Antonio Rüdiger - ein Block für den Moment

2 Tage vor
Sieg gegen Dänemark Antonio Rüdiger - ein Block für den Moment

Stand: 30.06.2024 15:59 Uhr

Antonio Rüdiger - Figure 1
Foto Sportschau

Antonio Rüdiger ist beim Achtelfinalsieg gegen Dänemark der Spieler des Spiels. Er feiert einen Block wie ein Tor und betont, dass er derzeit nur an den Moment denke. Dabei hatte ihm Horst Hrubesch doch etwas anderes geraten.

Zunächst tat es weh, zumindest sah es so aus. Aber Antonio Rüdiger wechselte den Gefühlszustand abrupt, sodass ein Bild entstand, dass bleiben wird von diesem Achtelfinale der EURO 2024. Rüdiger jubelte plötzlich, als habe Deutschland ein drittes Tor geschossen oder der Schiedsrichter abgepfiffen.

Dabei war es nur ein Block gegen einen Schuss von Jannik Vestergaard, der wegen seiner Körpergröße von 1,99 Meter in der Schlussphase aus der Innenverteidigung in den Angriff wechselte.

"Wenn ich jetzt so nachdenke, dann frage ich mich: Was habe ich gemacht? Aber das ist einfach so aus der Emotion heraus gekommen. Ich denke, das war ein wichtiger Block", sagte Rüdiger über seinen ekstatischen Jubel im Sitzen.

Gut eine Minute später pfiff Schiedsrichter Michael Oliver tatsächlich ab. Deutschland gewann am Samstag (29.06.2024) mit 2:0 gegen Dänemark, Antonio Rüdiger wurde zum "Player of the Match" gewählt.

Nagelsmann: "Bei 'Toni' wissen wir eh, dass er gut spielt"

Zwei - zu Null. "Natürlich ist das super, wenn wir schön spielen und alles, dies das. Wichtig ist, dass wir gewonnen haben, und wichtig ist, dass wir leiden mussten", so Rüdiger. Außerdem sei es wichtig gewesen, "zu Null nach Hause zu fahren. Da haben wir einen gewaltigen Schritt vorwärts gemacht".

Schon zum zweiten Mal im vierten Spiel der EM blieb Deutschland ohne Gegentor, weil Manuel Neuer sehr gut hielt, Nico Schlotterbeck - mit einer Ausnahme - sehr gut verteidigte, und Antonio Rüdiger noch ein bisschen besser. Irgendein Körperteil bekam er immer an den Ball. "Bei 'Toni' wissen wir eh, dass er gut spielt", sagte Bundestrainer Julian Nagelsmann zur deutschen Innenverteidigung.

In seiner Bewertung des Spiels sagte Rüdiger: "Was wir kritisieren können, ist, dass wir sie nicht vorher getötet haben."

Sprache der Straße nie verlernt

Über diesen Satz wurde am Sonntag noch gesprochen. Zu martialisch, meinten einige, irritierend andere, kein Grund zur Aufregung wiederum Dritte. Eine Diskussion im Internet, die eine Halbwertzeit von wenigen Stunden hatte.

Er hätte sagen können, dass Deutschland schon eher das 2:0 und eventuell das 3:0 hätte schießen müssen, oder dass sie das Spiel eher hätten zumachen oder für die Entscheidung sorgen müssen. Aber auf dem Bolzplatz in Berlin-Neukölln, da wird anders gesprochen, und Antonio Rüdiger hat diese Sprache nie verlernt.

"In den Käfigen von Berlin, da gewinnt der Stärkere - so einfach ist das", sagte er mal. "Man lernt, sich durchzusetzen, egal wie alt der Gegner ist."

Aus dem Käfig in Neukölln ins Santiago Bernabeu

Antonio Rüdiger hat es aus dem Käfig in Neukölln in das Estadio Santiago Bernabeu geschafft. Er spielt bei Real Madrid. Mehr geht nicht.

Rüdiger hat sich durchgesetzt, gegen viele Widerstände. Häufiger stand er sich selbst im Weg. Manchmal spielte er als Profi, als habe er im Neuköllner Käfig einen Gegner, der nochmal 30 Zentimeter größer ist. Plumpe Fouls, Trashtalk, abwertende Gesten, provozierendes Hochziehen eines Gegners, der am Boden liegt.

Im ersten Spiel bei der WM 2022, als es fürs DFB-Team gegen Japan bei einer 1:0-Führung gut aussah, änderte Rüdiger plötzlich seinen Laufstil. Nachdem das Spiel mit 1:2 verloren gegangen war, wurde die Provokation als Überheblichkeit ausgelegt.

Schlüsselerlebnis mit Horst Hrubesch

"Lass mal die Straße ein bisschen aus deinem Spiel heraus. Sonst stehst du dir immer selbst im Weg", habe ihm Horst Hrubesch mal gesagt, erzählte Rüdiger in einem Interview mit dem Magazin "11 Freunde". Dieses Gespräch mit dem erfahrenen Fußballtrainer, damals für eine deutsche U-Auswahl verantwortlich, sei ein Schlüsselerlebnis für ihn gewesen.

"Weißt du eigentlich, was du erreichen kannst? Denkst du so weit?", habe ihn Hrubesch gefragt, und Rüdiger habe irritiert geantwortet: "Nein, ich lebe im Moment." So sei das halt in Neukölln: "Da, wo ich herkomme, (...), da hast du keine Träume. Oder anders: Du kannst natürlich rumträumen, aber es bringt nichts, die Realität sieht immer anders aus."

Rüdiger hat nie ganz die Straße aus seinem Spiel herausbekommen, und vermutlich wäre er nicht bei Real Madrid gelandet und kein Stammspieler in der Nationalmannschaft geworden, hätte er es jemals versucht.

Leben im Moment

Nach dem Sieg gegen Dänemark wurde Antonio Rüdiger gefragt, ob Deutschland jetzt Europameister werden könne. "Ein Spiel nach dem anderen", sagte er. Er lebt derzeit im Moment statt rumzuträumen.

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