Merkel schildert in Memoiren erstes Treffen mit Trump
Stand: 22.11.2024, 16:31 Uhr
Von: Franziska Schwarz
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Die frühere Bundeskanzlerin Angela Merkel kommt in ihrem Buch zu dem Schluss: Kooperation scheint nicht Donald Trumps Stärke zu sein.
Update vom 22. November, 13.35 Uhr: Nicht nur in ihren Memoiren, auch in einem aktuellen Gespräch mit dem Spiegel äußert sich Ex-Kanzlerin Angela Merkel (CDU) über Donald Trump. „Wenn jemand in der Politik keine Win-win-Situationen zulässt, sondern immer nur Sieger und Verlierer kennt, dann ist das eine sehr schwierige Aufgabe für den Multilateralismus“, sagte Merkel dem Nachrichtenmagazin mit Blick auf Trumps Sieg bei der US-Wahl. „Dieses gegenseitige Übertrumpfen“ halte sie nicht für eine politische Tugend und sei nicht ihr Stil gewesen.
Merkel hatte von 2017 bis 2021 zeitgleich mit Trump regiert und hatte mehrmals Treffen mit ihm. Trump sei dabei sehr neugierig gewesen und habe Details ganz genau wissen wollen, sagte die frühere Kanzlerin nun. „Aber nur, um sie auf den eigenen Vorteil hin abzutasten, um Argumente zu finden, die ihn stärken und andere schwächen“, ergänzte sie. „Je mehr Menschen im Raum waren, desto größer war sein Drang, der Sieger zu sein. Man kann mit ihm nicht plaudern, jede Begegnung ist ein Wettkampf: Du oder ich.“ Andere Regierungschefs sollten sich diesem Stil auf keinen Fall anpassen, warnte Merkel: „Sonst kriegt man politisch ja gar nichts mehr hin.“ Merkels Memoiren mit dem Titel „Freiheit“ erscheinen am Dienstag (26. November).
„Wie ein Immobilienunternehmer“: Merkel spricht über Trumps DenkweiseErstmeldung: Berlin – 16 Jahre hat Angela Merkel Deutschland regiert. Nun legt die frühere Bundeskanzlerin ihre Memoiren als Buch vor, und beschreibt darin eine denkwürdige Begegnung mit Donald Trump. Denn der damalige – und gerade wiedergewählte – US-Präsidenten befragte sie unter anderem zu ihrem Verhältnis zu Kremlchef Wladimir Putin.
Angela Merkel und Donald Trump bei ihrem Treffen 2017 im Weißen Haus © UPI Photo/Imago„Der russische Präsident faszinierte ihn offenbar sehr. In den folgenden Jahren hatte ich den Eindruck, dass Politiker mit autokratischen und diktatorischen Zügen ihn in ihren Bann zogen“, schreibt die frühere CDU-Chefin Merkel. Und die Pressekonferenz zu ihrem ersten Treffen im Oval Office im Jahr 2017 habe sich schwierig gestaltet.
Merkel in ihren Memoiren über Trump: „Redeten auf unterschiedlichen Ebenen“Trump habe Deutschland Vorhaltungen gemacht, sie habe mit Zahlen und Fakten geantwortet. „Wir redeten auf zwei unterschiedlichen Ebenen. Trump auf der emotionalen, ich auf der sachlichen... Eine Lösung der angesprochenen Probleme schien nicht sein Ziel zu sein“, erinnert sie sich.
Insgesamt war das Verhältnis der beiden wohl angespannt. Trump habe Deutschland und Merkel persönlich „im Wahlkampf immer wieder kritisiert“, zitiert das Wochenmagazin Zeit vorab aus Merkels Memoiren. „Er behauptete, dass ich Deutschland durch die Aufnahme der vielen Flüchtlinge im Jahr 2015 und 2016 ruiniert hätte, bezichtigte uns, zu wenig Geld für die Verteidigung auszugeben, und warf uns wegen unseres Handelsüberschusses gegenüber den USA unfaire Handelspraktiken vor.“
Merkel in ihrem Buch über Trump: „Beendete unvermittelt seine Tirade“Zu der ersten persönlichen Begegnung mit Trump im Oval Office schreibt Merkel noch: „Es kam mir vor, als ob er es darauf anlegte, seinem Gesprächspartner ein schlechtes Gewissen zu machen. Als er merkte, dass ich energisch dagegenhielt, beendete er unvermittelt seine Tirade und wechselte das Thema. Gleichzeitig wollte er, so mein Eindruck, seinem Gesprächspartner auch gefallen.“
Wer ist Angela Merkel?Die heute 70 Jahre alte Merkel war zur Bundestagswahl 2021 nach 16 Jahren als Kanzlerin nicht mehr angetreten. Die gebürtige Hamburgerin war in der DDR aufgewachsen, studierte Physik und engagierte sich seit der Zeit des politischen Umbruchs im Osten politisch. 1990 wurde sie in den Bundestag gewählt. Sie war Frauen- und später Umweltministerin. Von 2000 bis 2018 führte sie die CDU.
Trump habe alles aus der Perspektive des Immobilienunternehmers gesehen, der ein Grundstück haben wolle, schreibt Merkel: „Für ihn standen alle Länder miteinander in einem Wettbewerb, bei dem der Erfolg des einen der Misserfolg des anderen war. Er glaubte nicht, dass durch Kooperation der Wohlstand aller gemehrt werden konnte.“
Reaktionen auf Trump-Kritik in Merkel-Memoiren: „Bemerkenswert“Merkels Memoiren erhalten schon vor dem Veröffentlichungstermin international viel Aufmerksamkeit. Politico Europa findet Merkels Äußerungen über Trump „bemerkenswert“, denn bislang hätten europäische Politiker tunlichst darauf geachtet, nichts zu sagen, was den designierten US-Präsidenten verärgern könnte. Merkels Gedanken zum „besten Umgang“ mit dem Republikaner „werden für Politiker, die sich auf eine zweite Amtszeit Trumps vorbereiten, von Bedeutung sein“, meint das Wochenmagazin.
Merkel stellt ihr neues Buch „Freiheit. Erinnerungen 1954 - 2021“ in Berlin am 26. November im Deutschen Theater in Berlin vor. Die Veranstaltung ist öffentlich und wird von der Journalistin Anne Will moderiert. Sie verfasste die Memoiren gemeinsam mit ihrer langjährigen Büroleiterin Beate Baumann. Das Buch ist rund 700 Seiten schwer und soll nach Angaben des Verlags Kiepenheuer & Witsch in mehr als 30 Ländern erscheinen. (frs)