Jahressteuergesetz 2024: Wer von Lindners neuen Steuerplänen ...
Arbeitgeber sollen mehr Möglichkeiten erhalten, jenseits von Dienstwagen, Dienstrad und Jobticket die Mobilität ihrer Mitarbeiter mit freundlicher Begleitung des Finanzamts zu unterstützen. Finanzminister Christian Lindner (FDP) plant eine neue Pauschalbesteuerung für die gelegentliche Nutzung von E-Scootern, E-Bikes, Car-Sharing-Angeboten und Fahrtdienstleistern. Der FDP-Politiker spricht in diesem Zusammenhang von einem Mobilitätsbudget. Das Konzept: Der Arbeitgeber finanziert die Nutzung von E-Scootern, Car-Sharing-Angeboten; der damit verbundene geldwerte Vorteil wird bis zu 2400 Euro im Jahr pauschal zum Sondersatz von 25 Prozent versteuert.
Das Mobilitätsbudget ist Teil des Jahressteuergesetzes, das Lindner in die sogenannte Frühkoordinierung gegeben hat. Die Regierung klärt in dieser Phase intern, ob sie das Ganze für so ausgereift hält, dass sie ernsthaft in die Gesetzgebung einsteigen kann. In dem 240 Seiten dicken Entwurf, der dieser Zeitung vorliegt, finden sich eher technische Steuerfragen. Die finanzielle Gesamtwirkung ist kaum wahrnehmbar. Unter dem Strich steht eine Minimehreinnahme von 110 Millionen Euro. Bezogen auf ein Gesamtsteueraufkommen von rund 1 Billion Euro, bewegt man sich in der Größenordnung von 0,1 Promille. Das fällt in den Unschärfebereich einer Steuerschätzung.
Gleichwohl gibt es Änderungen, die für einzelne Wirtschaftsbereiche bedeutsam sind. Für die Landwirtschaft ist die Tarifglättung interessant, die die Regierung im Zuge der Verhandlungen zum Wachstumschancengesetz versprochen hat. Bauern sollen weiterhin ihre Einkommen über drei Jahre versteuern können. Schlechte Jahre drücken das Ergebnis guter Jahre. Wegen der Progression im Steuertarif hilft das, die Belastung zu drücken. Das gab es schon, sollte aber auslaufen. Nun wird dies fortgesetzt. Der Turnus von drei Jahren wird um die Veranlagungszeiträume 2023 bis 2025 und 2026 bis 2028 verlängert. Die damit verbundene Entlastung wird auf 50 Millionen Euro im Jahr beziffert.
Spätere Erstattung für HandwerkerFür Handwerker dürfte ein anderer Passus relevant sein. So werden sie in bestimmten Fällen die Umsatzsteuer auf bezogene Leistungen erst später vom Finanzamt erstattet bekommen, nämlich wenn ihr Lieferant oder Dienstleister relativ klein ist und damit der sogenannten Ist-Versteuerung unterliegt. Diese müssen die auf eine Rechnung fällige Umsatzsteuer erst an das Finanzamt überweisen, wenn das Geld bei ihnen eingegangen ist. Künftig müssen ihre Geschäftspartner entsprechend ausharren: „Vorsteuerabzug aus der Rechnung eines Ist-Versteuerers erst bei Zahlung des Entgelts ab 1.1.2026“, heißt es. Um 700 Millionen Euro würde das den Fiskus entlasten; entsprechend groß dürfte der Unmut bei denen sein, die länger auf ihre Vorsteuer warten müssen. Die Umsatzsteuer ist eine reine Konsumsteuer. Um nicht große Konzerne zu begünstigen, die alles unter einem Dach selbst produzieren, bekommen Unternehmer die auf Vorleistungen fällige Steuer erstattet.
Zum Gesetzentwurf gehört eine Regelung zu Boni der Krankenkassen für gesundheitsbewusstes Verhalten. Üblicherweise können Steuerzahler die Kosten für ihre Krankenversicherung bei der Steuer geltend machen. Gutschriften müssten da eigentlich gegengerechnet werden. Hier gab es schon eine Ausnahme für Bonusleistungen bis zu 150 Euro – aus Vereinfachungsgründen, wie es heißt. Sie soll „gesetzlich verstetigt“ werden. Außerdem zeigt das Ministerium ein Herz für alle, die zu Hause das Bierbrauen als Hobby pflegen. Die Menge, die man steuerunschädlich selbst herstellen darf, wird von 200 auf 500 Liter im Jahr erhöht.
Nicht im Gesetz findet sich die zum Start des Ampelbündnisses angekündigte Änderung des Gemeinnützigkeitsrechts. Im Koalitionsvertrag haben die drei Partner formuliert: „Wir wollen gesetzlich klarstellen, dass sich eine gemeinnützige Organisation innerhalb ihrer steuerbegünstigten Zwecke politisch betätigen kann sowie auch gelegentlich darüber hinaus zu tagespolitischen Themen Stellung nehmen kann, ohne ihre Gemeinnützigkeit zu gefährden.“ Das fehlt wie auch der verabredete Ersatz der Lohnsteuerklassen-Kombination III und V durch das Faktorverfahren, um die Arbeit des Ehepartners mit dem geringeren Einkommen (zumeist die Frau) aufzuwerten.
Die von Lindner angekündigte rückwirkende Anpassung von Grundfreibetrag und Kinderfreibetrag, die sich aus der starken Erhöhung des Bürgergelds zwingend ergibt, soll mit einem eigenen Gesetz geregelt werden; doch hier stockt noch der Gang der Dinge. Konfliktpunkt könnte sein, ob auch das Kindergeld angepackt werden muss. Die vom Minister ins Spiel gebrachte Tarifkorrektur zur Entschärfung der kalten Progression ist erst im Herbst zu erwarten, wenn der Bericht dazu vorliegt. Von kalter Progression redet man, wenn die Belastung der Steuerzahler steigt, weil die Einkommen nominal steigen, man sich aber wegen der Inflation damit nicht mehr leisten kann. Deswegen soll der Steuertarif regelmäßig verschoben werden.