Starjuristin Amal Clooney: Prominent für Menschenrechte

22 Mai 2024

Amal Clooney: »Letztlich ist der Plan immer zu versuchen, das System zu verbessern«

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Timothy A. Clary / AFP

Amal Clooney - Figure 1
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In juristischen Fachkreisen war sie längst ein Star. Und doch: Als Amal Alamuddins Beziehung zu Oscar-Preisträger George Clooney bekannt wurde, waren Schlagzeilen wie »International erfolgreiche Anwältin heiratet Schauspieler« (»The Business Woman Media«) oder »Londoner Menschenrechtsanwältin ist verlobt« (»Slate«) die absolute Ausnahme. Alamuddin wurde oft auf die Rolle der Frau an der Seite des Hollywoodstars reduziert.

Dieser Tage steht Amal Clooney wegen ihrer juristischen Arbeit in den Schlagzeilen. Sie ist die wohl prominenteste aus einer Riege von Fachleuten, die den Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs in der Entscheidung unterstützen, Haftbefehle gegen Israels Premierminister Benjamin Netanyahu und die Anführer der Terrororganisation Hamas zu beantragen. In einem Statement begründete sie ihren Standpunkt  und schrieb, man sei einhellig zur Überzeugung gekommen, dass es ausreichende Anhaltspunkte für die Vorwürfe gebe. Sie hoffe, dass die Gerechtigkeit in einer Region siegen werde, die schon zu viel erlitten habe.

Es ist ein weiterer Meilenstein in Amal Clooneys ohnehin schon bemerkenswerter Karriere.

Von Beirut nach London

Amal Alamuddin wurde 1978 in der Nähe der libanesischen Hauptstadt Beirut geboren, sie stammt väterlicherseits aus einer bekannten und wohlhabenden drusischen Familie. 1980 flohen ihre Eltern vor dem Bürgerkrieg im Libanon nach London. Ihre Mutter Baria ist eine preisgekrönte Journalistin, Korrespondentin und Kolumnistin. Vater Ramzi, ein angesehener Wirtschaftswissenschaftler, kehrte 1991 in den Libanon zurück.

Amal Alamuddin, die auch die britische Staatsbürgerschaft besitzt, studierte Jura in Oxford und New York, spezialisierte sich auf internationales Recht, Menschenrechte sowie Auslieferungs- und Strafrecht. Von einer Kanzlei in New York wechselte sie an den Internationalen Gerichtshof in Den Haag, arbeitete dann für die Chefankläger der Sondertribunale für Libanon und Ex-Jugoslawien. 2010 schloss sie sich der renommierten Londoner Kanzlei Doughty Street Chambers an. Sie spricht fließend Englisch, Arabisch und Französisch.

Prominente Klienten: Tymoschenko, Assange, Annan

An Kameras und Fragen der Presse war Alamuddin gewohnt, lange bevor sie die Beziehung zu George Clooney einging und ihn 2014 heiratete. Für ihre Londoner Kanzlei vertrat sie etwa die frühere ukrainische Ministerpräsidentin Julija Tymoschenko oder WikiLeaks-Gründer Julian Assange.

Amal Clooney - Figure 2
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Die Juristin beriet die britische Regierung ebenso wie den früheren Chef der Vereinten Nationen (Uno), Kofi Annan. 2021 wurde sie zur Sonderberaterin für die sudanesische Region Darfur ernannt. Sie vertrat die jesidische Aktivistin und Friedensnobelpreisträgerin Nadia Murad sowie 400 weitere Jesidinnen und Jesiden in einem Zivilverfahren gegen den französischen Mischkonzern Lafarge wegen Zahlungen an die Terrororganisation »Islamischer Staat«.

Ihr Chef Robin Jackson sagte einmal über die Spitzenanwältin, sie lasse alles, was sie anfasse, in hellem Licht erstrahlen.

Mit der 2016 gegründeten »Clooney Foundation for Justice« setzen sich die Eheleute für die Opfer von Menschenrechtsverletzungen ein, bieten ihnen kostenlosen Rechtsbeistand. »Gerechtigkeit entsteht nicht von selbst – man muss sie erkämpfen«, hat Amal Clooney einmal formuliert.

