Ampel-Koalitionsausschuss tagt wieder: Nachsitzen nach der ...

28 Mär 2023

Stand: 28.03.2023 11:11 Uhr

20 Stunden Koalitionsausschuss, eine Unterbrechung und bisher kein Ergebnis: Die zähen Gespräche von SPD, Grünen und FDP laufen seit dem Vormittag wieder. Die Opposition wirft dem Kanzler vor, nicht zu führen.

Von Kai Küstner, ARD Hauptstadtstudio

Erst nachts sitzen, dann nachsitzen: Weil die ersten knapp 20 Stunden Koalitionsausschuss ohne vorzeigbares Ergebnis blieben, war klar, dass der Marathon heute in die Verlängerung gehen würde.

Kai Küstner

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Wobei Olaf Scholz in der Zeit der Unterbrechung Begriffe wählte, die so gar nicht zum quälend langen ersten Teil der Sitzung im Kanzleramt zu passen schienen: Vom "Tempomachen", von der "neuen Deutschland-Geschwindigkeit" sprach Scholz. Und deutete damit an, dass es inhaltlich ums große Ganze geht.

Vom Ausbau ist beim Kanzler viel die Rede: Vom Ausbau der Stromnetze, vom Ausbau der erneuerbaren Energien, vom Ausbau der Verkehrsinfrastruktur. "Die gemeinsame Überzeugung der Regierung ist, dass die gesetzlichen Regeln, die wir über die letzten Jahrzehnte so allmählich zusammengeschraubt haben, nicht zu der Geschwindigkeit passen, die wir heute benötigen."

Gemächliches Ampel-Tempo

Nun fällt der Opposition beim Thema Geschwindigkeit vor allem die Ampelkoalition ein - die eben jenes Tempo beim Zusammenschrauben von Entscheidungen vermissen lasse.

Der CDU-Politiker Jens Spahn geht im rbb24-Inforadio sogar so weit, die Regierung in Krisenzeiten zu einem "Sicherheitsrisiko" zu erklären: "Eigentlich hat diese Ampelkoalition fertig. Sie ist stehend k. o., wie Friedrich Merz sagte. Der Kanzler führt nicht. Und das mitten in einer Krise, in der viele Menschen Orientierung suchen. Und da sehe ich eine übermüdete Regierung eher als Sicherheitsrisiko."

Bei der Ampel bemüht man eine andere Lesart: Wir lassen uns nicht hetzen - damit Deutschland anschließend den Turbo anwirft. Doch dass jede der drei Parteien sich um Profilschärfung bemüht, ist schwer zu übertünchen - was Kompromisse so kompliziert macht.

FDP gegen Grüne gegen SPD

Zweifelsohne ist Klimaschutz das alles überwölbende Thema - und hier prallen eben unterschiedliche Philosophien aufeinander. Vor allem bei FDP und Grünen. Aber auch die SPD will da ein Wörtchen mitreden: "Wir müssen aber auch die soziale und die ökonomische Frage bei allem mitdenken. Wir können nicht einfach anordnen und dann sagen: Mal gucken, wie's läuft", mahnt der stellvertretende SPD-Fraktionschef Matthias Miersch im ARD-ZDF-Morgenmagazin. Und zielt damit auf die Grünen.

Und so gibt es gleich mehrere Fragen, bei denen man sich zuletzt nicht untergehakt, sondern verhakt hatte: bei der Planungsbeschleunigung etwa - wieder so ein Begriff, der Tempo suggeriert. Die FDP wollte auch den Ausbau von Autobahnen. Die Grünen wollten vor allem die Schiene fördern.

Auch wenn man sich hier offenbar angenähert hat - beschlossen war in der Marathonsitzung noch nichts. Überhaupt der Verkehr: Dieses von der FDP geführte Ressort haben die Grünen vor allem im Blick, wenn es um verstärkte Anstrengungen geht, die Klimaziele einzuhalten.

Und dann ist da noch das Thema Wohnen. Ab 2024 sollen möglichst keine neuen Öl- und Gasheizungen mehr verbaut werden, so lautet der Vorschlag aus dem Wirtschaftsministerium: "Wenn Robert Habeck ein pauschales Verbot von Öl- und Gasheizungen vorschlägt, dann wird die FDP sagen: Ein solches pauschales Verbot ist mit uns nicht zu machen", unterstrich im ARD-Morgenmagazin FDP-Fraktionsvize Konstantin Kuhle.   

Der Kanzler zwischen den Stühlen

Die Grünen wollen mehr Klimaschutz, die Liberalen nicht zu viel Regulierung. Und der SPD-Kanzler? Von dem wisse man mal wieder nicht so recht, wo er stehe, kritisiert die Opposition. Olaf Scholz schien sich nach dem Abbruch der Marathonsitzung vorgenommen zu haben, einmal mehr die Unaufgeregtheit in Person zu verkörpern. Dürfte sich aber durchaus bewusst gewesen sein, wie ernst die Lage ist. Reiste doch sein Kanzleramtschef Wolfgang Schmidt nicht mit in die Niederlande, um mögliche Kompromisse vorzubereiten.

Schon gestern gab es Gerüchte, ein ausführliches 18-Seiten-Papier sei in Arbeit, wenn auch noch nicht beschlossen. Denn Scholz dürfte sehr genau wissen: Ohne Einigung rauscht man in Höchstgeschwindigkeit in eine Koalitionskrise. Das ist sicher nicht das, was sich der Kanzler unter Tempomachen ursprünglich vorstellte.

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