„Carfreitag“: Polizei ändert Taktik, Raserszene im Wandel

Duisburg. Die Raser und Poserszene verändert sich radikal. Erstaunliche Beobachtungen am „Carfreitag“ in Duisburg. Die Polizei passt ihre Taktik an.

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Foto Westdeutsche Allgemeine Zeitung

Der „Carfreitag“ war früher der große Saisonauftakt der Raser- und Poserszene. Und Duisburg stand dabei besonders im Fokus. Doch die Zeiten haben sich geändert. Denn: An diesem Freitagabend war von dem Kräftemessen auf dem Asphalt fast nichts zu sehen. Die Szene hat die Treffpunkte an „ihrem“ Feiertag verlagert, die Polizei hat ihre Einsatztaktik angepasst.

Rückblick: Vor gut 20 Jahren bauten die Menschen entlang der Duisburger Straße im Norden der Stadt Klappstühle auf, grillten und beobachteten neugierig, wie sich die Fahrer mit ihren aufgemotzten PS-Boliden duellierten.

Polizei und Ordnungsamt konterten diese Treffen in den vergangenen Jahren mit massiven Kontrollen und einem enormen Personaleinsatz. Ein Beleg: Noch am „Carfreitag“ 2023 wurden 7045 Geschwindigkeitsüberschreitungen registriert, allein 6000 davon auf Autobahnen. 154 Verwarnungsgelder sprachen Polizisten aus, 23 Ordnungswidrigkeitenanzeigen kamen zusammen.

Ein ganz anderes Bild: So sah es 2023 noch beim „Carfreitag“ in Duisburg aus. © FUNKE Foto Services | Christoph Wojtyczka

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Foto Westdeutsche Allgemeine Zeitung

Die Einsatzkräfte winkten zahlreiche Fahrer heraus, öffneten die Motorhauben, nahmen Maseratis, Porsches sowie getunte Modelle von BMW, Audi und Mercedes unter die Lupe.

„Carfreitag“ in Duisburg: Szene bleibt den bekannten Treffpunkten fern

Nur ein Jahr später ist die Situation nicht vergleichbar: Gegen 22.30 Uhr sucht man im Bereich des Fähranlegers in Walsum, dem Hamborner Altmarkt, den Straßen und Parkplätze rund um den Landschaftspark Nord, am Toeppersee und an der Mühlenweide vergeblich nach den auffälligen Sportwagen sowie Polizeikräften. Es sind eigentlich bekannte Hotspots. Auch an der Duisburger Straße ist die Situation erstaunlich ruhig.

An dem bekannten Hotspot bleibt es erstaunlich ruhig. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Ein Grund dafür sickert im Laufe des Abends durch: Die Tuning-Szene ist vom Ruhrgebiet an den Niederrhein ausgewichen. Genauer gesagt nach Goch. Hunderte PS-starke Autos und Motorräder kommen dort nach Polizeiberichten auf dem Parkplatz eines Baumarkts zusammen. Ein großes Treffen wird ebenfalls aus den Niederlanden gemeldet.

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In Duisburg fiel der „Carfreitag“ so nahezu komplett aus. Passend dazu hatte die Polizei ihre Einsatztaktik modifiziert: Statt Kräften der Einsatzhundertschaft waren zivile Beamte im Stadtgebiet unterwegs. „Wir kontrollieren nicht nur am Freitag, sondern am ganzen Osterwochenende“, hatte Polizeisprecherin Julia Tekock im Vorfeld angekündigt. Anders als in den Vorjahren soll es auch keine große Pressemitteilung mit einer Bilanz geben. Der Einsatz verliert so wohl ganz bewusst seine Öffentlichkeitswirksamkeit.

Wie reagiert die Polizei auf den Wandel in der Szene?

Die Experten im Polizeipräsidium nehmen seit Jahren einen Wandel in der Szene wahr. Der „Carfreitag“ hat nicht mehr diese herausgestellte Bedeutung. Raser und Poser treffen sich den Beobachtungen der Behörde nach mittlerweile über das ganze Jahr – und das nicht mehr so geballt an den bekannten Orten.

Die Szene wich am „Carfreitag“ 2024 an den Niederrhein und in die Niederlande aus. © dpa | Christoph Reichwein

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Aber: Dort wo sie zusammenkommen, gibt es schnell Beschwerden von Anwohnern. Sie beklagen sich über den Lärm in den späten Abendstunden und Nächten, Müll, Unfallrisiken und teilweise auch über Vandalismus. Außerdem sind diejenigen hinzugekommen, die die Sicherheitsbehörden „Dater“ nennen. Die jungen Männer mieten sich teure Autos für die Wochenenden bei Autovermietungen, fahren dann beispielsweise die Weseler Straße auf und ab. Damit wollen sie junge Frauen beeindrucken.

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Wie reagiert die Polizei auf den Umbruch? Bei 13 Schwerpunktkontrollen rückte sie Rasern, Posern und Datern 2023 in Duisburg auf die Pelle. Das geht aus dem Verkehrsbericht der Behörde hervor. „Es konnte jedoch festgestellt werden, dass die groß angelegten Einsätze einen starken Verdrängungseffekt auf die Szene hatten“, heißt es darin. Bedeutet: Die Probleme verlagern sich nur räumlich und zeitlich. Aus diesem Grund werde das Konzept zur Bekämpfung der Szene laut Polizei aktuell überarbeitet. Die Einsätze sollen mit Blick auf Zeiten und die Örtlichkeiten in Zukunft deutlich flexibler gestaltet werden. Der „Carfreitag“ 2024 war ein erstes Zeichen dafür.

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