Sie scheut das Rampenlicht nicht, wählt ihre Auftritte vor Publikum aber genau aus. Wenn sie öffentlich spricht, dann vor allem über juristische Belange, Menschenrechte, Pressefreiheit. Fragen zu ihrer Ehe und dem Familienleben überlässt sie in der Regel ihrem Mann, der allzu gern damit kokettiert, wie viel klüger seine Frau sei. Er hingegen sei »stärker im Armdrücken«.

»Wer ist dieser Clooney, nach dem mich jetzt jeder fragt?«

Vor der Hochzeit 2014 ließ die Anwältin ihren künftigen Gatten offenbar zappeln. Rund 25 Minuten habe er auf Knien verbracht, bis sie endlich Ja zu seinem Antrag gesagt habe – so erzählt es George Clooney seither. International war die Hochzeit eine große Nachricht, auch jenseits der Boulevardpresse.

Hochzeit in Venedig: George Clooney und Amal Alamuddin sagten 2014 in Italien Ja. Die Bilder gingen damals exklusiv an das »People«-Magazin

Foto: Luigi Costantini/ AP/dpa

Auch nach Baaklin, einem verschlafenen Plätzchen südöstlich von Beirut, reisten viele Journalisten und Kamerateams, um das Haus der Familie Alamuddin zu suchen. Sie trafen viele Menschen, die stolz waren auf die Frau, deren Vater und Großeltern aus dem Ort stammen und die nun plötzlich in der Weltpresse stand.

Einzig der drusische Scheich Radscha Ghoseini schien verwirrt, wie es seinerzeit die Nachrichtenagentur dpa schrieb. Schließlich müsse ein drusische Frau doch einen drusischen Mann heiraten. Er wollte mehr wissen: »Wer ist dieser Clooney, nach dem mich jetzt jeder fragt?«

»Ich reagiere auf das, was ich in der Welt erlebe. Eine Welt, in der die Schuldigen frei sind und die Unschuldigen eingesperrt werden.«

Amal Clooney 2022 über ihre Motivation

Amal Clooney hat es geschafft, dass Glamour und Berühmtheit nicht ihre Arbeit überdecken. Sie vertritt etwa die philippinische Journalistin und Friedensnobelpreisträgerin Maria Ressa, die in ihrer Heimat bedroht wird. Ressa schrieb im »Time«-Magazin einmal über Amal Clooney als eine Art Superheldin. Eine, deren Reise sie zwar an einige der schlimmsten Orte der Welt bringe. »Und doch findet sie an diesen Orten unweigerlich Frauen, die die Macht herausfordern wollen, und sie unterstützt sie mit ihrer eigenen Macht: dem Gesetz.«

Für die »Time«-Reihe »Women of the Year« gab Amal Clooney ihrer Klientin Ressa 2022 ein seltenes Interview, in dem sie über ihre Arbeit, ihren Antrieb sprach: »Ich reagiere auf das, was ich in der Welt erlebe. Eine Welt, in der die Schuldigen frei sind und die Unschuldigen eingesperrt werden – in der die Menschenrechtsverletzer frei sind und diejenigen, die über die Verstöße berichten, eingesperrt werden. Als Anwältin kann ich etwas dagegen tun. Oder ich kann es zumindest versuchen.«

Bevor sie einen Fall annehme, denke sie sorgfältig darüber nach, welche die größten Auswirkungen haben, so Clooney weiter. Denn: »Letztlich ist der Plan immer zu versuchen, das System zu verbessern.« Dabei müsse man hartnäckig sein, schließlich habe man es mit Leuten zu tun, »deren Macht und Existenz davon abhängt, dass sie weiterhin schwerwiegende Verstöße begehen«. Deshalb würden diese Despoten nicht aufgeben. »Also dürfen auch wir auf keinen Fall aufgeben.«

Seit der Geburt ihrer Zwillinge Ella und Alexander 2017 habe sich noch ein ganz neuer Antrieb in ihr entwickelt: »Bei allem, was heute passiert, möchte ich eine gute Antwort haben, wenn man mich fragt, was ich gemacht habe.«

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