BVB besiegt Wolfsburg knapp: Hochklassiger Fußball sieht anders aus
Für einen kleinen Moment schwappte dann doch eine Mischung aus echter Zuneigung und Freude von der Südtribüne hinunter auf den Rasen, da war das Spiel jedoch bereits abgepfiffen. Die Menschen bejubelten einen mühsamen 1:0-Sieg ihrer Dortmunder gegen den VfL Wolfsburg und einen ewigen Helden: „Marco Reu-euss“, riefen die Anhänger, nachdem der langjährige Kapitän den Treffer des Tages erzielt hatte. Reus genoss es und sprach später von einem „abgeklärten“ Auftritt des BVB, während Trainer Edin Terzic sogar die „wahrscheinlich beste Saisonleistung“ gesehen hatte. Aber wie eine Spitzenmannschaft hatte Borussia Dortmund noch längst nicht gespielt.
Der Titelaspirant schleppt sich vielmehr irgendwie durch das Spieljahr ohne zu glänzen. Allerdings hat der BVB elf Punkte gesammelt und gehört zum kleinen Kreis jener Teams, die noch ungeschlagen sind in der Bundesliga. „Wir sind noch dran, zwei Punkte hinter dem Tabellenführer“, sagte Sportdirektor Sebastian Kehl. Das ist die eine Sichtweise auf die Situation und dieses Spiel. Kritischere Geister können den Zustand dieser Mannschaft allerdings auch aus einer anderen Perspektive betrachten: Fast eine Stunde lang hatten die Dortmunder abgesehen von einem ganz hübschen Reus-Freistoß (5.) keine einzige Torgelegenheit. Bei Ballbesitz fehlten lange Zeit Klarheit und Präzision, aber es stand eben auch eine Formation auf dem Rasen, die so noch nie zusammengespielt hat.
Trainer Terzic hatte seine Mannschaft grundlegend umgebaut, wohl vor dem Hintergrund mehrerer Überlegungen: Zum einen hat die Zeit der englischen Wochen begonnen, da wird eben rotiert, um der Gefahr einer Überbelastung entgegen zu wirken. Dass jedoch Emre Can, Karim Adeyemi und Donyell Malen genauso auf der Bank saßen wie Sébastien Haller, der bereits unter der Woche in Paris in der Startelf fehlte, war vermutlich auch eine Reaktion auf die jüngsten Leistungen dieser Profis. Der BVB spielt derzeit einfach nicht gut; das wurde allerdings auch mit Reus, Jamie Bynoe-Gittens, Felix Nmecha, Niclas Füllkrug und Salih Özcan in der Startelf zunächst kaum besser.
Wolfsburg-Kapitän Arnold: „War mehr drin“Es war ein ziemlich niveauarmes Fußballspiel, das die beiden Klubs ihrem Publikum boten, dabei handelt es sich bei Wolfsburg und Dortmund um Klubs, die eigentlich hohe Ambitionen haben. Auch deshalb reiste Maximilian Arnold mit dem Gefühl ab, dass gegen diese Dortmunder ein Unentschieden oder gar ein Sieg möglich gewesen wäre: „Wenn wir ehrlich sind, war da heute mehr drin, mit weniger Angst“, sagte der Kapitän des VfL.
In der ersten Halbzeit hatten die Wolfsburger sogar die beste Tormöglichkeit, doch Tiago Tomas scheiterte mit seinem Schuss aus guter Position im Strafraum am Dortmunder Schlussmann Gregor Kobel (37.). Viel mehr war vor der Pause nicht los vor den Toren. Die Wolfsburger wollten defensiv stabil stehen, was ihnen auch ganz gut gelang. Und Dortmund fehlt derzeit die Form und das Selbstvertrauen, um gegen gut verteidigende Mannschaften viel Torgefahr zu erzeugen. Das Passspiel stockte, erst nach der Pause lief der Ball etwas besser.
Ihre erste gute Möglichkeit aus dem Spiel hatten die Dortmunder nach 53 Minuten, als Füllkrug den Ball nach einem starken Pass von Mats Hummels frei vor dem Tor so unsauber annahm, dass er nicht mal zum Abschluss kam. Auch Julian Brandt (54.), Reus (55.) und Bynoe-Gittens trafen den Ball nicht richtig, als sie in dieser ersten kleinen Druckphase zum Schuss kamen, genau wie Tomas kurz darauf im Strafraum des BVB (60.). Hochklassiger Fußball sieht anders aus.
Inmitten der vielen wendungs- und torreichen Partien der bisherigen Bundesligasaison konnte dieses Spiel lange Zeit kaum einen Zuschauer wirklich erfreuen. Jedenfalls bis zum 1:0 durch Marco Reus, mit dem der langjährige Kapitän des BVB den besten Dortmunder Angriff des Nachmittags vollendete (68.). Die Vorlage hatte der fleißige Brandt geliefert. „Das war in Ordnung, ist aber nicht unser Maßstab“, lautete die Bilanz von Reus, der BVB sei nunmal „nicht komplett im Flow“, da müsse man „erstmal die Zweikämpfe annehmen“, und irgendwann „kommt dann das Spielerische“ dazu.
So weit sind sie aber noch nicht. Dafür verteidigte der Beinahe-Meister der Vorsaison stabiler als zuletzt und war „am Ende dann eiskalt“, sagte Kehl, der meinte: „Nach dieser turbulenten Woche war das ein Schritt nach vorne.“