Maischberger zum Grünen-Beben: Baerbock wirkt nach Rücktritt der ...

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Maischberger zum Grünen-Beben Baerbock wirkt nach Rücktritt der Grünen-Spitze gestresst

Von Marko Schlichting 26.09.2024, 05:08 Uhr Artikel anhören

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Manche Fernsehinterviews sollte man verschieben. Zum Beispiel das, was Bundesaußenministerin Baerbock am Abend bei Maischberger gibt. Die Grünen-Politikerin wirkt gestresst, als sie über den Tsunami an der Spitze ihrer Partei spricht und die Zukunft unter Habeck ausmalt.

Ausgerechnet jetzt ist sie in New York: Bundesaußenministerin Annalena Baerbock von den Grünen. Am Mittwochvormittag kündigen die beiden Grünen-Vorsitzenden Ricarda Lang und Omid Nouripour überraschend an, die Konsequenzen aus den schlechten Wahlergebnissen in Ostdeutschland zu ziehen und zurückzutreten. Der gesamte Vorstand macht mit. Nun muss während des Parteitags im November ein neuer Vorstand gewählt werden. Wirtschaftsminister Robert Habeck habe da die Strippen gezogen, will Publizist Wolfram Weimer erfahren haben.

Es ist ein Vorgang, den man so schon lange nicht erlebt hat: Ein Parteivorstand übernimmt Verantwortung für schlechte Wahlergebnisse. Und wie sieht es bei der FDP aus? Immerhin hat sie seit Beginn der Ampelregierung bei allen Landtagswahlen verloren, bei der Europawahl ebenso. In Ostdeutschland errang sie in zwei Bundesländern nicht mal einen Prozentpunkt. Doch Parteichef Christian Lindner strahlt vor Selbstbewusstsein, wie am Mittag bei der Ministerbefragung im Bundestag zu sehen ist. Doch auch bei den Liberalen könnte sich bald was tun, glaubt Weimer, der zu den Journalisten gehört, die die aktuelle Lage bei Maischberger bewerten. Er habe aus der FDP Signale wahrgenommen: An Nikolaus sei Ampel-Aus, hätten die gelautet.

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Habecks Kurs: Grüne Jugend schmeißt hin

Der Vorstand der Grünen Jugend wollte offenbar nicht mehr so lange warten. Direkt zu Beginn der Maischberger-Sendung poppt die Eilmeldung auf: Der Vorstand der Jugendorganisation der Grünen tritt zurück. Zudem wolle er geschlossen aus der Partei austreten. Wissen die Jung-Grünen schon, in welche Richtung sich die Partei mit ihrem Kanzlerkandidaten Habeck in den nächsten Monaten bewegen wird?

Annalena Baerbock sollte es eigentlich wissen. Doch die Bundesaußenministerin hat anderes zu tun. Sie ist bei den Vereinten Nationen. Dort hat sie am frühen Morgen vom Rücktritt der beiden Grünen-Vorsitzenden erfahren. Bei Maischberger lobt sie "unsere beiden Parteivorsitzenden, denen mein größter Respekt gilt, nicht nur politisch, sondern auch menschlich. Es gibt nur wenige, die so eine Größe in der Spitzenpolitik haben, einen solchen Schritt zu gehen". Selbstreflexion und Selbstkritik seien in den letzten Jahren vielleicht ein wenig aus der Mode gekommen. Aber es sei eine besondere Stärke, sich immer wieder selbst zu reflektieren, sagt Baerbock.

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Die Frage stelle sich: "Warum können wir in diesen Zeiten, wo es offensichtlich um fundamentale Fragen geht, nicht mehr das Vertrauen der Menschen gewinnen, obwohl wir das noch vor anderthalb Jahren konnten?" Darüber hätten die Parteivorsitzenden nachgedacht, und sie seien zu der Entscheidung gelangt, die Grünen müssten sich für die Bundestagswahlen im nächsten Jahr neu aufstellen. Robert Habeck sei der richtige Spitzenkandidat. Er besitze die Kraft zur Differenzierung, denn die Welt sei nicht schwarz und weiß. "Das brauchen wir in diesen Krisenzeiten."

Der Krieg in der Ukraine

Baerbock wirkt an diesem Abend gestresst, oft unkonzentriert. Sie formuliert nicht enden wollende Bandwurmsätze, beantwortet Fragen nicht oder nur ausweichend. Oft lässt sich nur erahnen, was sie sagen möchte. Sie hat nicht ihren besten Tag. Moderatorin Maischberger zeigt an diesem Abend, was sie kann. Sie lässt ihrer Interviewpartnerin viel Spielraum, fällt Baerbock nicht ins Wort, versucht, die Schwächen der Politikerin auszugleichen.

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Den Friedensplan, den der ukrainische Präsident Selenskyj in wenigen Stunden US-Präsident Joe Biden vorstellen will, kennt Baerbock nicht. Doch sie verspricht: Deutschland wird die Ukraine unterstützen - im Rahmen seiner Möglichkeiten. Und das bedeutet: weitere Lieferungen von Waffen.

Die Welt ist für Friedensverhandlungen, Russland nicht

Dennoch sei jetzt die Zeit für Friedensverhandlungen. Das habe Baerbock im UN-Sicherheitsrat deutlich gemacht, auch den Russen, sagt sie. "Und zugleich: Wenn der russische Präsident jeden Vorschlag zum Frieden, den wir seit zweieinhalb Jahren machen, immer wieder mit mehr Gewalt beantwortet, wenn wir zugleich als Weltgemeinschaft alles dafür tun müssen, die Menschen in der Ukraine besser zu schützen, denn zwei Drittel der Energieversorgung sind mittlerweile zerstört, weil auch die Luftverteidigung, die wir geliefert haben, all diese Zerstörungswut nicht abfangen konnte, wenn die Welt einen Krieg weniger haben möchte, worauf alle warten, dann braucht es die volle Unterstützung für die Ukraine."

Die Staaten dieser Welt müssten weiter für die Souveränität des Landes einstehen. Denn Russland greife nicht nur die Ukraine an, sondern auch die Charta der Vereinten Nationen. Darin sei festgelegt, dass alle Länder gleich seien und kein Land das Recht habe, über die Zukunft eines anderen Landes zu bestimmen. Wenn es zu Friedensverhandlungen komme, sei es allein die Ukraine, die über ihre Zukunft entscheide.

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Dass es Friedensverhandlungen geben muss, ist für Baerbock klar. Nur wann, das weiß sie nicht. Möglichst schnell, lässt sie durchblicken. Vielleicht sogar schon vor den Wahlen in den USA. Dafür seien die Grundlagen auf der letzten Friedenskonferenz in der Schweiz gelegt worden. Der einzige, der offensichtlich nicht verhandeln wolle, sei der russische Präsident. Der habe bisher alle Verhandlungsversuche mit dem Ausweiten der Kriegshandlungen beantwortet. Ob Baerbock an einen baldigen Frieden in der Ukraine glaubt, wird am Ende nicht ganz klar. Klar wird aber: Baerbock wünscht sich den Frieden.

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