Das bedeutet die Teilwiederholung der Bundestagswahl in Berlin
dpa-Bildfunk/Christophe Gateau
Berlinerinnen und Berlin sind in bestimmten Wahlbezirken aufgerufen, noch einmal ihre Stimme für die Bundestagswahl abzugeben. Warum das Ganze, wo und wie genau es stattfinden soll - hier die wichtigsten Fragen und Antworten.
Welche Wahl wird wiederholt?
Die Bundestagswahl am 26. September 2021 wird in Teilen von Berlin wiederholt.
Bei der Wahl am 26. September 2021 wurden in Berlin der Bundestag, das Berliner Abgeordnetenhaus und die Bezirksverordnetenversammlungen gewählt. Außerdem wurde über den Volksentscheid für die Enteignung großer Wohnungskonzerne entschieden.
Jetzt wird die Bundestagswahl wiederholt, allerdings nur in bestimmten Wahlbezirken in Berlin. Die Wahlen zum Abgeordnetenhaus und zur Bezirksverordnetenversammlung wurden bereits im Februar dieses Jahres komplett wiederholt. Der Volksentscheid musste nicht wiederholt werden – weil gegen sein Ergebnis kein Einspruch erhoben wurde.
Wegen zahlreicher Pannen bei den Wahlen 2021 in Berlin muss die Bundestagswahl in 455 Stimmbezirken der Hauptstadt wiederholt werden. rbb|24 zeigt in einer interaktiven Karte, welche Wahllokale und Bezirke betroffen sind.
Wo wird neu gewählt?
In 455 der 2.257 Wahlbezirke. Das entspricht ungefähr jedem fünften Wahllokal. Auf dieser Karte sind alle betroffenen Wahlbezirke gekennzeichnet. Die meisten befinden sich in Pankow, Reinickendorf und Charlottenburg-Wilmersdorf.
dpa/Monika Skolimowska
Nun ist es amtlich: Der Landeswahlausschuss hat das Ergebnis der Wiederholungswahl in Berlin bekannt gegeben. An den Mandaten ändert sich nichts. Der Vorsprung der SPD auf die Grünen ist aber geschmolzen. Ein Neuauszählung in Lichtenberg wurde abgelehnt.
Warum wird die Bundestagswahl in Berlin nur teilweise wiederholt?
Das Bundesverfassungsgericht betont das Gebot des geringstmöglichen Eingriffs in den Bestand einer gewählten Volksvertretung. So seien zunächst festgestellte Wahlfehler zu berichtigen. "Eine Nichtigerklärung der gesamten Wahl setzt Wahlfehler von einem solchen Gewicht voraus, dass der Fortbestand der in dieser Weise gewählten Volksvertretung unerträglich erscheint", heißt es dazu in der Begründung des Gerichts vom Dienstag. Für die Wahl zum Bundestag in Berlin kam das Gericht zu dem Schluss, dass der überwiegende Teil der Wahlberechtigten seine Stimme in Wahllokalen abgeben konnte, die von erkennbaren Wahlfehlern nicht betroffen waren.
Anders habe es bei der Berliner Abgeordnetenhauswahl ausgesehen, die komplett wiederholt werden musste. "Hinzu kommt, dass bei den Landeswahlen Wahlfehler (wie etwa die Verwendung kopierter Stimmzettel) auftraten, die bei der Bundestagswahl nicht feststellbar sind. Vor allem aber ging der Verfassungsgerichtshof Berlin davon aus, dass die von ihm festgestellten Wahlfehler 88 von 147 Sitzen und damit 60 Prozent der Mitglieder des Abgeordnetenhauses betrafen", argumentierte das Gericht für die Wiederholung der kompletten Abgeordnetenhauswahl.
Könnte die Wahl das Aus für die Ampel-Regierung im Bund bedeuten?
Nein. Rechnerisch kann die Wiederholungswahl nichts an den Machtverhältnissen im Bundestag ändern.
Wie die Abgeordnetenhauswahl muss auch die Bundestagswahl in Berlin wiederholt werden - wenn auch nur teilweise. Ein Schaden für die Demokratie ist das Debakel von 2021 so oder so. Und Berlin hat daraus nur bedingt gelernt, kommentiert Sebastian Schöbel.
Könnte die Wiederholungswahl Auswirkungen für die Linke im Bundestag haben?
