Übernahme: Ölriese Adnoc will Covestro für bis zu 16 Milliarden ...
Die Übernahme des deutschen Kunststoffkonzerns ist beschlossen, Vollzug soll im zweiten Halbjahr 2025 sein. Teil des Deals ist eine Kapitalerhöhung – und die Verpflichtung, bis 2028 keine tiefgreifenden Veränderungen am Unternehmen vorzunehmen.
01.10.2024, 09.10 Uhr
Wird von Adnoc übernommen: Covestro hatte konkrete Übernahmeverhandlungen mit dem Konzern aus Abu Dhabi erst im Juni 2024 aufgenommen.
Foto: Oliver Berg / dpaCovestro-Chef Markus Steilemann (54) will den Kunststoff-Hersteller auch nach der Übernahme durch den Ölkonzern Adnoc führen. „Ich habe einen laufenden Vertrag bis 2028. Und um es sehr deutlich zu sagen, der Vertrag hat auch weiterhin Gültigkeit und Bestand", sagte Steilemann am Dienstag in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters. Den Abschluss des Deals erwartet er im zweiten Halbjahr nächsten Jahres. Mit dem staatlichen Ölkonzern aus Abu Dhabi, der das Dax-Unternehmen für bis zu 16 Milliarden Euro übernehmen will, habe Covestro einen langfristig ausgerichteten Partner gewonnen, zeigte sich Steilemann überzeugt.
„Ich glaube, dass es genau der richtige Schritt ist, um Covestro nicht nur auf Wachstumskurs zu halten, sondern auf die Überholspur zu bringen.“ Gleichzeitig blieben „Kultur und Werte unseres Unternehmens, die für uns nicht verhandelbar waren“, bestehen. „Wir haben unsere Strategie eins zu eins rein verhandelt." Die Laufzeit der mit Adnoc getroffenen Investitionsvereinbarung bis Ende 2028, in der sich der Ölkonzern zu einer Reihe von Zusagen verpflichtet hat, liege „deutlich über dem, was man bei einer solchen Transaktion erwarten kann“, erklärte der CEO weiter.
Adnoc bietet nun die schon im Sommer in Aussicht gestellten 62 Euro je Aktie und zeichnet bei Vollzug der Transaktion eine Kapitalerhöhung, die Covestro weitere knapp 1,2 Milliarden Euro einbringt. Bedingung für die Übernahme ist, dass Adnoc mit seinem Angebot auf mehr als 50 Prozent der Anteile kommt. Allein für die Covestro-Aktien muss das Unternehmen bis zu 11,7 Milliarden Euro hinlegen, die Kapitalerhöhung – mit der Covestro seine Nachhaltigkeitsstrategie finanzieren will – kommt noch hinzu. Einschließlich Schulden beläuft sich das Gesamtvolumen der Übernahme auf fast 16 Milliarden Euro.
Adnoc umgarnt das Dax-Unternehmen bereits seit mehr als einem Jahr. Ende Juni begannen konkrete Verhandlungen. Die Übernahme sei „eine zentrale Säule der Wachstumsstrategie von Adnoc International, die das Ziel verfolgt, eines der weltweit fünf größten Chemieunternehmen zu werden“, erklärte der Ölkonzern. Dabei solle Covestro die Plattform für das Performance Materials- und Spezialchemie-Geschäft werden.
Covestro war erst nach langem Zögern in die Übernahmeverhandlungen mit Adnoc eingestiegen . Zudem hatte der Konzern im Sommer infolge der Branchenkrise seine Jahresziele gesenkt.
Beschäftigte bis 2028 vor Kündigungen geschütztCovestro ist die ehemalige Kunststofftochter von Bayer, die der Pharma- und Agrarkonzern 2015 an die Börse gebracht hatte. Das Unternehmen fertigt Vorprodukte für die Auto-, Möbel-, Haushaltsgeräte- und Bauindustrie. Sie finden sich etwa im Schaumstoff von Matratzen, Autositzen, aber etwa auch in Windturbinenblättern. Weltweit hat der Konzern 17.500 Beschäftigte, davon knapp 7000 in Deutschland, die bis Ende 2028 vor betriebsbedingten Kündigungen geschützt sind.
Bis dahin wird auch die Investitionsvereinbarung mit Adnoc laufen, in der sich der Ölriese dazu verpflichtet, bei Covestro keine wesentlichen Änderungen, Verkäufe oder Schließungen vorzunehmen. Auch Betriebsvereinbarungen, Tarifverträge und die Rechte der Betriebsräte sollen bestehen bleiben. In den mitbestimmten Aufsichtsrat ziehen zwei von Adnoc unabhängige Mitglieder ein. Auch wenn Covestro später von der Börse genommen werden sollte, bleibt der Sitz in Leverkusen.
Eine Übernahme von Covestro würde dem Ölkonzern Adnoc, der auch Raffinerieprodukte und petrochemische Erzeugnisse herstellt, Zugang zu fortschrittlicheren Materialien verschaffen, die in Elektrofahrzeugen, Wärmedämmung für Gebäude sowie Beschichtungen, Klebstoffen und technischen Kunststoffen zum Einsatz kommen. Unter Vorstandschef Sultan Ahmed Al Jaber (53) will Adnoc in neue Energien, kohlenstoffarme Brennstoffe wie Ammoniak und Wasserstoff sowie Flüssigerdgas und Chemikalien vorstoßen. „Diese strategische Partnerschaft ist eine ideale Verbindung. Sie passt nahtlos in Adnocs nachhaltige Wachstumsstrategie mit dem Ziel, zukunftssicher aufgestellt zu sein", erklärte Al Jaber.