Bayerisches Agrarunternehmen: BayWa heuert Sanierungsberater ...

15 Jul 2024

Schulden in Milliardenhöhe und der schlechteste Aktienwert seit mehr als 15 Jahren: Der Agrarkonzern BayWa steckt in der Krise. Nun hat der Vorstand einen Restrukturierungskoordinator engagiert.

Baywa - Figure 1
Foto DER SPIEGEL

15.07.2024, 18.28 Uhr

Der BayWa-Schriftzug am Technikzentrum des Unternehmens in Bamberg (Symbolbild)

Foto: David-Wolfgang Ebener / dpa

Die Krise beim bayerischen Agrarkonzern BayWa spitzt sich zu: Die Aktie des Unternehmens verzeichnete zu Wochenbeginn einen massiven Kurssturz. Der Wert des Papiers brach am Montag um ein Drittel auf 14,90 Euro ein. Das ist der tiefste Stand seit mehr als 15 Jahren. Vor zwei Jahren war der Aktienkurs noch dreimal so hoch.

Das hoch verschuldete Unternehmen hat nun ein Sanierungsgutachten in Auftrag gegeben, das zeigen soll, ob die BayWa sanierungsfähig ist – offenbar auf Druck der Gläubigerbanken. Das Unternehmen spricht von einer »angespannten Finanzierungslage« und bestätigt zugleich die Einsetzung eines Sanierungsbeauftragten: »Der BayWa-Vorstand hat einen etablierten Experten als Restrukturierungskoordinator beauftragt, der den Prozess aktiv begleitet und intensiv mit dem Vorstand zusammenarbeitet«, so ein Sprecher. Einen Namen nannte er nicht.

»Die hohe Verschuldung ist ein sehr ernstes Problem.«

Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz

»Damit ist klar, dass die Situation bei der BayWa deutlich kritischer ist als bisher angenommen«, schrieb die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) am Montag. »Die hohe Verschuldung ist ein sehr ernstes Problem.«

BayWa-Vorstandschef Markus Pöllinger versucht derzeit, den schuldenfinanzierten Expansionskurs zu korrigieren, den sein Vorgänger Klaus Maria Lutz gefahren hatte. Bis Ende 2023 hatte der Konzern 5,5 Milliarden Euro Schulden angehäuft, bei steigenden Zinsen eine zunehmende Belastung. Die höheren Zinslasten rissen die BayWa im vergangenen Jahr zum ersten Mal in die roten Zahlen, weil zugleich das Geschäft des Mischkonzerns mit Solarenergie-Bauteilen schlecht läuft.

Pöllinger hatte bereits einen Konsolidierungskurs angekündigt und die Dividende für 2023 gestrichen. Nun hat sich die Lage offenbar verschärft. »Der Vorstand geht aufgrund konstruktiver Gespräche mit Finanzierungspartnern und der eingeleiteten Maßnahmen davon aus, dass die Finanzsituation nachhaltig gestärkt werden kann«, versuchte der Vorstand die Anleger am Freitagabend zu beruhigen.

Als größte Gläubiger der BayWa gelten die DZ Bank, die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) und die UniCredit. Letztere hatte einen zwei Milliarden Euro schweren Konsortialkredit geschnürt, der im September 2025 fällig ist. Ob er mit Kreditbedingungen (Covenants) versehen ist, die die Banken bei Nichterfüllung zur vorzeitigen Kündigung berechtigt, ist nicht bekannt.

Der geplante Verkauf des Handelsgeschäfts mit Solar-Paneelen und Wechselrichtern könnte frisches Geld in die Kasse spülen und die ärgsten finanziellen Sorgen lindern. Doch daraus wurde bisher nichts, weil die Branche wegen massiver Überkapazitäten bei Solarmodulen und einer Dumping-Strategie der chinesischen Konkurrenz unter Druck steht. Von dem ursprünglich erhofften Verkaufserlös von 2,2 bis 2,4 Milliarden Euro muss die BayWa nach eigener Einschätzung deutliche Abstriche machen, wenn sie das Geschäft verkaufen will.

Sorge um Anleger aus der Landwirtschaft

Die Vizepräsidentin der DSW, die Münchner Anwältin Daniela Bergdolt, bangt vor allem um die Anleger aus der Landwirtschaft. »Die BayWa ist ein besonderes Unternehmen: Viele Landwirte sind dort gleichzeitig Kunden und Aktionäre. Nicht selten ist die BayWa-Aktie wichtiger Teil der Altersvorsorge.«

Größter Aktionär ist die Bayerische Raiffeisen-Beteiligungs-AG mit 33,8 Prozent, hinter der die Volks- und Raiffeisenbanken des Landes stehen. Aufsichtsratschef ist Gregor Scheller, der scheidende Vorsitzende des Genossenschaftsverbandes Bayern. Die österreichische Raiffeisen-Agrar Invest hält 28,1 Prozent der Anteile.

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