BVB-Profi überragt: Die erstaunliche Wandlung des Karim Adeyemi
Ziemlich drastische Worte kamen Karim Adeyemi in den Sinn, während um ihn herum eine große Party tobte. Für ihn persönlich sei dieser Tag „ruiniert“, sagte der Angreifer von Borussia Dortmund nach dem 6:0 gegen den VfL Wolfsburg, zu dem er zwei Tore und eine Vorlage beigesteuert hatte. „Für mich war das sehr, sehr schlimm“, er sei „untröstlich“. Wer sich an die Liebesbekundungen erinnerte, mit denen Adeyemi zuvor vor der Südtribüne überschüttet worden war, konnte kaum glauben, wie niedergeschlagen der eigentlich meistens lächelnde Angreifer des BVB war.
Gemeinsam mit Mats Hummels war der brillanteste Spieler in einer glanzvollen Mannschaft gewesen, Emre Can sagte: „Der Junge hat heute ein unglaubliches Spiel gemacht.“ Es gab jedoch dieses kleine „Aber“, das Adeyemi selbst offenkundig als riesengroßes Problem empfand: Er hatte beim Stand von 5:0 einen Elfmeter verschossen. „In meinem Kopf ist nur der Elfmeter“, sagte er nach dem Abpfiff.
Adeyemi war vielleicht zu gierig gewesen, er wollte die „Hattrick-Chance“ ergreifen, obwohl mit Emre Can und Marco Reus eigentlich zwei bewährte Elfmeterschützen bereitgestanden hätten. Offenbar hat er sich nach seinem Schuss über die Latte für seine Kühnheit geschämt, aber niemand war deshalb sauer auf diesen Offensivspieler, der einen großen Anteil an der starken Rückrunde der Dortmunder hat. Vor der Winterpause war ihm in der Bundesliga kein einziges Tor gelungen und durch eine schlampige Spielweise richtete er auch einigen Schaden an.
Hummels Kritik zeigt WirkungIm Jahr 2023 sind ihm nun alleine in der Bundesliga sechs Tore gelungen, fünf weitere hat er vorbereitet und außerdem erzielte er noch diesen brillanten Siegtreffer in der Champions League gegen den FC Chelsea. Der große Ärger über einen bedeutungslosen Elfmeterfehlschuss zeige, „dass er an sich gearbeitet und ein besseres Mindset hat“, sagte Sportdirektor Sebastian Kehl, insgesamt sei Adeyemis Entwicklung „richtig, richtig gut.“
Tatsächlich war im Januar noch nicht zu erwarten, dass aus diesem Leichtfuß, ein derart dominanter Profi werden würde. Adeyemi war ja auch gemeint, als Mats Hummels seine Mitspieler im Herbst aufforderte, seriös und effizient zu spielen, statt irgendwelche Kunststücke für ihre Social-Media-Kanäle aufzuführen. Derzeit arbeitet der 21 Jahre alte Nationalspieler nicht nur sehr ernsthaft, sondern auch mit viel Hingabe in der Defensive mit. Und er führt außerhalb des Arbeitsbetriebes beim BVB ein professionelleres Leben, heißt es in Dortmund.
Der Traum vom Titel lebt„Von seinen geschätzten 100 Aktionen waren 99 richtig gut“, sagte Trainer Edin Terzic, nur der eine Fehlschuss eben nicht. „Aber was er heute gezeigt hat, sowohl in Ballbesitz, als auch gegen den Ball, wie er seine knapp 37 Kilometer pro Stunde eingesetzt hat, um auch im Pressing eine Waffe für uns zu entwickeln, das war herausragend.“
Adeyemis Entwicklung steht geradezu beispielhaft für den Erfolg der Dortmunder Mannschaft in der Arbeit an einem von Terzics Kernthemen: die gegenseitige Unterstützung, das gemeinschaftliche Erledigen der Fleißarbeit, die für einen Meistertitel einfach gemacht werden muss. Der junge Profi, der im vergangenen Sommer für 30 Millionen Euro von RB Salzburg zum BVB kam, spielt ja auf der Position, auf der auch Marco Reus gerne zum Einsatz kommen würde.
Aber vor allen Dingen in der Defensive kann der Kapitän von der Auswechselbank kaum noch mit Adeyemi mithalten, der seinen Ärger in den kommenden Tagen ganz bestimmt vergessen wird. Denn der Traum vom Bundesligatitel lebt, und Adeyemi hat viel dazu beigetragen.