Bayer: CEO Bill Anderson präsentiert Vier-Punkte-Plan zur ...
Die erste Bilanz unter Bill Anderson fällt durchwachsen aus. Der neue Bayer-CEO trifft die Prognosen, verspricht viel und liefert wenig Konkretes. Worauf es jetzt ankommt.
Es war ein schlimmer Sturz. Vor drei Jahren, beim Skateboarden, brach sich Bill Anderson den rechten Oberschenkel an vier Stellen. Er war monatelang auf die Hilfe von Chirurgen und Physiotherapeuten angewiesen. Inzwischen ist er wieder fit, verzichtet aber auf das Skateboarden.
Vor neuerlichen Stürzen bewahrt ihn das nicht: Anderson, seit vergangenem Jahr CEO des deutschen Bayer-Konzerns, musste in den vergangenen Monaten einiges verkraften. Die Glyphosat-Prozesse, die der Konzern beinahe schon hinter sich gelassen zu haben schien, gingen plötzlich wieder reihenweise verloren, auch in der Medikamentenentwicklung floppte einer der wenigen Hoffnungsträger. So sind die Schulden gestiegen, hat sich der Cashflow deutlich reduziert – und der Aktienkurs fällt und fällt. Nun soll Bayer eine Erkenntnis helfen, die Anderson nach seinem Unfall vor drei Jahren gezogen hat: Manchmal muss man seine Pläne eben ändern und anpassen.
Fast drei Milliarden Euro Verlust
An diesem Dienstag präsentierte Anderson vor Journalisten und Investoren am Finanzplatz London seine Pläne – oder zumindest einen Teil davon. Die Bilanzzahlen und der Kapitalmarkttag waren mit Spannung erwartet worden. Investoren hatten im Vorfeld eine Aufspaltung von Bayer gefordert, etwa die Abtrennung von Consumer Health, des Geschäfts mit rezeptfreien Medikamenten. Doch das wird es so schnell nicht geben, vielleicht später mal. Stattdessen präsentiert Anderson viele Versprechen, gute Ideen, liefert aber wenig Konkretes. Die Begeisterung an der Börse blieb aus – die Bayer-Aktie sackte ab.
Dabei hat Anderson bei den Zahlen immerhin das geliefert, was er zuvor prognostiziert hatte: Der Umsatz für 2023 erreicht 47,6 Milliarden, ist dabei gegenüber Vorjahr leicht rückläufig. Der um zahlreiche Sondereffekte bereinigte Betriebsgewinn liegt bei über elf Milliarden Euro. Unter dem Strich bleibt allerdings ein Verlust von fast drei Milliarden Euro – vor allem, weil sich die Preise für den umstrittenen Unkrautvernichter Glyphosat rückläufig entwickelten und Bayer im Agrargeschäft Wertberichtigungen vornehmen musste. Die durch die Monsanto-Übernahme aufgetürmten Schulden erhöhten sich auf über 34 Milliarden Euro.
Nun ist der Amerikaner Anderson, der seit Juni 2023 an der Spitze von Bayer steht, niemand, der die Dinge schönredet. Anderson nannte vier Bereiche, in denen Bayer jetzt liefern muss: Das Pharmageschäft, das unter Patentabläufen leidet, braucht neue Medikamente in der Entwicklung. Bei den Glyphosat-Prozessen in den USA muss es besser laufen. Die Schulden müssen runter. Und schließlich hat er der überbordenden Bayer-Bürokratie, die jeden Fortschritt lähmt, den Kampf angesagt.
Mehr Initiativen zu Glyphosat
Wie er die Ziele erreichen will? Da blieben Anderson und seine Vorstandskollegen in London weitgehend unkonkret. Für einen großen Wurf im Pharmageschäft fehlt Bayer das Geld – es wäre zudem auch eine riskante Wette. Die Zeit drängt: Denn die Patente für den Topseller, den Gerinnungshemmer Xarelto laufen aus. Anderson verwies darauf, dass sich Bayer Anfang der Woche vom US-Unternehmen BridgeBio ein neues Herzmittel lizenziert hat, dessen Zulassungsantrag bereits läuft; bis zu 310 Millionen Euro zahlen die Leverkusener dafür. Solche kleineren Deals hat es in der Vergangenheit häufig gegeben und wird es auch weiter geben, ließ Anderson durchblicken. Viel konkreter wurde er nicht.
Zweites Thema: die Glyphosat-Prozesse in den USA. Mehr als zehn Milliarden Dollar hat Bayer bereits an Rückstellungen ausgegeben. Und noch immer ist kein Ende der Prozesse in Sicht. Anderson kündigte „mehr Initiativen“ von Bayer zur Causa Glyphosat an, will auch außerhalb der Gerichtssäle aktiver werden, etwa durch eine intensivere Zusammenarbeit mit der Politik. Viel genauer wurde er auch auf Nachfrage nicht. Schließlich wolle Bayer seine Pläne nicht an seine Prozessgegner verraten.
Zwei Milliarden Euro Einsparungen
Drittens: der Schuldenabbau. Auch da blieb Anderson eher vage. Auf der Hauptversammlung Ende April sollen die Aktionäre beschließen, die Dividende von zuletzt mehr als zwei Euro auf das gesetzliche Minimum von elf Cent zu beschränken. Das wird einige Milliarden einsparen. Über weitere Maßnahmen gab es kaum Informationen.
Relativ konkret wurde Anderson bei Punkt 4, dem Umbau der Organisation. Bayer soll dadurch schneller, innovativer, kundennäher – und vor allem weniger bürokratisch werden. Die meisten Entscheidungen werden von Managern auf die Teams übertragen. Von zwölf Hierarchieebenen wie in einigen Bereichen sollen fünf bis sechs gestrichen werden. Viele der 17 000 Führungskräfte bei Bayer werden wohl ihren Job verlieren. Bis 2026 sollen so jährlich zwei Milliarden Euro an Organisationskosten eingespart werden.
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