Bundesliga: Mit Zitterpartie zum Meisterwerk – MSC-Erfolg in Bayern
Man kann sich kaum ausdenken, wie sich dieses Finale der zwölften Bundesliga-Saison am und auf dem Starnberger See zugetragen. Die Entscheidung über die Vergabe der Meisterschale fiel erst in den letzten Minuten. Um die Zitter- und Kampfpartie wirklich zu verstehen, die dem erlösenden Jubel der neuen Deutschen vereinsmeister vorausging, braucht es zunächst einen Rückblick.
Erst “Fahrstuhlmannschaft”, jetzt Meister
Der Mühlenberger Segel-Club (MSC) – einst bescheiden in die Bundesliga eingestiegen, dann als “Fahrstuhlammnschaft” zweimal aus der 1. Bundesliga ab- und wieder aufgestiegen – schien nach Saisonplatz drei im vergangenen Jahr in dieser Saison endlich alle Zutaten beisammen zu haben, die es für den ernsthaften Kampf um die Meisterschale braucht. Nach vier von sechs Liga-Regatten thronte das MSC-Team an der Tabellenspitze.
Bei der fünften Regatta aber schoben sich die siebenmaligen Rekordsieger vom Norddeutschen Regatta Verein kurz vor dem Finale der zwölften Saison am MSC vorbei. In dieser Reihenfolge nahmen die beiden Hamburger Vereine Kurs auf den Showdown auf dem Starnberger See. Drei Punkte nur trennten die Tabellenführer vom NRV und ihre Jäger vom MSC, die den Hamburger Alster-Rivalen schon vor dem Finale ein von Beginn an konzentriertes und direktes Duell angekündigt hatten.
Das Problem: Die Final-Gastgeber vom Bayerischen Yacht-Club hatten von herzlicher Gastfreundschaft über ihr schönes Club-Gelände bis hin zum Bilderbuchrevier und einer hochengagierten Wettfahrtleitung alles zu bieten. Nur keinen Wind. Also, fast keinen Wind. Weil das angesichts der äußerst flauen Prognosen schon vor dem ersten Startschuss zu befürchten war, hatten die Bayern mit dem ersten Startschuss am Donnerstag sofort losgelegt, kamen aber nicht über ein paar Handvoll Rennen hinaus.
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Bundesliga-Finale: Wenn die Uhr ganz laut tickt
Die zu allem entschlossenen MSC-Segler hatten die kleine Anfangschance maximal genutzt. Magnus Simon, Lynn Hafemann, Finn Olsen und Matteo Wolgast katapultierten sich mit den Rängen 3, 1, 1 und 3 auf Anhieb auf Platz eins. Gleichzeitig hatten die NRV-Segler Luise Wanser, Juliane Adelssen, Tom Heinrich und Henrik Peters Mühe mit den Bedingungen, mussten sich auf den hinteren Plätzen einsortieren. So weit, so gut – aus Sicht der MSC-Crew.
Wären da nur nicht nicht die Probleme mit dem Zeitlimit (15.30 Uhr), der Mangelware Wind und den für die Gültigkeit der Regatta benötigten mindestens sechs der geplanten 16 Rennen gewesen. Von denen waren auch nach zwei Tagen erst drei, teilweise vier absolviert. Unter diesen Umständen – ohne weitere Rennen und ohne Gültigkeit der finalen Liga-Regatta – wäre die Meisterschale zum achten Mal nach 2013, 2014, 2017, 2018, 2020, 2022 und 2023 an den Norddeutschen Regatta Verein gegangen.
Unter diesen Vorzeichen begann die Uhr am Samstagmorgen bei dichtem Nebel auf dem Starnberger See unerbittlich zu ticken. Tick. Tick. Tick. Die Uhr lief pro NRV-Team und gegen das MSC-Team. Alle Liga-Segler fieberten mit, kannten die Lage und die letzte mögliche Startzeit, die bei 15.30 Uhr erreicht sein würde. Als Co-Kommentator war bei diesem Liga-Finale neben Albert Gerstmaier vom Konstanzer Yacht-Club auch MSC-Steuermann Till Krüger im Einsatz, der als aktiver Segler in seinem rotierenden Team pausierte.
Die Titelträume waren schon fast geplatzt
“Es ging am Ende um Minuten. Beim Kommentieren haben wir gesagt: Um 14 Uhr muss es losgehen, sonst wird es nichts mehr”, berichtete Till Krüger von der Zitterpartie. Um 14.10 Uhr war immer noch kein Wind in Sicht. “Da haben wir gesagt, dass es jetzt wohl nichts mehr wird”, so Krüger. Dann aber zeichneten sich Brisenstriche auf dem Starnberger See ab. Die Wettfahrtleitung reagierte umgehend. “Am Ende konnte sogar noch ein Rennen mehr als nötig stattfinden, aber der Wind hätte keine zehn Minuten später kommen dürfen”, erinnert sich Till Krüger an die nervenzerrenden Minuten.
