Für den Handelsriesen BayWa wird es eng
Stand: 16.07.2024, 11:14 Uhr
Von: Olivia Kowalak
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Die Krise in der Bau- und Agrarwirtschaft schlägt sich im Handel nieder. Nachdem das Unternehmen BayWa die Sanierungspläne bekanntgab, folgte der stärkste Aktieneinbruch seit 15 Jahren.
München – Der Agrarhandelskonzern BayWa sieht Handlungsbedarf angesichts hoher Schulden. Wie die Deutsche Presse-Agentur meldet, hat das Unternehmen am Freitag ein Sanierungsgutachten in Auftrag gegeben. Ziel sei es zu zeigen, ob der Konzern überhaupt sanierungsfähig ist. Darauf folgte ein historischer Aktiensturz.
Historischer Aktieneinbruch: Sanierung wegen MilliardenschuldenDer Agrarhandelskonzern ist durch Milliardenschulden belastet. Nachdem BayWa am Freitag die Sanierungspläne bekanntgab, stürzte die Aktie am Wochenende im vorbörslichen Handel um 20 Prozent ein. Sie notierte am Montag dann nach Eröffnung des Handels in Frankfurt nur 13,80 Euro, was einen Einbruch um 38 Prozent darstellt. Das ist der tiefste Stand seit 15 Jahren.
Auf Druck der Gläubiger wurde wegen „angespannter Finanzlage“ nun ein Sanierungsgutachter beauftragt, wie es hieß. „Der BayWa-Vorstand hat einen etablierten Experten als Restrukturierungskoordinator beauftragt, der den Prozess aktiv begleitet und intensiv mit dem Vorstand zusammenarbeitet“, teilte ein Sprecher mit.
BayWa-Vorstandschef Marcus Pöllinger meldetet im März zum ersten Mal in der Geschichte des Unternehmens ein Verlustjahr. Das Geschäftsjahr 2023 verbuchte nach Zinsen und Steuern einen Verlust von 93,4 Millionen Euro, wie es in der Pressemitteilung hieß. Vor dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine hatte der Konzern noch ein 14-prozentiges Plus verbucht.
Preisverfall bei Solarmodulen und schwache Baubranche belasten GeschäfteGründe für die schwachen Geschäfte seien nach Angaben des Konzerns vor allem der Preisverfall im Solarmodulgeschäft. Die Preise haben sich nach Zahlen von Pvxchange im Jahr 2023 halbiert. Überkapazitäten der Solarzellenproduktion in China führten zu weltweiten Überfluss mit anschließendem Preissturz. Das chinesische Industrieministerium will dem nun mit einem kürzlich veröffentlichen Verordnungsentwurf entgegenwirken, wie Business Insider schrieb. Darin wolle China Solarzellenunternehmen anleiten, Fertigungsprozesse zu reduzieren.
BayWa muss nun mit Sparprogrammen Bilanzen ausgleichen. © David-Wolfgang Ebener/dpaWeiterhin machen der Landwirtschaft extreme Wetterbedingungen zu schaffen. Wie BayWa angab, hätten Ernteeinbußen und offen gebliebene Versicherungszahlungen speziell in Neuseeland infolge des Zyklons „Gabrielle“ das Ergebnis gedrückt. Die Wetterbedingungen haben demnach auch im Getreidehandel für Einbußen gesorgt. Darüber hinaus habe der Preisrückgang bei Düngermittel das Agrargeschäft 2023 belastet. Fallende Getreidepreise infolge billiger Ukraine-Importe führten dazu, dass weniger Düngermittel nachgefragt wird.
Der Wohnungsbau in Deutschland brach seit dem gestiegenen Zinsniveau außerdem ein. Die sinkende Zahl der Baugenehmigungen seit 24 Monaten in Folge zeigt sich im Nachfragerückgang bei Baustoffen deutlich. Die größte Krise im Bauwesen seit 50 Jahren sei nach Aussagen von Steffen Mechter, Generalbevollmächtigter und Leiter Bau der Münchner BayWa AG, nur durch eine Transformation überwindbar.
Sorge um Altersvorsorge der Anleger: Hohe BayWa-Verschuldung sei ein Problem„Der Vorstand geht aufgrund konstruktiver Gespräche mit Finanzierungspartnern und der eingeleiteten Maßnahmen davon aus, dass die Finanzsituation nachhaltig gestärkt werden kann“, hieß es am Freitag von Pöllinger. Bis Ende 2023 wies der Konzern 5,5 Milliarden Euro Schulden auf. Pöllinger versucht derzeit den schuldenfinanzierten Expansionskurs von Vorgänger Klaus Maria Lutz zu korrigieren, hieß es weiter.
„Die BayWa ist ein besonderes Unternehmen: Viele Landwirte sind dort gleichzeitig Kunden und Aktionäre. Nicht selten ist die BayWa-Aktie wichtiger Teil der Altersvorsorge“, sagte die Vizepräsidentin der Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), Daniela Bergdolt in Sorge um die Anleger. Größter Aktionär ist die Bayerische Raiffeisen-Beteiligungs-AG mit 33,8 Prozent, hinter der die Volks- und Raiffeisenbanken des Landes stehen.