Die Lage am Morgen: Die Gazaoffensive ist militärisch gescheitert
Bei den Kommunalwahlen in Thüringen ist die ganz große Hiobsbotschaft ausgeblieben: Es gab keinen Durchmarsch der rechtsextremen AfD von Björn Höcke. Das passt zu den zuletzt gefallenen Umfragewerten der Partei – die übrigen Parteien können hoffen, sowohl für die Europawahl in knapp zwei Wochen als auch für die Landtagswahlen im Herbst.
Stimmauszählung in Hildburghausen
Foto: Michael Reichel / dpaAufatmen wäre allerdings falsch: In vielen Regionen gibt es in Thüringen nun Stichwahlen mit AfD-Beteiligung – gegen Kandidaten von SPD und CDU. In einigen Kreistagen und Stadträten wird die AfD wohl stärkste Kraft. Insgesamt legte sie weiter zu, obwohl die Partei immer radikaler wird. Doch viele Menschen scheinen sie genau deshalb zu wählen. In Hildburghausen kam der bekannte Neonazi Tommy Frenck, der nicht für die AfD antrat, sogar in die Stichwahl um den Posten eines Landrats.
Kommunalwahlen in Thüringen: Kein Durchmarsch der AfD
Die Gazaoffensive ist militärisch gescheitertFürchterliche Videos aus dem Gazastreifen gingen gestern Nacht um die Welt: Ein Zeltlager außerhalb von Rafah, in dem Tausende Binnenvertriebene leben, war nach einem israelischen Angriff in Flammen aufgegangen. Laut palästinensischen Angaben starben mindestens 35 Menschen – die israelische Armee erklärte, man habe zwei Hamas-Funktionäre getötet. Nur wenige Tage nachdem der Internationale Gerichtshof einen weitgehenden Stopp der Rafah-Offensive angeordnet hatte, kam es dort nun zum bisher tödlichsten Vorfall. Eins zeigt er auf jeden Fall: Zivilisten sind in Gaza nirgends sicher.
Zugleich ist die Hamas auch nach sieben Monaten des Kriegs nicht annähernd besiegt – am Sonntag feuerte sie erstmals seit Monaten Raketen auf den Großraum Tel Aviv ab, wozu sie offensichtlich immer noch in der Lage ist. Obwohl der Gazastreifen mittlerweile großteils unbewohnbar ist und eine enorme Zahl an Zivilisten tot ist.
Feuer in Zeltlager für Geflüchtete bei Rafah nach israelischem Angriff
Foto: ReutersMilitärisch ist die Gazaoffensive bisher ein Misserfolg: Nur ein Drittel der Hamas-Kämpfer ist tot, zwei Drittel der Hamas-Tunnel sind intakt, besagen US-Geheimdienstinformationen, über die vergangene Woche »Politico« berichtete. Gleichzeitig konnte die Terrororganisation demnach Tausende neue Kämpfer rekrutieren. Und: In den vergangenen Wochen schlugen Hamas-Kämpfer immer wieder in Gegenden des Gazastreifens zu, die Israels Armee eigentlich vor Monaten schon militärisch geräumt hatte. Die Frage drängt sich auf, ob die Rafah-Offensive – mit einer erneut sehr großen Zahl an zivilen Opfern – daran wirklich Grundsätzliches ändern kann.
Gleichzeitig steht Premier Benjamin Netanyahu international immer isolierter da: Erst beantragte der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs gegen ihn einen Haftbefehl (und gegen drei Hamas-Führer), am Freitag machte der Internationale Gerichtshof deutlich, dass er die Gefahr eines Verstoßes gegen die Völkermordkonvention durch Israels Rafah-Offensive sieht.
Immerhin gibt es Anzeichen dafür, dass diese Woche die abgebrochenen Verhandlungen um einen Geiseldeal und einen Waffenstillstand fortgesetzt werden könnten – es wäre der einzige Weg aus der katastrophalen Situation.
Israelischer Luftangriff auf Vertriebenenlager in Rafah: Dutzende Tote befürchtet
Macron will in Dresden zur deutschen Jugend sprechenDer französische Präsident Emmanuel Macron hat heute in Dresden einen Auftritt mit historischen Anklängen: Er wird vor bis zu 15.000 Menschen eine »Rede an die europäische Jugend« halten, nach dem Vorbild von Charles de Gaulle, der 1962 in Ludwigsburg eine »Rede an die deutsche Jugend« hielt – ein Zeichen der Versöhnung an die ehemaligen Feinde.