Mit der Linken ist es kompliziert. Aber eins ist klar: An der Sitzverteilung für die Linke - oder was davon übrig ist - wird sich nichts ändern. Die Linke hat bei der Bundestagswahl 2021 die Fünf-Prozent-Hürde verfehlt und sitzt nur im Bundestag, weil sie drei Direktmandate gewonnen hat – durch Kandidaten, auf die in ihrem jeweiligen Wahlkreis die meisten Erststimmen entfallen sind. Drei Direktmandate heben sozusagen die Fünf-Prozent-Hürde auf – es zogen damit also auch Kandidatinnen und Kandidaten gemäß der Zweitstimmen für die Linke in den Bundestag.
Zwei Direktmandate gab es in Berlin: Gesine Lötzsch in Lichtenberg (Wahlkreis 86) und Gregor Gysi in Treptow-Köpenick (Wahlkreis 84) bekamen sie. In ihren Wahlkreisen wird bei der Wiederholungswahl aber nur in wenigen Lokalen neu gewählt. Der Vorsprung von Lötzsch und Gysi ist zu groß und das Gewicht der einzelnen von der Teilwiederholung betroffenen Wahlbezirke in ihren Wahlkreisen zu gering, als dass sie ihre Direktmandate verlieren könnten.
Darum bleiben auch die anderen Linken-Bundestagsabgeordneten, beziehungsweise die, die aus der Partei beziehungsweise der damaligen Fraktion ausgetreten sind, im Bundestag, darunter auch Sarah Wagenknecht, die eine eigene Parteigründung anstrebt. Zur Linken-Fraktion muss noch gesagt werden, dass ihre Auflösung begonnen hat - aber das ist ein anderes Thema.
Nach dem Karlsruher Urteil ist nun klar, in welchem Umfang Berlin den Bundestag noch einmal wählen muss. Bei der Vorbereitung auf die Wiederholungswahl im Februar 2024 ist jetzt Tempo gefragt. Durch die Weihnachtsferien ist wenig Zeit.
Gibt es überhaupt Auswirkungen?
Bei Stimmverschiebungen und einer veränderten Wahlbeteiligung in Berlin könnten andere Bundesländer berührt sein. Das hängt mit der bundesweiten Gewichtung der Stimmanteile zusammen. Theoretisch ist es möglich, dass nach der Wahl ein Berliner Bundestagsabgeordneter sein Mandat verliert, aber jemand anderes aus einer anderen Region nachrückt. Denkbar ist auch, dass sich das Parlament minimal verkleinert. Alles sei sehr komplex, hieß es aus dem Büro der Bundeswahlleiterin am Dienstag. Weiter spekulieren wolle man nicht.
Konkreter wird es bei der Wiederholungswahl für einzelne Politikerinnen und Politiker in Berlin bezüglich ihres Direktmandats. In Reinickendorf gewann CDU-Kandidatin Monika Grütters mit nur 1,4 Prozentpunkten beziehungsweise rund 1.800 Erststimmen Vorsprung vor SPD-Kandidat Torsten Einstmann das Direktmandat. In Charlottenburg-Wilmersdorf setzte sich der ehemalige Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) mit 3,5 Prozentpunkten Vorsprung gegen die aktuelle Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) durch. In Pankow schlug der Grüne Stefan Gelbhaar den SPD-Mann Klaus Mindrup um 4,0 Prozentpunkte.
Wegen zahlreicher Pannen muss die Bundestagswahl 2021 in Berlin teilweise wiederholt werden. Das hat das Bundesverfassungsgericht am Dienstag in Karlsruhe entschieden. Die Wiederholungswahl findet am 11. Februar statt.
Wenn die Auswirkungen so minimal sind, warum der ganze Aufwand einer Wahlwiederholung?
Es ist schon ein Unterschied, wer genau, auch für Berlin, im Bundestag sitzt und wer nicht. Ob Berlin Mandate verliert zugunsten anderer Bundesländer oder nicht. Außerdem gab es viele Wahlfehler. Menschen mussten lange warten und Schlange stehen, Stimmzettel waren falsch oder fehlten ganz. Vorübergehend mussten Wahllokale schließen oder blieben bis weit nach 18 Uhr geöffnet - dem Zeitpunkt, an dem die Stimmabgabe eigentlich vorbei sein sollte. Wahlfehler bleiben in einer Demokratie nicht ohne Folgen. Das hat das Urteil jetzt auch deutlich gemacht.
Wer darf wählen?
Alle, die zum Zeitpunkt der Wahlwiederholung wahlberechtigt sind, nach Alter und Wohnsitz. Also alle, die dann 18 sind und in den betroffenen Wahlbezirken mit Hauptwohnsitz wohnen sowie bestimmte Deutsche, die im Ausland leben.
