Katastrophe in Herat: Noch Hunderte Erdbebenopfer in Afghanistan ...

10 Okt 2023
Afghanistan

Nach der verheerenden Erdbebenserie in Afghanistan werden immer noch zahlreiche Menschen vermisst, ihre Rettung wird jedoch immer unwahrscheinlicher. Helfer und Ärzte, die in die Katastrophengebiete im Westen des Landes geeilt waren, berichteten von einem großen Ausmaß der Zerstörung. In zahlreichen Dörfern nordwestlich der Provinzhauptstadt Herat seien Häuser durch das Beben dem Erdboden gleichgemacht worden, sagten Augenzeugen.

Das Ministerium für Katastrophenhilfe bezifferte die Zahl der Toten am Sonntag auf mehr als 2400, weitere 2000 seien verletzt worden. Die Zahlen konnten bislang nicht unabhängig verifiziert werden. Ein Regierungssprecher sagte am Sonntag, dass noch Hunderte Menschen verschüttet seien. Die Sorge ist groß, dass die Opferzahlen in den kommenden Tagen immer noch steigen könnten. Es wäre eines der schwersten Erdbeben seit Jahrzehnten in Afghanistan.

Videos in den sozialen Medien zeigten Rettungskräfte mit Bulldozern vor Ort und Helfer, die teils nur mit ihren Händen nach Vermissten gruben. Menschen in Herat befreiten ein kleines Mädchen aus einem eingestürzten Gebäude. Es war bis zum Hals unter Trümmern begraben worden. Eine Hand umfasste den Oberkörper des Babys, als die Retter das Kind aus dem Erdreich hoben. Nach Angaben der Einsatzkräfte handelte es sich um die Mutter des Kindes. Es war nicht klar, ob die Frau überlebt hat. Das Video wurde im Internet veröffentlicht und von der Nachrichtenagentur AP verifiziert.

Am Samstagmorgen hatten mehrere Erdbeben Bewohner der afghanischen Grenzprovinz nahe Iran in Angst versetzt. Innerhalb von nur wenigen Stunden bebte die Erde neun Mal, mehr als ein Dutzend Dörfer wurden weitgehend zerstört. Am stärksten betroffen war der Bezirk Sindadschan, nordwestlich von Herat. Militär und Rettungsdienste eilten in die Katastrophengebiete. Die beiden schwersten Beben hatten laut der US-Erdbebenwarte USGS eine Stärke von 6,3.

Die Europäische Union (EU) versicherte der betroffenen Bevölkerung Afghanistans ihre volle Solidarität, wie EU-Chefdiplomat Josep Borrell beim Kurznachrichtendienst X (früher Twitter) schrieb. »EU-Teams haben das Katastrophengebiet bereits erreicht, um zu helfen«, teilte er mit, ohne Details zu nennen.

Selbst 300 Kilometer entfernt im Nachbarland Iran wackelten am Samstag Wände und Deckenleuchten, wie Bewohner der Millionenmetropole Maschhad erzählten. Auch dort setzten die Behörden Rettungsdienste in Alarmbereitschaft und schickten Teams an die Grenze, um mögliche Schäden zu untersuchen.

Die Beben wecken Erinnerungen an die verheerende Katastrophe im Sommer vergangenen Jahres, als im Osten des Landes bei einem Erdbeben der Stärke 5,9 mehr als tausend Menschen in den Tod gerissen wurden. Nach Jahrzehnten voller Konflikte sind viele Dörfer mit einfacher Bauweise schlecht gegen Erdbeben gerüstet.

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