Frust bei Betroffenen wächst – „Hilfe kommt nicht an“

2 Tage vor

Madrid. Nach der verheerenden Flut wächst in Valencia die Wut auf die Behörden. Unwetter haben derweil auch die Region Barcelona heimgesucht.

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Foto Berliner Morgenpost

Erst Valencia, nun Barcelona. Die explosive Unwetterfront, die Ende Oktober eine tödliche Regen- und Schlammflut in der spanischen Mittelmeerregion Valencia verursachte, legte am Montag weite Teile Kataloniens lahm. Der heftige Starkregen im Großraum Barcelona, der Hauptstadt Kataloniens, überschwemmte Straßen und Autobahnen.

Auch Teile des Flughafens und dessen Zufahrtswege standen unter Wasser. Viele Reisende, die ihren Urlaub in einem der meistbesuchten Feriengebiete Spaniens verbrachten, hingen auf dem Airport fest. Einige Terminals wiesen Lecks auf. Videos in den sozialen Medien zeigten, wie sich der Regen ins Innere ergoss. Viele Flüge mussten abgesagt oder umgeleitet werden. In nahezu der ganzen Region Katalonien wurde auf Antrag des Zivilschutzes der Eisenbahnverkehr gestoppt. Fernsehbilder aus Castellfels, einem Vorort Barcelonas, zeigten Fahrzeuge samt Insassen, die auf einer Schnellstraße vom Wasser eingeschlossen waren.

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Der Wetterdienst meldete, dass örtlich 150 bis 200 Liter Regen pro Quadratmeter fielen – ein Vielfaches dessen, was normalerweise im gesamten Herbst gemessen wird. Es wurden ähnlich sintflutartige Regenfälle erwartet, wie sie am 29. Oktober in der Region Valencia niedergingen. Die Regionalregierung löste für Barcelona und benachbarte Landkreise die höchste Alarmstufe aus. Die Bürger wurden aufgefordert, zu Hause zu bleiben und nicht Auto zu fahren, viele Schulen blieben geschlossen.

Wut nach Flut in Spanien: „Wir fühlen uns allein gelassen“

Während Spanien nun also bang auf Barcelona blickt, bieten sich in der Provinz Valencia auch eine Woche nach der verhängnisvollen Katastrophe immer noch vielerorts trostlose Bilder. Zwar steht kein Wasser mehr auf den Straßen, dafür türmen sich links und rechts der Fahrbahnen stinkende Berge aus Müll, unbrauchbaren Möbeln und Autowracks. Viele Menschen, die mit dem Aufräumen beschäftigt sind, tragen Mund-Nasen-Schutz.

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Foto Berliner Morgenpost

Spaniens König Felipe VI. schlug bei seinem Besuch im Katastrophengebiet der Frust der Betroffenen entgegen. © ddp/abaca press | Europa Press

„Wir fühlen uns von den Behörden allein gelassen“, klagen die Betroffenen in den verwüsteten Ortschaften. Die Wut der Menschen über die schleppende Hilfe hatte sich am Sonntag beim Besuch des spanischen Königspaars entladen. Als König Felipe und Königin Letizia den besonders schlimm betroffenen Ort Paiporta besuchten, wurden sie beschimpft und mit Schlamm sowie Steinen beworfen.

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Versuche, die zornige Masse zu beruhigen, gingen in der aufgeheizten Stimmung unter. „Wenn ihr schon kommt, dann nehmt eine Schaufel in die Hand und helft mit”, hörte man einen Mann rufen. Ein anderer schrie: „Euer Besuch behindert uns beim Aufräumen in der Straße.” Und: „Jetzt ist nicht die Zeit, um für Fotos zu posieren, sondern um Verantwortung zu übernehmen.”

Felipe, der durch Regenschirme gegen Wurfgeschosse geschützt wurde, hörte man noch sagen: „Unsere Hilfskräfte unternehmen alles Menschenmögliche.” Am Montag waren neben rund 10.000 Polizisten der Policía Nacional und der Guardia Civil bereits mehr als 7.500 Militärangehörige im Einsatz. Sie wurden von Feuerwehr und Zivilschutz sowie von unzähligen Freiwilligen unterstützt.

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Foto Berliner Morgenpost
Flut zerstörte 90 Prozent aller Autos in Paiporta

Aber diese Unterstützung kommt spät: Bisher mussten sich viele betroffene Dörfer weitgehend selbst helfen. Paiportas Bürgermeisterin Maribel Albalat, in deren Ort mehr als 70 Menschen starben, sagte nach den Vorfällen: „Ich verstehe die Verzweiflung der Menschen.” Aber Gewalt sei trotzdem nicht gerechtfertigt. Inzwischen ermittelt die Polizei, weil der Protest von militanten rechtsradikalen Gruppen benutzt worden sein soll, um Ausschreitungen zu provozieren.

Lesen Sie auch unseren Kommentar zum Thema: Spaniens bitteren Lehren aus der Katastrophe

Die Not in Paiporta und andernorts ist auch eine Woche nach der Katastrophe immer noch groß. „Die Hilfe kommt nicht an”, klagt Albalat. 90 Prozent aller Fahrzeuge dieser Kleinstadt mit 27.000 Einwohnern sind zerstört worden, berichtet sie. Die Straßen sind immer noch mit Autowracks und Trümmerbergen verstopft. Die Lage sei weiter „apokalyptisch”.

Die Menschen im spanischen Paiporta sind verzweifelt: Die Flut hat mit am schlimmsten gewütet. © ddp/abaca press | Europa Press

Die Aufräumarbeiten könnten viele Tage und sogar Wochen in Anspruch nehmen, der Wiederaufbau dürfte Monate dauern. Die Flut hatte mehr als 200 Menschenleben gefordert. Viele Menschen gelten noch immer als vermisst – eine offizielle Zahl gibt es nicht. Inzwischen werden aber nicht nur die sterblichen Überreste verschwundener Menschen geborgen.

Immer wieder tauchen auch vielerorts als vermisst geltende Personen auf. Zuletzt die Rentnerin Josefa, wie der Polizeibeamte Iván García am Montag in RTVE berichtete. „Die Freude der Angehörigen und Freunde war beim Wiedersehen riesengroß, unbeschreiblich“, erzählte der Beamte. „Sie war die ganze Zeit zu Hause, hatte aber nicht kontaktiert werden können.“ Es gebe außerdem weiterhin auch „viele Menschen, die völlig desorientiert sind“.

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