Es darf also auch wählen, wer 2021 noch in einer anderen Stadt gewohnt hat, aber jetzt in einem betroffenen Wahlbezirk mit Hauptwohnsitz gemeldet ist. Wer bei der Wahl im September in Berlin gewohnt hat, jetzt aber aus Berlin weggezogen ist, darf nicht mehr wählen. Wer innerhalb Berlins umgezogen ist, für den gilt das gleiche: Wer zum Zeitpunkt der Wahlwiederholung mit Hauptwohnsitz in einem der betroffenen Wahlbezirke wohnt, darf wählen, wer dort nicht wohnt, darf nicht wählen, unabhängig vom früheren Hauptwohnsitz.
Berlinerinnen und Berliner, die seit dem 26. September 2021 volljährig geworden sind, dürfen bei der Wiederholungswahl ihre Stimme abgeben. Stimmen für inzwischen verstorbene Menschen können nicht stellvertretend abgegeben werden.
Landeswahlleiter Stephan Bröchler geht davon aus, dass bei der Wiederholungswahl 550.000 Berliner und Berliner wählen dürfen.
dpa/Hauke-Christian Dittrich
4 min
Die Bundestagswahl von 2021 wird in Berlin teils wiederholt. Es müsse nun für eine hohe Wahlbeteiligung geworben werden, hieß es in ersten Reaktionen. Auch der Regierende Bürgermeister Kai Wegner zeigt Respekt vor der Aufgabe.
Wann wird gewählt?
Die Teilwiederholung der Wahl findet am 11. Februar 2024 statt. Das Datum für die Teilwiederholung nannte Landeswahlleiter Stephan Bröchler am Dienstag in Karlsruhe. Dieser Wahltermin war bereits im Vorfeld erwartet worden - es ist der letzte mögliche innerhalb einer 60-Tage-Frist nach Urteilsverkündung. Und es ist der letzte Tag der Winterferien in Berlin.
Wer darf sich zur Wahl stellen?
Prinzipiell ist es so, dass bei der teilweisen Wiederholungswahl dieselben Parteien und Kandidaten antreten wie 2021. Es ist nicht zulässig, neue Wahlvorschläge einzureichen. Wer gestorben ist, wird vom Wahlzettel gestrichen.
Auf den Stimmzetteln muss ansonsten noch der Name der früheren Partei NPD geändert werden, die nun "Die Heimat" heißt.
Bleibt bei denen, die damals gewählt haben, nun aber nicht teilnehmen, die Stimme aus dem September 2021 gültig?
Nein. Im Februar findet eine Wiederholungswahl statt und es zählt das dann ermittelte Ergebnis. Das Ergebnis vom September ist in den Wahlbezirken, in denen die Wahl wiederholt wird, damit dann annulliert.
Wenn ich per Brief gewählt habe, darf ich dann nochmal wählen?
Ja, wenn das eigene Briefwahllokal betroffen ist. Wer nochmal wählen darf, bekommt auch eine Wahlbenachrichtigung. Wahlbenachrichtigungen werden ab 2. Januar verschickt. Briefwahl wird auch wieder möglich sein.
Wird es wieder Wahlkampf geben?
Ja, ab Anfang Januar werden Plakate in der Stadt hängen. Mit dem Anbringen von Wahlplakaten will die SPD - wie andere Parteien auch - am 2. Januar beginnen. Die SPD werde Wahlkampf in der ganzen Stadt machen, "natürlich mit einem Fokus auf die besonders von der Wiederholungswahl betroffenen Gebiete", sagte ein Sprecher der SPD.
Die CDU will sich nicht in die Karten schauen lassen. Die Partei befinde sich mitten in der Planung für die heiße Wahlkampfphase, sagte Landesgeschäftsführer Dirk Reitze.
Die Berliner Grünen planen eine konzentrierte Wahlkampagne, in der Haustür-Wahlkapf und Online-Wahlkampf wichtig sein sollen, wie die Parteichefs Nina Stahr unf Philmon Ghirmai sagten.
Linke-Landesgeschäftsführer Sebastian Koch kündigte erste Plakat-Hänge-Partys an, es werde direkt Anfang Januar mit verschiedenen Wahlkampfaktionen losgelegt.
Die AfD-Landsvorditzende Kristin Brinker sagte, man werde die Chance eines Wiederholungswahlkampfes nicht verstreichen lassen.
FDP-Landesgeschäftsführer Marcel Schwemmlein sagte, geplant seien unter anderem große und kleine Plakate, Social-Media-Aktivitäten und klassischer Straßenwahlkampf.
Sendung: rbb24 Inforadio, 20.12.2023, 7:50 Uhr
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