Schrill, bunt, nass und laut: Zehntausende beim CSD-Umzug in Berlin

27 Jul 2024

Nach einem nassen Regenstart ist die Partylaune beim 46. Berliner Christopher Street Day (CSD) deutlich gestiegen. Die regenbogenfarbenen Regenschirme sind nicht mehr zu sehen. „Es wird immer voller und bunter“, sagte ein Polizeisprecher.

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Foto Berliner Kurier

Teilnehmerzahlen gibt es zunächst nicht, Veranstalter und Polizei erwarten im Laufe des Tages jedoch Hunderttausende Menschen, die unter dem Motto „Nur gemeinsam stark – für Demokratie und Vielfalt“ feiern. Der Ausruf „Happy Pride“ ist vielerorts zu hören. Der CSD-Umzug in Berlin gehört traditionell zu den größten Veranstaltungen dieser Art in Europa.

„Der Regenbogen ist ein Naturphänomen“ und „Pride not prejudice“ (Stolz, nicht Vorurteil) ist auf Schildern der Demo-Teilnehmer zu lesen. Viele sind mit Glitzer, bunten Accessoires und teils aufwendigen Kostümen unterwegs und tanzen.

Die Polizei blicke in „viele fröhliche und freundliche Gesichter“, sagte der Sprecher der dpa. 1.200 Beamte waren im Einsatz. Zwischenfälle gab es bis zum frühen Nachmittag kaum. Eine Gruppe Rechter in szenetypischer Kleidung habe versucht, zum Aufzug zu kommen, sagte der Sprecher. Sie seien von Polizisten am Weiterlaufen gehindert worden und würden überprüft, hieß es.

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„Queers for Palestine“- Demo findet zeitgleich zum CSD statt

Unabhängig vom großen CSD-Umzug demonstrieren auch zahlreiche Menschen unter dem Motto „Queers for Palestine“. Für den „antikolonialen, antirassistischen und antikapitalistischen Freiheitskampf“ gingen nach Polizeiangaben zunächst etwa 4700 Teilnehmende auf die Straße.

Aktivistinnen tanzen auf der Demonstration "Queers for Palestine" der Organisation Internationalist Queer Pride. Die Demo fand zeitgleich mit dem CSD statt.Carsten Koall/dpa

Ergänzung des Grundgesetzes: Politische Forderungen zum Start des CSD-Umzugs

Mit einem Appell an die Politik, den Schutz queerer Menschen ins Grundgesetz aufzunehmen, hat die sächsische Aktivistin Sophie Koch zuvor den 46. Berliner Christopher Street Day (CSD) eröffnet. Die Änderung von Artikel 3 des Grundgesetzes müsse noch in dieser Wahlperiode kommen, forderte Koch zur Eröffnung. Das Motto des diesjährigen CSD lautet „Nur gemeinsam stark – für Demokratie und Vielfalt“.

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Momentan heißt es in Artikel 3 des Grundgesetzes unter anderem: „Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.“ Hier solle, so die Befürworter, die Formulierung „wegen seiner sexuellen Identität“ ergänzt werden.

Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) sprach sich in ihrem CSD-Grußwort ebenfalls für die Änderung aus: Das Grundgesetz habe eine Lücke, Angehörige der queeren Community seien nicht ausreichend geschützt. Auch die bisher erreichten Fortschritte seien nicht in Stein gemeißelt. „Wir müssen sicherstellen, dass die Uhr nicht zurückgedreht werden kann, von niemandem“, sagte Paus.

Engel mit Botschaft: Der aus der Stadt Bremen kommende Jonas nimmt teil an dem 46. Berliner Pride-Umzug zum Christopher Street Day teil.Joerg Carstensen/dpa

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Wegner hält diesmal keine Eröffnungsrede zum CSD-Umzug

Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) hatte bei der Eröffnung des CSD im vergangenen Jahr angekündigt, sich für eine entsprechende Bundesratsinitiative einzusetzen. Aus Sicht der CSD-Organisatoren ist seitdem nicht genug passiert. Wegner hielt deshalb keine Eröffnungsrede, wie sie eigentlich für den Regierenden Bürgermeister üblich ist.

Am Rande des CSD sagte Wegner dem RBB, er setze sich für eine schnelle Änderung ein, „am besten vor der Bundestagswahl“. Es gebe bisher aber keine Mehrheit, doch er führe seit Jahren Gespräche und überzeuge immer mehr Menschen.

Auch das gehört zum CSD: Kai Wegner (CDU), Regierender Bürgermeister von Berlin, nimmt am stillen Gedenken für die homosexuellen Opfer der Nazis teil.Joerg Carstensen/dpa

Der Christopher Street Day wird weltweit gefeiert. Die Bewegung geht auf Ereignisse im Juni 1969 zurück. Nach einer brutalen Razzia der Polizei in der Szenebar „Stonewall Inn“ kam es zum Aufstand von Schwulen und Lesben. Hauptschauplatz von Straßenschlachten war die Christopher Street im Künstler-Viertel Greenwich Village.■

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