Stille Feiertage in Sachsen: Sind Tanzverbote noch zeitgemäß?
In Sachsen sind lediglich vier Tage im Jahr direkt von der Regelung betroffen – in anderen Bundesländern können es auch mehr Tage sein. Doch sie können trotzdem enorme Auswirkungen für Veranstalter haben. Grahl vom Werk 2 sagt: "Wir haben als Haus den großen Vorteil, dass wir ein relativ breites Spektrum an Veranstaltungen anbieten. Wir haben in der Programmplanung den großen Vorteil, dass wir uns aussuchen können, welche Veranstaltung wir an den Vortag setzen." Das sei ein Vorteil im Vergleich zu anderen Clubs.
Tanzverbot: vor allem junge Menschen betroffenDas Tanzverbot trifft in erster Linie junge Menschen, die gerne bis spät in die Nacht feiern gehen. Doch es gibt auch noch andere kritische Stimmen. Denn die Stillen Tage entfallen fast immer auf christliche Gedenk- oder Trauertage. Und das in einer Zeit, in der nur noch etwa jeder fünfte Mensch in Sachsen Mitglied in der Kirche ist, wie die Bundeszentrale für politische Bildung ermittelt hat.
Meinungen gehen auseinanderIst ein Tanzverbot noch zeitgemäß? Ob ein gesetzlich geregeltes Tanzverbot noch in diese Zeit passt – darüber gehen die Meinungen weit auseinander. Bei einer Umfrage in der Leipziger Innenstadt fragt eine junge Frau: "Warum sollte man nicht-christlichen Menschen vorschreiben, wann sie tanzen dürfen und wann nicht?" Und auch ein junger Mann stimmt ein: "Wenn keine Menschen gestört werden in ihrer Andacht oder diese Tage zu genießen, finde ich, das sollte nicht gesetzlich verboten werden."
Anders sieht das eine ältere Frau, die gerade ihr Fahrrad durch die Fußgängerzone schiebt. "Ich bin dafür, dass es bleibt wie es ist", sagt sie. Ein Mann in Anzug stimmt zu: "Ich finde das noch angemessen, weil es allen gut tut, wenn es einfach mal auch im Laufe des Jahres ein paar Tage gibt, an denen der Alltag durchbrochen wird und alle Menschen ein bisschen zu sich selbst kommen."
"Stille Feiertage" in Sachsen
Karfreitag*
Volkstrauertag
Buß- und Bettag*
Totensonntag*
*christliche Gedenk- oder Trauertage
Doch was sagt die Kirche dazu? Beim Gespräch mit dem Leipziger Pfarrer Martin Staemmler-Michael in der Heilandskirche wird schnell klar: Er möchte unbedingt an den stillen Feiertagen festhalten, allerdings ohne Verbote. "Alles was ich mit christlichem Glauben verbinde und ich verbiete etwas - da kann ich nur auf Unverständnis stoßen. Je enger ich etwas führe, umso unverständlicher reagieren die Menschen darauf, weil sie nicht die Möglichkeit haben, frei für sich zu entscheiden."
Es brauche aber Angebote wie die Feiertage, stellt Staemmler-Michael auch klar, um zur Ruhe zu kommen - wenn man denn möchte. "Die Frage ist: Wo treffe sich Menschen, wenn sie in Not sind?" Der Buß- und Bettag könne aus seiner Sicht solch ein Ort beziehungsweise Zeitpunkt sein für die, die das brauchen. Allerdings gelte für ihn auch: "Wenn Leute sagen 'Ich brauche das Tanzen, ich habe gerade keine Not. Warum kann ich dann nicht tanzen gehen?', dann soll er tanzen gehen."
Anders sieht das das Bundesverfassungsgericht. 2016 beschäftigte es sich mit dem gesetzlich verankerten Tanzverbot und fällte eine grundlegende Entscheidung. In dieser heißt es: "Dem Gesetzgeber ist es nicht verwehrt, Feiertage zu schützen, die nicht von allen als solche begangen werden." Die Landesregierung darf also selbst entscheiden und besondere Schutzvorschriften festlegen, auch wenn bei weitem nicht alle den Gedenktag aus religiösen Gründen nutzen möchten.
Sachsen will am Tanzverbot festhaltenDas zuständige Ministerium in Sachsen sieht deshalb auch kein Problem beim Tanzverbot. Auf Nachfrage von MDR SACHSEN teilt das Innenministerium mit: "Derzeit gibt es keine konkreten Pläne, die 'Stillen Feiertage' in Sachsen zu reduzieren oder zu reformieren."