Putins Bollwerk gegen Westen: Brics-Staaten beraten über eigenes ...

StartseiteWirtschaft

Stand: 22.10.2024, 17:57 Uhr

Von: Lars-Eric Nievelstein

Kommentare

Putin lädt zum BRICS-Gipfel ein. Dem Westen soll das eine klare Botschaft senden. Allerdings gibt es neues Konfliktpotenzial.

Brics - Figure 1
Foto Frankfurter Rundschau

Kasan – Am heutigen Dienstag beginnt im russischen Kasan ein dreitägiger Gipfel der BRICS-Gruppe. Insgesamt nehmen 24 Staats- und Regierungschefs an der Konferenz teil, zu der der russische Präsident Wladimir Putin eingeladen hatte. Unter anderem soll es um die Einführung eigener Zahlungssysteme gehen, die in Konkurrenz zum international genutzten SWIFT-Bankensystem treten sollen, zum Internationalen Währungsfonds (IWF) und zur Weltbank.

BRICS trifft sich in Russland – Putin will ein Gegengewicht zum Westen

Ein kurzer Rückblick: Das SWIFT-Bankensystem stellt die Infrastruktur, mit der Finanzinstitute bei internationalen Geldtransfers sicher miteinander kommunizieren können. Russland war einst ebenfalls Profiteur des Systems, allerdings hatte der Westen Russland im Rahmen der Sanktionen wegen des Ukraine-Kriegs von SWIFT ausgeschlossen.

Dass Putin einen Ersatz für SWIFT sucht, zeigt recht deutlich, dass ihn der Ausschluss vor Probleme stellt. Innerhalb der vergangenen Monate hatte es immer wieder Berichte über internationale Banken gegeben, die sich von Russland zurückzogen und Zahlungen einstellten. Allerdings stellt sich beim BRICS-Gipfel die Frage, ob Putin mit seinem Vorhaben Erfolg haben wird.

Narendra Modi (links) und Wladimir Putin (rechts) auf dem 16. Gipfel der BRICS-Nationen. Dem Westen soll das eine klare Botschaft senden. Allerdings gibt es neues Konfliktpotenzial. © IMAGO / SNA/Alexander Kazakov

Laut dem International Institute for Strategic Studies (IISS) hatte Russland es bis zum letzten Gipfel, der 2023 stattfand, nicht geschafft, seine wirtschaftlichen Pläne innerhalb der Gruppe voranzubringen. Die anderen BRICS-Länder hatten nur sparsam Interesse daran gezeigt, Zahlungen in Nationalwährungen zu tätigen oder ein nicht-westliches Zahlungssystem zu etablieren. Sergej Lawrow, Russlands Außenminister, hatte sich sogar darüber beschwert, dass die New Development Bank (ehemals BRICS Development Bank) nicht nur damit aufgehört hatte, Russland Geld zu leihen, sondern einige bereits beschlossene Investments suspendiert hatte.

Auch der Thinktank Carnegie Endowment for International Peace hatte in einer Analyse mitgeteilt, dass weder die New Development Bank (NDB) noch das Contingent Reserve Arrangement (CRA) sich bisher durchsetzen konnten. Sie würden noch zu sehr wie ihre westlichen Vorbilder funktionieren, argumentierte der Council on Foreign Relations, und seien längst nicht reich genug, um sie zu ersetzen. Ihre Mission, die Bedeutung des Dollars und der Bretton-Woods-Institutionen zu schmälern, ist damit nicht eben simpel zu erfüllen.

Diese Ziele verfolgt BRICS – Nicht alle Mitglieder sind an Bord

Dabei scheint die Message, die der neue Gipfel an den Westen senden soll, klar: Russland ist nicht isoliert. Außerdem hatte BRICS sich erst kürzlich erweitert. Zu den Gründungsmitgliedern Brasilien, Russland, Indien und China kamen die Vereinigten Arabischen Emirate, Südafrika, Ägypten, Äthiopien und der Iran. Türkei, NATO-Mitglied, ist interessiert und nimmt ebenfalls in Kasan teil.

Vor allem mit den Neuzugängen zeigte BRICS zunehmend die Schwerpunkte, die das Staatenbündnis gelegt hat. Es will eine „multipolare Weltordnung“ schaffen, in der ein wirtschaftliches und politisches Gleichgewicht herrscht. Angesichts dessen, dass eben auch der Iran und Russland dabei eine Rolle spielen, würde das übersetzt im Schnitt ein Minus an Demokratie und ein Plus an Diktatur bedeuten. Viele der Mitglieder eint dabei vor allem eine antiwestliche, antiamerikanische Haltung.

Hier tut sich jedoch die Schwäche des Bündnisses auf: Damit sind nicht alle Mitglieder an Bord.

BRICS als Konter für westliche Sanktionen – Probleme gibt es trotzdem

Die ökonomische Stärke des Bündnisses ist nicht von der Hand zu weisen. Mit den Neuzugängen vereinen die BRICS-Nationen rund 37 Prozent der globalen Wirtschaft auf sich. Rund die Hälfte der Weltbevölkerung lebt in BRICS-Staaten.

Die Meinungen der Mitglieder gehen allerdings schwer auseinander. Brasilien zum Beispiel sieht sich als Vertreter des globalen Südens und strebt eine neutrale Linie an. Das Land will es sich weder mit Russland noch mit dem Westen verscherzen, warnt aber vor einer zu schnellen Expansion des BRICS-Bündnisses, aus Sorge davor, dass der eigene Einfluss dadurch schwindet. Eine entsprechende Analyse hatte das IISS geteilt.

Für Russland ist BRICS vorrangig ein Zeichen dafür, dass die Mühen des Westens, das Land zu isolieren, fehlgeschlagen sind. Außerdem will es ökonomische Bande zwischen den BRICS-Mitgliedern sowie seine Stellung im globalen Süden stärken. Gleichzeitig aber hatte es in der jüngeren Vergangenheit Probleme zwischen Russland und den Banken aus mehreren BRICS-Ländern gegeben, darunter China und die VAE.

Länderbündnis mit Konfliktpotenzial – Kann BRICS den Westen überholen?

Indien wiederum blickt mit einigem Misstrauen auf Chinas Einfluss im Pazifik und arbeitet teils direkt gegen den BRICS-Partner. Das Land ist für eine Erweiterung des Bündnisses, allerdings sieht die IISS als Grund dafür eher Indiens Hoffnung, den chinesischen Einfluss dadurch schrumpfen zu lassen.

Für China steht die Schaffung eines Gegengewichts zu den westlichen G7 im Vordergrund. Das „Reich der Mitte“ will seine Abhängigkeit vom europäischen Markt verringern. Die Neuzugänge, darunter Ägypten und der Iran, zeigen einen wachsenden Einfluss auf der Südhalbkugel. Gleichzeitig bringen sie ein gewisses Risiko mit in das Bündnis. Laut dem Thinktank IISS kann BRICS ihre grundsätzlichen Probleme jedoch nicht lösen. „Diese Kräfte aus dem Mittleren Osten werden sowohl köchelnde Rivalitäten als auch hohe Erwartungen mitbringen“, hieß es in einer Analyse des IISS.

Und wie sieht es im Westen aus? Die G7-Staaten sind politisch und wirtschaftlich wesentlich geeinter als BRICS und prüfen gerade die Aufnahme von weiteren westlich gesinnten Schwergewichten. Darunter befinden sich etwa Südkorea und Australien. Auch steht bereits die Aufnahme der EU als Ganzes zur Debatte – die Europäische Kommission hat einen Beobachterstatus.

Auch interessant
Mehr lesen
Ähnliche Nachrichten