BVB-Stürmer gewinnt Afrika-Cup: Haller und das ivorische Comeback

Afrika-Cup

Welch ein Triumph, welch ein Jubel! Ein Land völlig überwältigt vom Taumel im Glück: Die Elfenbeinküste ist Afrikameister! Die „Elefanten“, wie die Spieler der Nationalmannschaft von ihren Fans genannt werden, haben es geschafft und Nigeria im Endspiel des Afrika-Cups 2:1 besiegt.

Hunderttausende Menschen in der Metropole Abidjan, Millionen über das ganze Land verteilt, bekamen sich am späten Sonntagabend gar nicht mehr ein vor Freude, feierten und tanzten bis in den Morgen. Es war die Auflösung einer Spannung, die vor dem Spiel beinahe zu einer Katastrophe geführt hätte. Die Polizei war mit Tränengas und Gummigeschossen auf Tausende Menschen losgegangen, die einen Sturm auf das ohnehin schon völlig überfüllte Stadion hatten anzetteln wollen.

„Es ist wie ein Traum, der wahr geworden ist“, sagte Sébastien Haller nach dem Spiel, das er mit seinem Treffer in der 81. Minute entschieden hatte. Mit der Fußspitze hatte er einen Flankenball unter Bedrängnis auf dem vertrockneten Rasen des Alassane Ouattara Stadium akrobatisch über die Torlinie befördert. Seine Mitspieler vereinten sich daraufhin zu einem Jubel-Knäuel. Fußballidol Didier Drogba eilte von der Ehrentribüne und herzte Trainer Emerse Faé. Der emotional aufgewühlte Haller konnte später seine Tränen nicht mehr zurückhalten.

Erleichterung und Begeisterung

Im Fernsehinterview wurde er von Rührung übermannt und fiel dem nicht weniger ergriffenen Reporter schluchzend in die Arme. 18 Monate nach der Krebs-Diagnose, der eine Operation und mehrmonatige Behandlungen folgten, bestimmten für den 29-Jährigen, der bei Borussia Dortmund zuletzt wegen Formschwäche ins dritte Glied zurückgefallen war, Erleichterung und Begeisterung die Gefühlswelt. Noch in den ersten beiden Wochen des Turniers war an solch ein Happy End nicht zu denken. Haller war wegen den Folgen einer Sprunggelenksverletzung außen vor, sein Team schien nach zwei Niederlagen in der Vorrunde eine peinliche Veranstaltung zu erleben.

Doch dann passierte beinahe Unwirk­liches: Trainer Jean-Louis Gasset war schon gefeuert, da rutschten die Ivorer aufgrund für sie günstiger Ergebnisse der Konkurrenz doch noch ins Achtelfinale. Faé, der unerfahrene Ko-Trainer, war kurzerhand zum Chef ernannt worden. Und Haller präsentierte sich in einem Fitnesszustand, sodass er im Achtelfinale gegen Senegal und eine Runde später gegen Mali jeweils ein paar Minuten mittun konnte.

„Wir haben nichts drauf, aber wir sind weiter“, sang das Team im Bus, irgendwie schienen sich in diesen Momenten sämtliche Fesseln zu lösen. Haller und – vielleicht für die Teamleistung noch wichtiger – auch der ebenfalls zu Beginn angeschlagene Jungstar Simon Adringa standen fortan wieder von Beginn an auf dem Platz.

Die Demokratische Republik Kongo wurde im Halbfinale dominiert, gegen Nigeria im Endspiel war es ein Kampf auf Augenhöhe. Angetrieben vom ehemaligen Milan-Mittelfeld-Arbeiter Franck Kessie setzte sich letztlich die bessere Mentalität durch. Adringa bereitete zunächst den ivorischen Ausgleich durch Kessies Kopfball (62. Minute) vor, wenig später assistierte er bei Hallers Siegtreffer.

Die Elfenbeinküste kam so nach 1992 und 2015 zu ihrem dritten Triumph beim Afrika-Cup. Aber Sieger waren eigentlich auch alle anderen, die es mit dem afrikanischen Fußball halten. Die Spiele bei der 34. Auflage verliefen unterhaltsam, spannend und vor allem torreich. Trotz schwierigster Bedingungen bei tropischem Klima und auf miesen Plätzen lieferten sich die Teams teils heroische Duelle.

Bei denen die nordafrikanischen Mannschaften schnell an ihr Limit stießen. Tunesien und Algerien verabschiedeten sich nach der Vorrunde, Ägypten und Marokko erwischte es im Achtelfinale. Außenseiter wie Kap Verde, Mauretanien und Äquatorialguinea stahlen den Stars der Zunft die Show: Es dominierten die eingespielten Teams, deren Mannschaftsgeist zu spüren war, über jene, die mit einzelnen Stars angereist kamen.

Was die Fans vor Ort begeisterte, schlug sich auch in der weltweiten Relevanz nieder. Das Finale wurde in 173 Länder übertragen, wie der Afrikanische Fußball-Verband (CAF) vermeldete: ein neuer Rekord. Mit Hilfe des Fußball-Weltverbands FIFA hatten die Funktionäre in den vergangenen Wochen vor dem Cup noch viele Partner und Sponsoren verpflichten können, sodass das Tournament auch wirtschaftlich zu einem Erfolg avancierte. Schon vor dem ersten Spiel hatte der CAF ein Einnahmeplus für 2023 von 17 Prozent bekanntgegeben, die Investitionen in Infrastruktur seien um 25 Prozent gestiegen.

Von den sprudelnden Geldquellen, von denen gerade viele ihren Ursprung im investitionswilligen Saudi-Arabien haben, profitieren auch die Teams: Die Preisgelder wurden gegenüber dem zurückliegenden Afrika-Cup 2022 in Kamerun um 40 Prozent erhöht. So können sich die Sieger über sieben Millionen US-Dollar Prämie (rund 6,5 Millionen Euro) freuen, Nigeria nahm als Zweiter vier Millionen Dollar (3,7 Millionen Euro) mit nach Hause. Immerhin ein Trost für die „Super Eagles“, die dem Siegeswillen von Haller und seinen Kollegen nichts Gleichwertiges entgegensetzen konnten.

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