Bei zwei von drei absolvierten Rennen im sechsten Flight, erhielten die Boote im dritten, nicht mehr ausgetragenen Rennen die durchschnittliche Punktzahl ihrer bis dahin absolvierten Rennen. So sieht es das Reglement vor. Womit die letzte Liga-Regatta gewertet werden konnte und der Starnberg-Sieg der Elbsegler vom Mühlenberger Segel-Club im Kampf um die Meisterschaft den Ausschlag gab. Mit den Rängen 3, 1, 1, 3, 2, 2 in schwierigsten Leichtwindbedingungen, hatten sich Magnus Simon und seine Crew den Regattasieg und auch den ersten Meistertitel in der MSC-Vereinsgeschichte verdient.
„Nachdem wir gleich in den ersten beiden Flights gegen die Konkurrenz von der Alster gewonnen hatten und den ersten Tag mit den Ergebnissen 3,1 und 1 beenden konnten, haben wir uns mehr auf uns konzentriert. Unser größter Gegner im Kampf um den Meistertitel war heute der Wind, nach zwei wegen Flaute abgebrochenen Läufen und der lauernden Gefahr, dass dieser Spieltag nicht in die Wertung eingehen könnte, waren wir recht nervös.“ Das hatte sich dann mit dem Happy End schnell gelegt.
Die Hamburger Liga-Stärke
Bitter erwischte es dagegen die Rekordmeister vom NRV, die das letzte Kräftemessen der Saison nach schwachen Ergebnissen in schwachwindigen Rennen und einem Frühstart als Achtzehnte beenden mussten. Damit hatten weder die Crew um die 470er-Weltmeisterin und Olympia-Sechste Luise Wanser noch ihr Verein angesichts der seglerischen Güte und der Erfahrung in der Mannschaft gerechnet. “Wir sind stolz auf unser Team, das so gute Vorarbeit geleistet hat. Für uns war es sehr frustrierend, nur zum Weinen. Und wir sind an drei Tagen nur 50 Minuten gesegelt…”, sagte Luise Wanser.
NRV-Club-Manager Klaus Lahme sagte: “Wir sind überrascht und enttäuscht vom schlechten Ergebnis in Starnberg. Aber mit dem MSC hat eine hammerstarke Mannschaft gewonnen, der wir gratuliert haben. Positiv ist, dass Hamburg die Liga-Saison auf den Plätzen eins und zwei beendet hat. Das ist sicher auch der guten Jugendausbildung zu verdanken, die in Hamburg seit vielen Jahren intensiv betrieben wird. Dazu rotieren wir in unserem NRV-Liga-Kader seit zwölf Jahren.” Der im NRV auf Hochtouren laufende Generationswechsel nach der “Ära Schadewaldt” wurde mit der Vizemeisterschaft belohnt.
Jubel herrschte im MSC an der Elbe. “Wir haben so viele Glückwünsche aus dem Verein bekommen”, erzählte Till Krüger. Der MSC, so Magnus Simon zum Hintergrund des Erfolgs, “hatte in den vergangenen Jahren immer schon wechselnde Steuerleute und konnte diese Saison von der großen Erfahrung des gesamten Kaders profitieren.”
Den dritten Erstliga-Podiumsplatz in der Saisonwertung erkämpfte sich auf dem Starnberger See der Münchner Yacht-Club (MYC) mit guten Revierkenntnissen und Rang sechs im Heimatrevier. Die Bayern verdrängten den sogar mit kleiner Titelchance angereisten Berliner SV 03 noch auf Platz vier in der Abschlusstabelle, dicht gefolgt vom gastgebenden Bayerischen Yacht-Club (BYC), der am Wochenende mit Rang drei vor Starnberg hinter dem Akademischen Segelverein Warnemünde auch sportlich glänzte.
„Sowohl NRV als auch die SV03 hatten diesen Spieltag Probleme“, sagt Anke Nowak, Geschäftsführerin der Segel-Bundesliga. Wir hatten sehr wenig Wind und einen Tag Regen. Erst die Thermik hat uns heute ermöglicht, noch so viele Rennen wie nötig zu starten, damit der Spieltag in die Wertung eingehen konnte.”
Absteiger und Aufsteiger der Bundesliga
Absteiger aus dem Oberhaus der Segel-Bundesliga sind der Konstanzer Yacht-Club (KYC), die Regatta Segler Neuruppin (RSN), der Württembergische Yacht-Club (WYC) und der Flensburger Segel-Club (FSC). Im Gegensatz zu den Erstligisten erreichten die Zweitligisten bei ihrem fünften und sechsten Saison-Event nicht die vorgeschriebene Anzahl von Rennen. Saisonsieger ist hier das Team des Westfälischen Yacht-Club Delecke (WYD) vor dem Blankeneser Segel-Club (BSC), dem Potsdamer Yacht-Club (PYC) und dem Klub am Rupenhorn (KAR). Alle vier Teams sind damit 2025 erstklassig.
„Die Segel-Bundesliga hat wieder einmal gezeigt, wieviel Spannung in diesem Format steckt und wie entscheidend es für den Erfolg ist, über die gesamte Saison hinweg eine konstante Leistung abzuliefern“, sagt Segel-Bundesliga Initiator Oliver Schwall vor dem DSL-Pokal, der am 26. und 27. Oktober auf dem Möhnesee ausgetragen wird.