Antisemitischer Angriff in Dagestan: Mehr als 20 Menschen verletzt

30 Okt 2023
Dagestan
Russische Teilrepublik Dagestan Verletzte bei Angriff durch antisemitischen Mob

Stand: 30.10.2023 06:33 Uhr

Bei den judenfeindlichen Krawallen im russischen Machatschkala sind offenbar 20 Menschen verletzt worden. Aus den USA und Israel kommt heftige Kritik. Im Nordkaukasus gab es zuletzt mehrere antisemitische Angriffe.

Wegen des Kriegs im Nahen Osten gibt es in Russlands muslimisch geprägtem Nordkaukasus verstärkt judenfeindliche Übergriffe. In Machatschkala in der Teilrepublik Dagestan drang am Sonntagabend eine Menschenmenge in den Flughafen ein, weil dort eine Maschine aus Tel Aviv gelandet war, in der angeblich Flüchtlinge aus Israel saßen. Zahlreiche Menschen stürmten auch auf das Flugfeld.

Bei dem Vorfall seien mehr als 20 Menschen verletzt worden, darunter Einsatzkräfte der Polizei und Zivilisten, berichtete die staatliche russische Nachrichtenagentur Tass in der Nacht zum Montag unter Berufung auf das örtliche Gesundheitsministerium. Zehn Menschen seien im Krankenhaus behandelt worden, zwei von ihnen befänden sich in kritischem Zustand

Der Flugplatz wurde vorübergehend geschlossen, ankommende Flugzeuge wurden auf andere Flughäfen umgeleitet, wie die staatliche Flugaufsicht Rosawiazija Tass zufolge mitteilte. Später teilte Rosawiazija mit, Sicherheitskräfte hätten das Gelände geräumt. Der Flughafen bleibe aber bis zum 6. November geschlossen.

USA verurteilen die Proteste

Der Nationale Sicherheitsrat der USA verurteilte die "antisemitischen Proteste" in Dagestan. "Die USA stehen angesichts eines weltweiten Anstiegs des Antisemitismus an der Seite der gesamten jüdischen Gemeinschaft. Es gibt nie eine Entschuldigung oder Rechtfertigung für Antisemitismus", schrieb Sprecherin Adrienne Watson in der Nacht auf der Plattform X.

Zuvor hatte bereits Israel am Sonntag die russischen Behörden zum Schutz seiner Staatsbürger aufgefordert. Es werde erwartet, "dass die russischen Strafverfolgungsbehörden die Sicherheit aller israelischen Bürger und Juden gewährleisten und entschlossen gegen Randalierer und wilde Aufwiegelung gegen Juden und Israelis vorgehen", erklärte das Büro von Ministerpräsident Benjamin Netanyahu und das Außenministerium gemeinsam.

Israel nehme Versuche, israelischen Bürgern und Juden zu schaden, sehr ernst und beobachte die Ereignisse in Dagestan, hieß es in der Mitteilung. Der israelische Botschafter in Russland, Alex Ben Zvi, arbeite mit den russischen Behörden zusammen, um das Wohlergehen von Juden und Israelis vor Ort zu gewährleisten.

Extremistische Graffiti

Am Samstag hatte eine Menge ein Hotel in der Stadt Chassawjurt in Dagestan umringt, weil es das Gerücht gab, dort seien Flüchtlinge aus Israel untergebracht. Die staatliche Agentur Ria bestätigte diesen Vorfall. Nach örtlichen Berichten drangen mehrere Dutzend Männer in das Hotel ein, um angeblich die Pässe der Hotelgäste zu kontrollieren. Die Polizei riegelte das Hotel ab.

Verschärft wird die Lage dadurch, dass die Evakuierungsflüge für russische Staatsbürger aus Tel Aviv ausgerechnet im Nordkaukasus landen, nämlich auf den Flughäfen Machatschkala, Mineralnyje Wody und Sotschi. Im Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern halten die russischen Muslime zu ihren palästinensischen Glaubensbrüdern.

In Naltschik wurden am Sonntag Reifen neben einem jüdischen Kulturzentrum im Bau angezündet, wie die staatliche russische Nachrichtenagentur Ria meldete. Das Gebäude wurde nach Angaben der Sicherheitsbehörden der Teilrepublik Kabardino-Balkarie mit extremistischen Losungen beschmiert. Fotos zufolge stand dort "Tod den Juden".

Republikchef: Nicht aufstacheln lassen

In der Teilrepublik Karatschajewo-Tscherkessien forderten Demonstranten, die örtliche jüdische Bevölkerung auszusiedeln.

Der Republikchef von Dagestan, Sergej Melikow, rief die Bevölkerung dazu auf, sich nicht von Extremisten aufstacheln zu lassen, die die Lage destabilisieren wollten. "Wegen der Fakes, die von unseren Feinden verbreitet werden, waren einige noch ganz junge Leute drauf und dran, die Gesetze zu verletzen", schrieb er auf Telegram. Auch die islamische Geistlichkeit der Region stelle klar: "Der Antisemitismus hat keinen Platz im multiethnischen Nordkaukasus."

Wegen der Gewalt im Nahen Osten hatte sich Präsident Wladimir Putin vergangene Woche mit den Oberhäuptern der in Russland vertretenen Religionen getroffen. Dabei beschwor er ein friedliches Zusammenleben der Völker und Religionen in dem großen Land.

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