (plus 66 Prozent), Malaysia (132 Prozent), Singapur (48 Prozent) und Japan (37 Prozent) verbuchten deutliche Zuwächse.

Gleichzeitig versuchen sich deutsche Unternehmen weniger abhängig von China zu machen. „Das betrifft vor allem die Lieferketten", sagt Jens Kengelbach, Leiter des M&A-Bereichs bei BCG gegenüber dem manager magazin.

Die Hoffnung, dass der Markt bereits in diesem Jahr zu einem kräftigen Comeback ansetzt, hat sich 2024 nicht erfüllt. Der Berater ist allerdings zuversichtlich für die letzten Monate des Jahres. „In diesem Jahr halten sich viele Akteure am M&A-Markt noch an der Seitenlinie zurück.“ Nur einige würden „den Markt testen“, so Kengelbach. „Aber wir sehen endlich einige Zeichen der Erholung.“

Vor allem in der Technologiebranche, in der Energiebranche und im Finanzsektor sei wieder eine verstärkte Aktivität bei strategischen Übernahmen zu sehen. Auch in der Konsumgüterbranche sei wieder eine Belebung zu spüren. Die Autoren der Studie gehen davon aus, dass Übernahmen im Bereich künstliche Intelligenz (KI) sowie größere „Green Deals“ dafür sorgen werden, dass Tech- und Energiebranche auch mittelfristig im M&A-Geschäft vorneweg gehen. „Vor allem ESG-bezogene Themen ziehen hier an“, sagt Kengelbach.

Verschärfte Regulierung, längerer Zeithorizont

Die Branche sehe sich weltweit einer verschärften Regulierung gegenüber, heißt es in dem Report. Strengere Vorgaben und Einsprüche von Kartellbehörden sorgten auch dafür, dass sich die Zeitspanne bis zum Abschluss einer Fusion oder Übernahme deutlich verlängert habe. Fast jedes zweite Unternehmen müsse inzwischen in die Verlängerung gehen, weil der zunächst avisierte Zeitplan nicht ausreiche. Zudem gingen immer mehr Staaten dazu über, Unternehmen, die sie zur kritischen Infrastruktur zählen, vor Übernahmen aus dem Ausland zu schützen. „Wir bemerken zudem wieder sehr aktivistische Hedgefonds, die in den Übernahmen mitmischen“, sagt Kengelbach.

Ein weiterer Faktor sind die prall gefüllten Kassen der Private Equity Unternehmen, die auf rund 2 Billionen Dollar Cash sitzen. Spätestens 2025 könnte dies, gemeinsam mit weiter fallenden Zinsen, ein Faktor für die weitere Erholung des Marktes sein. „Derzeit herrscht noch eine Phase relativer Ruhe“, sagt Daniel Friedman, Co-Autor des BCG-Reports. „Wer sich jetzt vorbereitet, wird bei der nächsten M&A Welle vorne dabei sein.“

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