Präsidenten Macron, Steinmeier beim Staatsbankett im Schloss Bellevue: Sauerbraten statt Fischbrötchen
Foto: John Macdougall / AFPEs ist der erste offizielle Staatsbesuch eines französischen Präsidenten seit 24 Jahren. Empfangen wurde er gestern von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier – erst spielten die beiden beim Demokratiefest zur Feier von 75 Jahren Grundgesetz im Regierungsviertel eine Runde Kicker gegeneinander. Nachdem ihn Bundeskanzler Olaf Scholz im vergangenen Herbst in Hamburg mit Fischbrötchen verköstigt hatte, was seither symbolisch für die schlechte Beziehung der beiden Männer steht, gab es gestern Abend im Schloss Bellevue dann etwas Anständiges zu essen: Sauerbraten mit Spargel.
Alles, was Sie über Macrons Besuch und über das zuletzt ziemlich verkorkste deutsch-französische Verhältnis wissen müssen, können Sie im Text meines Kollegen Leo Klimm lesen. Er steckt voller kleiner Details (wie etwa, dass Macron sich noch Wochen nach dem Fischbrötchenvorfall intern beklagte, dass Scholz ihn genötigt habe, öffentlich sauren Fisch zu essen).
Frankreichs Präsident auf Staatsbesuch in Deutschland: Eine höchstens platonische Liebe
Soll die Ukraine westliche Waffen auch in Russland einsetzen dürfen?Brennender Baumarkt in Charkiw nach russischem Angriff
Foto: Vyacheslav Madiyevskyy / Ukrinform / IMAGOEin mörderischer russischer Raketenangriff auf einen Baumarkt in der ukrainischen Grenzstadt Charkiw, bei dem mindestens 14 Menschen starben, zeigte am Wochenende einmal mehr: Die Beschränkungen, die den Ukrainern beim Gebrauch westlicher Waffen auferlegt worden sind, machen teilweise keinen Sinn: In Charkiw beschießen die Russen zivile Ziele direkt von der anderen Seite der Grenze. Die Ukrainer dürfen aber nicht mit westlichen Waffen zurückfeuern, obwohl es sich eindeutig um Selbstverteidigung handelt, nicht um eine Eskalation. Nato-Chef Jens Stoltenberg will die Beschränkungen deshalb aufheben lassen, auch von den Außenministern der USA und Großbritanniens kamen schon Signale in diese Richtung. Bundeskanzler Olaf Scholz, der sich im Europawahlkampf befindet, sprach sich am Sonntag dagegen aus.
Putins Krieg: Russischer Angriff auf ukrainischen Baumarkt – Zahl der Toten steigt weiter
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Ein bisschen Frieden: Der Kanzler und seine Partei buhlen im Wahlkampf mit klassischen SPD-Themen wie Frieden und Mindestlohn um Stimmen. Die Taktik ist durchschaubar – und zynisch.
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Außenministerin Baerbock bei ihrem Auftritt im Tipi am Kanzleramt
Foto: Kira Hofmann / photothek / IMAGO…ist Annalena Baerbock. Die Außenministerin musste sich am Sonntag mit lautstarken Palästina-Demonstranten herumschlagen, die ihre Veranstaltung im Tipi am Kanzleramt störten. Baerbock war im April mit Netanyahu aneinandergeraten, weil der ihr erzählen wollte, es gebe keinen Hunger in Gaza. Nun stieß sie auf Aktivistinnen und Aktivisten, die minutenlang versuchten, sie niederzubrüllen – was Baerbock sich aber nicht bieten ließ. Sie zeigte Nervenstärke, bot den Demonstranten den Dialog an: Sie schilderte ihnen eindringlich die Gräuel des 7. Oktober (von denen diese erkennbar wenig hören wollten), um gleichzeitig festzuhalten, dass sie sich jeden Tag für die Situation in Gaza einsetze und über das Leid der Menschen in Gaza spreche. Auch politische Gegner zollten der Außenministerin anschließend Respekt dafür, wie sie mit der Situation umgegangen war.
»Hier wird nicht gedroht«: Schreie, Handgemenge und Buhrufe bei Baerbock-Veranstaltung
Mercedes S-Klasse in der Produktion
Foto:Anna Szilagyi / EPA
Gigant auf Schrumpfkurs: Ola Källenius will Mercedes reduzieren, auf seinen Kern gewissermaßen: teure, mit Technik vollgestopfte Luxuskarossen statt Kleinwagen – das ist die Idee. Doch bislang scheitert der Konzernchef daran, das Unternehmen zum Elektrovorreiter zu machen. In China schwächelt der Absatz, es droht ein Handelskrieg. Mein Kollege Alexander Demling hat den Manager beobachtet. Sein Urteil: Källenius wirkt »reichlich unentschlossen« .
Ich wünsche Ihnen einen guten Start in die Woche.
Ihr Mathieu von Rohr, Leiter des SPIEGEL-Auslandsressorts