BMW: Rückruf und gekappte Prognose – der Schaden für BMW ist ...

7 Tage vor
BMW Rückruf

Die schlechten Nachrichten aus der Automobil-Branche häufen sich. Jetzt trifft es BMW. Handelt es sich um den Fehler eines Zulieferers oder stecken auch hier strukturelle Probleme dahinter?

Es stauen sich die Hiobs-Nachrichten aus der Automobilbranche: Nachdem einige Zulieferer Entlassungen angekündigt hatten, brachte der größte deutsche Autobauer Volkswagen vergangene Woche gar Werksschließungen ins Spiel. Nun folgt auch am Dienstagnachmittag auch BMW: Der Vorstand passt die Prognose für das laufende Geschäftsjahr an. Wörtlich heißt es darin, es sei zu „Auslieferungssperren und Rückrufen im Zusammenhang mit dem von einem Lieferanten zugelieferten integrierten Bremssystem (IBS) resultieren“. 

Davon seien insgesamt 1,5 Millionen Fahrzeuge betroffen, was im dritten Quartal zu „zusätzliche Gewährleistungskosten in hoher dreistelliger Millionenhöhe“ führe. Zusätzlich dämpft die Konjunkturschwäche in China weiter den Markt. 

Konkret sehen die Anpassungen wie folgt aus: Bei den Auslieferungen wird nun anstatt eines leichten Anstiegs im Vorjahr ein leichter Rückgang erwartet. Die EBIT-Marge sinkt von vorher prognostizierten acht bis zehn Prozent auf nurmehr 6 bis 7 Prozent. Die Kapitalrendite war bisher mit 15 bis 20 Prozent angepeilt worden, diese geht jetzt auf 11 bis 13 Prozent zurück.

Beim Lieferanten des integrierten Bremssystem (IBS) handelt es sich wohl um den Zulieferer Continental. „Grund dafür ist ein elektronisches Bauteil, dessen Funktionsweise möglicherweise beeinträchtigt ist“, heißt es dort. „Dies kann in Einzelfällen dazu führen, dass betroffene Bremssysteme auf die eingebaute Rückfallebene zurückgreifen.“ Man versichert aber, dass „die Bremsleistung deutlich über den gesetzlich geforderten Standards liege“. Inzwischen soll auch eine Diagnose-Software zur Verfügung stehen, die früh über eine eventuelle Beeinträchtigung informiert. 

„Die Rückrufe sind sehr ernst zu nehmen“, sagt Ferdinand Dudenhöffer, Direktor des Center Automotive Research in Bochum. Zwar habe der Autobauer erst vor wenigen Tagen eine Qualitätsinitiative bei seinen Zulieferern angekündigt. Doch Rückrufe sind nicht nur für die Kundinnen und Kunden ärgerlich, sondern auch für die Unternehmen selbst. „Rückrufe belasten die Profitabilität und können Unternehmen die Existenz kosten“, so der Branchenexperte.

Der Schaden für BMW ist zwar beachtlich – nicht nur, dass Kunden länger auf ihr Auto warten müssen, auch die Lagerkosten für die Münchener steigen. Allerdings betont man, dass dies nichts mit der generellen Krise der Branche in Deutschland zu tun habe. „Das ist ein abgrenzbarer Rückruf, der kommunikativ in eine Unzeit fällt“, teilte ein Sprecher auf Anfrage der WirtschaftsWoche mit. „Es handelt sich nicht um ein strategisches, strukturelles Problem des Unternehmens“.

Tatsächlich ist es nicht so, dass durch die angekündigten Werksschließungen von VW eine gefürchtete Kettenreaktion in Gang kommt, die immer mehr Zulieferer in den Abgrund reißt.

Lesen Sie auch: Für welche VW-Standorte es eng werden könnte.

Strukturelle Gemeinsamkeiten gibt es dennoch. Vor allem der Markt in China ist schwach, das betont auch BMW. Die Erholung, auf die viele Autobauer 2023 nach Beendigung der rigorosen Lockdown-Maßnahmen gesetzt hatten, kam nie. Stattdessen rutscht die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt in die Deflation. Zwar hoffen Analysten immer wieder auf einen monetären Stimulus der Regierung in Peking. Doch deren Spielraum ist aufgrund der Immobilienkrise begrenzt. Wenn ein weiteres Aufblähen der Blase verhindert werden soll, dürfen auch die Kreditschleusen nicht zu weit geöffnet werden. Die Folge: Die chinesischen Verbraucher haben weniger Geld. Hinzu kommt die massive heimische Konkurrenz in Form von subventionierten Elektroautos. 

„Der Rückruf jetzt ist eine neue Hiobsbotschaft für Conti“, sagt Dudenhöffer. Bereits im März hatte das „Managermagazin“ berichtet, dass BMW den Zulieferer von allen Neuaufträgen ausschließen wolle. „BMW ist ein wichtiger Kunde. Hinzu kommen die Rückbelastungen und juristische Auseinandersetzungen über die Haftung für mehr als 370.000 BMW-Rückrufe weltweit.  Der Schaden könnte nach Schätzungen bei über 400 Millionen Euro liegen“, erklärt Dudenhöffer.

Eine der bisher größten Rückrufaktionen traf den japanischen Airbag-Spezialisten Takata. Seit 2014 mussten mehr als 50 Millionen Fahrzeuge zur Überprüfung der Sicherheit in die Werkstätten. „Mit dieser größten Rückrufaktion der Geschichte hat das Unternehmen Takata seine Eigenständigkeit verloren. Die wirtschaftlichen Folgen können daher existenziell sein“, erinnert sich der Branchenexperte und fügt hinzu. „Der wirtschaftliche Schaden durch Rückrufe kann durchaus größer sein als der Imageschaden für die Autohersteller“.

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