Nach den Landtagswahlen: Wie die CDU auf das BSW zugeht

25 Tage vor
Nach den Landtagswahlen Friedrich und die Wagenknechte: Wie die CDU auf das BSW zugeht

Für eine stabile Mehrheit braucht die CDU in Sachsen und Thüringen das BSW. Teile der Union lehnen eine Koalition ab. Parteichef Friedrich Merz stehen harte Wochen bevor.

BSW - Figure 1
Foto WirtschaftsWoche

Sachsen hat gewählt, Thüringen auch – und Friedrich Merz fand, dass es nun an der Zeit sei, über die Dinge zu sprechen, an denen stabile Mehrheiten in beiden Ländern wirklich scheitern könnten. Am Montagmittag stand der CDU-Chef im Atrium des Konrad-Adenauer-Hauses, neben ihm Michael Kretschmer und Mario Voigt. Merz hat ihnen gratuliert, hat erst von einem „sehr guten Wahlergebnis“ gesprochen, dann von einem „ordentlichen“.

Sei’s drum. Merz gab sich zufrieden. „Viel Licht, viel Schatten.“ Hätte schlimmer kommen können.

Kretschmer wird wohl Ministerpräsident von Sachsen bleiben, Voigt hat gute Chancen, dieses Amt in Thüringen zu übernehmen. Beide brauchen Koalitionspartner, beide sind auf das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) angewiesen – und damit auch auf die Frau, deren Namen die junge Partei trägt. Eine Zusammenarbeit zwischen der CDU und der Ex-Kommunistin Sahra Wagenknecht hat Merz für den Bund ausgeschlossen. In Thüringen und Sachsen aber entscheiden die Landesverbände eigenständig: Kann das klappen? Wie müsste das aussehen?  

Also, zu den wirklich wichtigen Dingen.

Landtagswahlen Sachsen und Thüringen Kein Sieger, nirgends

Die CDU wird es zerreißen, die Ampelparteien evaporieren, die Blackbox BSW hat zwei Bundesländer in der Hand, die unregierbar scheinen. Hier sieht man, wie fruchtlos und sinnlos Denkzettel-Wählen ist. Ein Kommentar.

von Horst von Buttlar

Das BSW, sagte Merz, sei die „Kaderpartei einer Person, die sich in diesen beiden Landtagswahlkämpfen zur Weltpolitik geäußert hat“. Wagenknecht, die Waffenlieferungen an die Ukraine ablehnt, hatte wochenlang so getan, als seien die Landtagswahlen eine Abstimmung über Krieg und Frieden, als entscheide sich zwischen Eichsfeld und Oberlausitz, ob und wann Wladimir Putin seine Truppen abzieht. „Was diese Partei zu den Abwassergebühren in Thüringen und in Sachsen sagt – weiß ich nicht“, sagte Merz. Und ergänzte mit einem Fingerzeig zu Kretschmer und Voigt: „Wissen die beiden auch nicht.“

Ja, die Abwassergebühren. Das ist natürlich schön plakativ. Merz bemühte sich, dieser Koalitionsdebatte gleich von Beginn an die Flughöhe zu nehmen. Einfache Botschaft: Es geht hier um Landesthemen, nicht um Grundsatzfragen der deutschen Außenpolitik. Die Debatte war absehbar, gebrauchen kann der CDU-Chef sie trotzdem nicht. Schließlich entscheidet sich in diesen Wochen auch die Kanzlerkandidatur. Merz will zugreifen, daran zweifelt in der Partei niemand mehr. Aber es gibt da ja noch einen anderen Kanzlerkandidaten. CSU-Chef Markus Söder wird genau hinschauen, wie Merz sein BSW-Problem meistert.

Denn für die CDU ist die Situation genau das: ein Problem. Ohne BSW gibt es keine stabilen Machtverhältnisse in Dresden und Erfurt. Eine Zusammenarbeit wiederum erschüttert das innerparteiliche Wertegerüst. Wagenknecht bekämpft, worauf die CDU stolz ist. Westbindung, Aufrüstung, Solidarität mit der Ukraine. Das Erbe Konrad Adenauers. Man muss gar nicht erst die Frage stellen, ob Wagenknecht wirtschaftspolitisch wirklich so geläutert ist, wie sie vorgibt – viele Christdemokraten, vor allem im tiefen Westen der Republik, lehnen es ab, mit ihr und ihrer Partei auch nur Gespräche zu führen.

Ein Blick in die „Red Box“

„Für uns als CDU muss klar sein, dass eine Zusammenarbeit auf jeder Ebene mit diesem Kreml-Ableger undenkbar ist“, mahnte kürzlich der Außenpolitiker Roderich Kiesewetter. Noch sind diese kritischen Stimmen eher selten. Viele zögern, sich öffentlich zu äußern. Der Parteiführung ist es gelungen, die Debatte vor den Wahlen kleinzuhalten. Und wer schießt schon gerne quer, wenn in zwei Bundesländern die Demokratie verteidigt wird?

Merz bleibt vorsichtig, schiebt das Problem weit von sich. Das BSW sei eine „Black Box“, sagte der CDU-Chef am Montagmittag, und korrigierte sich: eine „Red Box“. Da müsste man halt mal reinschauen, sagte er, und präzisierte: Da müssten die Kolleginnen und Kollegen in Sachsen und Thüringen mal reinschauen. Die Kollegen ergänzten gerne. „Wir sind meilenweit von Koalitionsverhandlungen entfernt“, sagte Kretschmer.

Sachsens Ministerpräsident und Thüringens Vielleicht-bald-Ministerpräsident bauten am Tag nach der Wahl rhetorisch ordentlich vor. Da war von Demut die Rede, von Dienen, und von der „Wenn-Dann-Verantwortungsgemeinschaft“, die so eine Koalition nun einmal immer sei. Soll am Ende keiner sagen, man habe sich ans BSW nicht mit größter Vorsicht herangetastet.

Die zentralen Fragen, die sich nun stellen, beantworteten sie nicht. Da wären zum Beispiel:

Wie geht die CDU damit um, dass Wagenknecht zwar nicht direkt an Gesprächen teilnehmen will, bei Fragen von Krieg und Frieden aber mitreden möchte?

Wie geht die CDU damit um, dass Wagenknecht über die Landesregierungen ganz konkret Einfluss auf die deutsche Außenpolitik nehmen will?

Wie gelingt es der CDU, als stärkere Kraft selbst die Bedingungen einer Zusammenarbeit zu diktieren, sich nicht weiter Vorgaben machen zu lassen?

Und wie begründet die CDU, dass eine Koalition mit den Linken nie möglich war, seien sie noch so zahm wie Bodo Ramelow, ein Bündnis mit Wagenknecht aber schon?

Vor allem aber stellt sich die Frage, ob Merz und dem Rest der Parteiführung bewusst ist, dass sie sich in eine Situation hineinmanövrieren, in der sie von allen Seiten aufgerieben werden. Das ist dem Ernst der Lage in Sachsen und Thüringen geschuldet, keine Frage. Demokratie verteidigen, first. Alles andere, second. Aber wachsam sollte man schon bleiben.

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