Anschlag bei Moskau: Zahl der Toten steigt auf 60, mindestens 145 ...

23 Mär 2024

Die Attentäter des Anschlags auf eine Konzerthalle nahe Moskau sind offenbar noch immer nicht gefasst. Die Zahl der Toten und Verletzten steigt. Unter ihnen sollen auch Kinder sein.

Anschlag Moskau Konzerthalle - Figure 1
Foto DER SPIEGEL

23.03.2024, 02.34 Uhr

Einsatzkräfte vor der Crocus City Hall

Foto: Dmitry Serebryakov / AP

Nach dem Anschlag auf eine Veranstaltungshalle in der Region Moskau steigt die Zahl der Todesopfer. Zunächst war von 40 Toten die Rede. Am frühen Samstagmorgen meldete das zentrale Ermittlungskomitee Russlands 60 Tote.

145 Menschen seien verletzt worden, 115 würden in Krankenhäusern behandelt, darunter auch mindestens fünf Kinder, hieß es aus dem Gesundheitsministerium der betroffenen Moskauer Region. 60 der Verletzten seien in einem »ernsten Zustand«.

Die Hintergründe des Angriffs sind bisher unklar. Die russische Nationalgarde erklärte, sie fahnde nach den Tätern. In russischen Medien ist mal von drei Attentätern die Rede, mal von mehr. Russlands zentrales Ermittlungskomitee nahm ein Verfahren wegen eines mutmaßlichen Terrorakts auf, wie die Behörde im Nachrichtendienst Telegram mitteilte (lesen Sie hier die Ereignisse im Minutenprotokoll nach).

Sanitäter beim Einsatz an der Crocus City Hall

Foto: Vladimir Gerdo / ITAR-TASS / IMAGO
Terrorexperte hält IS-Bekennerschreiben für echt

Am späten Freitagabend reklamierte der sogenannte »Islamische Staat« (IS) den Anschlag über den Telegram-Kanal seiner Amaq News Agency für sich. Die »Kämpfer« hätten sich demnach »sicher zurückgezogen«.

Der Terrorexperte Peter Neumann vom King’s College in London hält das Bekennerschreiben der IS-Terrormiliz für echt. Der aus Deutschland stammende Wissenschaftler warnt vor Falschnachrichten, die auf russischen Telegram-Kanälen kursieren. Dort heiß es, die IS-Mitteilung sei gefälscht. Neumann sagt, es gebe »bereits massenweise Fake News – vermutlich, um das Narrativ zu spinnen, die Ukraine sei für den Anschlag verantwortlich«.

Anschlag Moskau Konzerthalle - Figure 2
Foto DER SPIEGEL
Ukraine weist Beteiligung zurück

Vertreter Kiews weisen den Verdacht einer ukrainischen Verwicklung zurück. »Die Ukraine steht in absolut keiner Beziehung zu den Vorgängen«, betonte Mychajlo Podoljak, Berater von Präsidentenbürochef Andrij Jermak, in einer Videobotschaft bei Telegram. Sein Land stehe mit Russland und der russischen Armee in einem Krieg und werde diese mit »entschiedenen Offensivhandlungen« zerschlagen. Aber: »Die Ukraine hat im Unterschied zur Russischen Föderation niemals terroristische Methoden der Kriegsführung, Terrorismus als solchen angewandt.«

Westliche Botschaften hatten zuletzt vor Terroranschlägen in Moskau gewarnt. Der Kreml hatte dies als Provokation des Westens bezeichnet.

Feuer auf Fläche von 13.000 Quadratmetern

Flammen schlagen aus der Crocus City Hall

Foto: Sergei Vedyashkin / dpa

Nach Behördenangaben hatte es Schüsse und Explosionen in der Veranstaltungshalle gegeben. Unbekannte in Kleidung in Tarnfarben hätten die Crocus City Hall kurz vor Beginn eines Konzerts gestürmt und das Feuer eröffnet, teilte die russische Generalstaatsanwaltschaft mit.

Das russische Zivilschutzministerium teilte mit, dass das Gebäude, in dem sich die Konzerthalle befindet, zwischenzeitlich auf einer Fläche von 13.000 Quadratmetern in Flammen stand. Auf Fotos waren lodernde Flammen und eine riesige Rauchwolke zu sehen. Das Dach soll teilweise eingestürzt sein.

Anschlag Moskau Konzerthalle - Figure 3
Foto DER SPIEGEL

In der Crocus City Hall gibt es mehrere Veranstaltungssäle, die auch für Messen genutzt werden. Es ist eine der beliebtesten Freizeitstätten für die Moskauer und die Menschen im Umland der russischen Hauptstadt. Immer wieder sind dort auch Stars aufgetreten. Am Freitagabend hätte es ein Konzert der russischen Rockband »Piknik« geben sollen.

Putin wünscht Verletzten schnelle Genesung

Russlands Präsident Wladimir Putin hat sich nach Kremlangaben »seit der ersten Minute« über die Geschehnisse informieren lassen. Er erhalte über die entsprechenden Dienste ständig alle wichtigen Informationen über das Geschehen und die eingeleiteten Maßnahmen, sagte Kremlsprecher Dmitrij Peskow der Agentur Interfax zufolge. Putin wünsche den Verletzten des Anschlags baldige Genesung, ließ die stellvertretende Ministerpräsidentin Tatjana Golikowa über die staatliche Nachrichtenagentur Tass ausrichten.

Die Chefin des Föderationsrats, dem Oberhaus des russischen Parlaments, Valentina Matwijenko, drohte den Drahtziehern des Anschlags mit Vergeltung. »Diejenigen, die hinter diesem fürchterlichen Verbrechen stehen, werden die verdiente und unausweichliche Strafe dafür erhalten«, schrieb sie auf ihrem Telegram-Kanal. Der Staat werde zugleich alles tun, um den Hinterbliebenen zu helfen, kündigte sie an.

Die USA mahnten in einer ersten Reaktion, keinen Zusammenhang mit der Ukraine herzustellen. »Es gibt keine Hinweise darauf, dass die Ukraine oder Ukrainer mit den Schüssen zu tun hatten«, sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats der USA, John Kirby, in Washington. Man könne noch nicht viel zu den Details mitteilen, rate aber zu diesem frühen Zeitpunkt eindringlich von der Annahme ab, dass es eine Verbindung zur Ukraine gebe. Das US-Außenministerium riet amerikanischen Staatsbürgern vor Ort, große Menschenansammlungen zu meiden.

Das Auswärtige Amt schrieb auf X von einem »furchtbaren Angriff auf unschuldige Menschen«. Die Hintergründe müssten rasch aufgeklärt werden: »Unser tiefes Mitgefühl gilt den Familien der Opfer.«

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